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Am 16.12.2022 hat der Bundesrat dem Jahressteuergesetz 2022 („JStG 2022“) zugestimmt. Neben zahlreichen Änderungen der Einzelsteuergesetze enthält dieses mehrere Steuererleichterungen in Hinblick auf die Besteuerung von bestimmten Photovoltaikanlagen. Diese reichen von der Einführung einer Steuerfreiheit von der Einkommen- und Körperschaftsteuer für bestimmte Photovoltaikanlagen in § 3 Nr. 72 EStG rückwirkend ab 1.1.2022 bis hin zu einem umsatzsteuerlichen „Nullsteuersatz mit Vorsteuerabzug“ für die Lieferung und Installation von Photovoltaikanlagen an die Betreiber ab 1.1.2023. Zudem dürfen nunmehr auch Lohnsteuervereine die Einkommensteuererklärung für die Betreiber von Photovoltaikanlagen erstellen, wenn deren Einkünfte nach § 3 Nr. 72 EStG von der Einkommensteuer befreit sind.

Ertragsteuerbefreiung für bestimmte Photovoltaikanlagen

Bisherige Rechtslage (bis 31.12.21)

Bisher war der Betrieb einer Photovoltaikanlage zwar nicht steuerfrei, jedoch konnte dieser Betrieb unter bestimmten Voraussetzungen als ertragsteuerlich unerhebliche Liebhaberei behandelt werden. Nach dem sog. „Liebhabereierlass“ (BMF 2.6.21, BStBl I, 722) unterstellt die Finanzverwaltung für steuerpflichtige Personen oder Mitunternehmerschaften auf schriftlichen Antrag, dass deren Photovoltaikanlagen ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden und es sich daher um eine steuerlich unbeachtliche Liebhaberei handelt. Voraussetzung dafür ist, dass die steuerpflichtige Person oder Mitunternehmerschaft ausschließlich eine oder mehrere Photovoltaikanlagen mit einer installierten Gesamtleistung von bis zu 10,0 kW/kWp betreibt.

Dabei bilden alle Photovoltaikanlagen und vergleichbare Blockheizkraftwerke, die von einer Person betrieben werden, einen Betrieb, sodass die jeweiligen Leistungen dieser Anlagen/Werke zusammenzurechnen sind. Außerdem darf der von der Photovoltaikanlage erzeugte Strom neben der Einspeisung in das öffentliche Stromnetz ausschließlich in den zu eigenen Wohnzwecken genutzten Räumen verbraucht werden.

Sollte dagegen kein solcher Antrag auf Liebhaberei gestellt werden (können; dies wäre z. B. möglich, wenn die Anlage die in dem Erlass vorgesehene Höchstgrenze von bis zu 10,0 kW/kWp überschritten hätte), würde mit dem Betrieb der Photovoltaikanlage eine gewerbliche Tätigkeit i. S. d. § 15 EStG ausgeübt. Damit konnte nach bisheriger Rechtslage der Betrieb einer solchen Anlage insbesondere zur gewerblichen Infektion nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG führen. Die aus dem Betrieb der Anlage erzielten Gewinne bzw. Verluste waren einkommensteuerlich relevant. Der Verbrauch des Stroms zu eigenen Wohnzwecken musste als Entnahme erfasst werden. Verluste aus dem Betrieb der Anlagen konnten steuerlich berücksichtigt werden, Gewinne mussten versteuert werden.

Neue Rechtslage (ab 1.1.22)

Durch das JStG 2022 wurde § 3 Nr. 72 EStG rückwirkend zum 1.1.2022 eingeführt. Mit dieser Regelung wird die bislang von der Finanzverwaltung in dem „Liebhabererlass“ enthaltene Steuerbefreiung nunmehr gesetzlich kodifiziert. Zu beachten ist, dass sich die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung unterscheiden (insb. im Hinblick auf die Gesamtleistung der Anlage, welche unter die Steuerbefreiung fallen).

Beachten Sie | Die Steuerbefreiung in § 3 Nr. 72 EStG kommt dabei rückwirkend ab dem 1.1.2022 zwingend ohne Antrag und auch für bereits in Betrieb genommene Anlage zur Anwendung.

Hinweis: Sollte die Gesellschaft z. B. allein durch das Betreiben der Photovoltaikanlage gewerblich infiziert sein, würde diese gewerbliche Infizierung/Abfärbung nun entfallen. Nach den allgemeinen Grundsätzen würde dadurch eine Betriebsaufgabe ausgelöst. Hier bleibt die Stellungnahme der Finanzverwaltung abzuwarten, zumal kurzfristig im Dezember 2022 beschlossen wurde, dass die Regelung bereits rückwirkend zum 1.1.2022 zur Anwendung kommt.

Nach dieser Neuregelung sind Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb einer Photovoltaikanlage unter der Voraussetzung, dass sie eine bestimmte Bruttoleistung laut Marktstammdatenregister nicht überschreiten, steuerfrei.

* Sofern die Photovoltaikanlage auf, an oder in Einfamilienhäusern oder nicht Wohnzwecken dienenden Gebäuden betrieben wird, darf die Bruttoleistung 30,0 kW/kWp nicht übersteigen.

* Bei Photovoltaikanlagen, die auf, an oder in sonstigen Gebäuden installiert sind, darf die Bruttoleistung 15,0 kW/kWp nicht überschreiten, um unter die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 72 EStG zu fallen. Insgesamt gilt dabei eine Obergrenze von 100,0 kW/kWp.

Beispiel

A ist Eigentümer eines Gebäudes (kein Einfamilienhaus), das er zu 100 % gewerblich nutzt. Auf das Gebäude baut er eine Photovoltaikanlage mit 20 kW/kWp.

Es handelt sich um ein nicht zu Wohnzwecken dienendes Gebäude, weshalb die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 72 Buchst. a EStG Anwendung findet. Die Obergrenze von 30 kW/kWp wird nicht überschritten. Die Einnahmen aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage sind daher in voller Höhe steuerfrei.

Abwandlung: Das Gebäude (kein Einfamilienhaus) wird zu 70 % gewerblich und zu 30 % zu Wohnzwecken genutzt.

Es handelt sich um ein sonstiges Gebäude gem. § 3 Nr. 72 Buchst. b EStG. Jedoch wird hier die Obergrenze von 15 kW/kWp überschritten, weshalb die Steuerbefreiung nicht zur Anwendung kommt.

Diese Regelung findet dabei nicht nur für natürliche Personen, sondern auch für Körperschaften Anwendung. So sind entsprechende Einkünfte auch bei vermögensverwaltenden Kapitalgesellschaften, Stiftungen und Genossenschaften freizustellen. Die sog. „100,0 kW/kWp-Grenze“ gilt dabei je Steuerpflichtigen (natürliche Person oder Kapitalgesellschaft) bzw. Mitunternehmerschaft.

Die Regelung nach § 3 Nr. 72 EStG ist auf Einnahmen und Entnahmen anzuwenden, die nach dem 31.12.2021 erzielt oder getätigt werden. Auch bereits angeschaffte und in Betrieb genommene Anlagen fallen damit unter diese Neuregelung. Die Steuerbefreiung gilt unabhängig von der Verwendung des Stroms und findet daher beispielsweise auch Anwendung, wenn der erzeugte Strom vollständig in das öffentliche Netz eingespeist wird. Werden gewerbliche Einkünfte erzielt, die nach § 3 Nr. 72 EStG steuerfrei sind, ist für diese Einkünfte kein Gewinn zu ermitteln.

Sind die Voraussetzungen für die Anwendung des neuen § 3 Nr. 72 EStG erfüllt, kommt es ab dem 1.1.2022 zwingend zu einer Anwendung der Steuerfreiheit, unabhängig davon, wie die Erträge bis dahin behandelt worden sind. Ein Wahlrecht besteht nicht. Sofern die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nicht erfüllt sind, muss in dem jeweiligen Fall geprüft werden, inwieweit eine Gewinnerzielungsabsicht vorliegt.

Beispiel

A betreibt seit 2020 eine Photovoltaikanlage mit 10 kW/kWp auf seinem Einfamilienhaus (mit Gewinnerzielungsabsicht). Er erzielt damit folgende Einkünfte:

* 2020: –5.500 EUR
* 2021: –6.000 EUR
* 2022: –3.000 EUR

Die Verluste aus 2020 und 2021 können im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung in voller Höhe berücksichtigt werden, sofern er keinen Antrag auf Liebhaberei gestellt hat. Der in 2022 realisierte Verlust findet aufgrund der Steuerfreistellung nach § 3 Nr. 72 EStG keine Berücksichtigung (mehr).

Sofern die Voraussetzungen für die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 72 EStG erfüllt sind, kommt es nicht mehr zu einer gewerblichen Infektion nach § 15 Abs. 3 EStG durch diese Einkünfte.

Merke | Diese Gesetzesänderung birgt das Risiko, dass ein Betrieb, der bisher aufgrund des Bezugs von gewerblichen Einkünften aus einer Photovoltaikanlage gewerblich geprägt war, die gewerbliche Prägung mit Wirkung zum 31.12.2021 verliert und dadurch eine Betriebsaufgabe nach § 16 Abs. 3 EStG auslöst, die zu einer Aufdeckung sämtlicher stiller Reserven führen würde.

Sofern bisher der „Liebhabereierlass“ angewandt wurde, dürfte jedoch bereits vor dem 1.1.2022 keine gewerbliche Infektion ausgelöst worden sein, da aufgrund der Qualifikation als Liebhaberei keine gewerblichen Einkünfte vorgelegen haben dürften.

Die Anzahl der Fälle, in denen in diesem Zusammenhang aufgrund des Wegfalls der gewerblichen Prägung eine Besteuerung ausgelöst werden könnte, dürften überschaubar sein. Jedoch gibt es weitere Fragen, die sich aufgrund der Neuregelung stellen.

* Hinsichtlich der Behandlung von Investitionsabzugsbeträgen gem. § 7g EStG stellt sich beispielsweise die Frage, ob aufgrund der Steuerfreiheit ab dem Veranlagungszeitraum 2022 eine schädliche Verwendung vorliegt, die sich rückwirkend auf die Behandlung eines in den Vorjahren gebildeten Investitionsabzugsbetrags auswirkt.

* Zudem ist fraglich, inwieweit die Steuerermäßigung bei Aufwendungen für haushaltsnahe Beschäftigungsverhältnisse, haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen nach § 35a EStG und die Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden gem. § 35c EStG Anwendung finden. Dadurch, dass nach der neuen Regelung nicht zwischen Photovoltaikanlagen, die mit Gewinnerzielungsabsicht und denen, die ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden, differenziert wird, stellt sich die Frage, ob die Ausgaben der privaten oder der betrieblichen Sphäre zuzuordnen sind. Ein Abzug nach § 35a EStG bzw. § 35c EStG kann nur erfolgen, wenn es sich um private Aufwendungen handelt. Andernfalls würde es sich um Betriebsausgaben handeln, die nach § 3c Abs. 2 EStG nicht abgezogen werden können. Es bleibt daher abzuwarten, ob die Finanzverwaltung zu diesen Fragen Stellung nimmt.

§ 3 Nr. 72 EStG gilt über § 7 Satz 1 GewStG auch für die Gewerbesteuer. § 3 Nr. 32 GewStG wurde gleichwohl angepasst. Nunmehr wird die Steuerbefreiung für Anlagen bis 30 Kilowatt gewährt. Offen ist, inwieweit sich die Regelung des § 3 Nr. 72 EStG auf die erweitere Kürzung nach § 9 Nr. 1 Satz 2 ff. GewStG auswirkt, weil diese grundsätzlich an die Einnahmen aus bestimmten Tätigkeiten abstellt, nicht aber auf die Steuerpflicht der Einnahmen. Jedenfalls sind Einnahmen aus dem Betrieb der Anlagen unschädlich, wenn sie unter die Bagatellgrenze des § 9 Nr. 1 Satz 3 Buchst. b oder c GewStG fallen.

Beratungsbefugnis von Lohnsteuerhilfevereinen

Die in § 4 Nr. 11 Buchst. b StBerG aufgeführten Ausnahmen, in denen Steuerpflichtige, die Gewinneinkünfte erzielen, von Lohnsteuerhilfevereinen steuerlich beraten werden dürfen, wurde um die steuerfreien Einnahmen aus Photovoltaikanlagen gem. § 3 Nr. 72 EStG erweitert. Daher können Lohnsteuerhilfevereine für ihre Mitglieder Hilfe in Steuersachen leisten, auch wenn diese gewerbliche Einkünfte aus dem Betrieb einer Photovoltaikanlage erzielen.

Voraussetzung ist jedoch, dass es sich um nach § 3 Nr. 72 EStG steuerfreie Einkünfte handelt. Denn dadurch, dass für diese Einkünfte die Pflicht zur Gewinnermittlung wegfällt, spielen diese für die Einkommensteuererklärungen von natürlichen Personen keine Rolle mehr.

Die Regelung des § 4 Nr. 11 Satz 2 StBerG, nach der sich die Befugnis zur Hilfeleistung in Steuersachen von Lohnsteuerhilfevereinen ausschließlich auf die Einkommensteuer und die entsprechenden Zuschlagsteuern erstreckt, bleibt von den Neuerungen unberührt.

Merke | In der Gesetzesbegründung wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die Erstellung von Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuerjahreserklärungen durch Lohnsteuerhilfevereine weiterhin unzulässig bleibt. Der Steuerpflichtige kann die Voranmeldungen und Erklärungen weiterhin selbst abgeben oder eine zur unbeschränkten Hilfeleistung in Steuersachen befugte Person oder Gesellschaft beauftragen.

Einführung des „Nullsteuersatzes“ mit Vorsteuerabzug

Bisherige Rechtslage (bis 31.12.22)

Nach der bisherigen Rechtslage hat ein Unternehmer, der eine Photovoltaikanlage betrieben hat, die Möglichkeit die Kleinunternehmerregelung in Anspruch zu nehmen, soweit er die Umsatzgrenzen nach § 19 UStG nicht überschreitet.

In diesem Fall wird auf die Umsätze, die aus der Photovoltaikanlage erzielt wurden, keine Umsatzsteuer erhoben. Allerdings besteht dann auch kein Anspruch auf Vorsteuerabzug aus der Anschaffung der Photovoltaikanlage und den laufenden Aufwendungen, die im Zusammenhang mit dem Betrieb der Photovoltaikanlage anfallen.

Etwas anderes gilt jedoch, wenn der Unternehmer auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung verzichtet. Dann besteht ein Anspruch auf Vorsteuerabzug, wobei jedoch alle Umsätze aus dem Betrieb der Anlage, d. h. die Einspeisevergütungen und die unentgeltlichen Wertabgaben aufgrund des Eigenverbrauchs umsatzsteuerpflichtig sind. Dieser Verzicht auf die Kleinunternehmerregelung kann dabei nur zu Beginn eines Wirtschaftsjahres ausgeübt werden und bindet den Unternehmer für mindestens fünf volle Kalenderjahre. Bei einem späteren Wechsel zur Kleinunternehmerregelung droht das Risiko einer Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG.

In der Vergangenheit haben daher viele Betreiber von Photovoltaikanlagen auf die Kleinunternehmerregel verzichtet, damit sie die beim Erwerb der Anlagen angefallene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen konnten. Dies hatte jedoch zur Folge, dass die aus der Anlage erzielten Umsätze der Umsatzsteuer unterfielen. Der Betreiber der Anlage musste daher Umsatzsteuervoranmeldungen und -erklärungen abgeben, was nicht notwendig gewesen wäre, wenn dieser nicht auf die Kleinunternehmerregelung verzichtet hätte.

Zudem musste der für private Zwecke entnommene Strom bislang als unentgeltliche Wertabgabe nach § 3 Abs. 1b UStG besteuert werden. Um den Anreiz zu reduzieren, sich allein wegen des Vorsteuerabzugs umsatzsteuerlich als Unternehmer zu registrieren und auf die Kleinunternehmerregelung zu verzichten, wurde mit dem JStG 2022 nun ein sog. „Nullsteuersatz mit Vorsteuerabzug“ eingeführt.

Neue Rechtslage (ab 1.1.23)

Mit dem Jahressteuergesetz 2022 wurde mit § 12 Abs. 3 UStG erstmalig ein sog. „Nullsteuersatz mit Vorsteuerabzug“ ins Gesetz aufgenommen. Danach ermäßigt sich nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 UStG die Umsatzsteuer für die Lieferung von Solarmodulen an den Betreiber einer Photovoltaikanlage, einschließlich der für den Betrieb einer Photovoltaikanlage wesentlichen Komponenten und der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern auf 0 %. Entsprechendes gilt nach § 15 Abs. 3 Nummern 2, 3 und 4 UStG für den innergemeinschaftlichen Erwerb, die Einfuhr der genannten Gegenstände, sowie die Installation von Photovoltaikanlagen sowie der Speicher, die dazu dienen, den mit Solarmodulen erzeugten Strom zu speichern, wenn die Lieferung der installierten Komponenten die Voraussetzungen nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 UStG erfüllen.

Voraussetzung für die Anwendung dieses Steuersatzes ist, dass die Photovoltaikanlage auf oder in der Nähe von Privatwohnungen, Wohnungen sowie öffentlichen und anderen Gebäuden, die für das Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden, installiert wird.

Diese Voraussetzung gilt nach § 12 Abs. 3 Nr. 1 Satz 2 UStG als erfüllt, wenn die installierte Bruttoleistung der Photovoltaikanlage laut Marktstammdatenregister nicht mehr als 30,0 kW/kWh beträgt oder betragen wird. Betreiber größerer Anlagen müssen im Einzelnen nachweisen, dass sie die Voraussetzung für die Anwendung des Nullsteuersatzes erfüllen. Damit unterliegt auch eine Photovoltaikanlage auf einem Büro- oder Werkstattgebäude dem Nullsteuersatz.

Bisher ist allerdings noch nicht klar, in welcher Form dieser Nachweis zu erbringen ist. Auch ist unklar, was unter den Begriffen „Privatwohnungen“, „in der Nähe“ und „anderen Gebäuden, die für das Gemeinwohl dienende Tätigkeiten genutzt werden“ konkret zu verstehen ist.

Die Finanzverwaltung hat am 26.1.2023 den Entwurf eines BMF-Schreibens veröffentlicht und den Verbänden zur kurzfristigen Stellungnahme zugeleitet. Danach werden von den (bisher im Steuerrecht nicht verwendeten) Begriffen „Wohnung/Privatwohnung“ Räume erfasst, die zum Wohnen oder Schlafen genutzt werden. Dies sind nach Auffassung der Finanzverwaltung z. B. auch Gartenlauben in Kleingartensiedlungen.

„Öffentliche/dem Gemeinwohl dienende Gebäude“ sind nach der Definition des BMF solche, die für hoheitliche Tätigkeiten oder Umsätze verwendet werden, die die Voraussetzungen der Befreiungsvorschriften in § 4 Nr. 11b, 14 bis 18, 20 bis 25, 27 und 28 UStG erfüllen.

Zu beachten ist, dass die Absenkung des Steuersatzes lediglich für Leistungen gegenüber dem Betreiber der Anlage gilt, nicht aber z. B. für die Lieferung an die Hersteller oder Großhändler. Alle Lieferungen an andere Personen, die nicht Betreiber der Anlagen sind, unterliegen weiterhin dem Regelsteuersatz von 19 %.

Der Nullsteuersatz stellt für den Lieferanten/Hersteller der Photovoltaikanlage keinen Ausschlusstatbestand nach § 15 Abs. 2 Nr. 1 UStG für den eigenen Vorsteuerabzug dar, da es sich bei der Lieferung/Installation der Anlage um keine steuerfreie Ausgangsleistung handelt, die erbracht wird, sondern lediglich der Umsatzsteuersatz auf 0 % reduziert wird.

Mit der Einführung dieses Nullsteuersatzes soll verhindert werden, dass die Betreiber kleinerer Photovoltaikanlagen allein deswegen auf die Anwendung der Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG verzichten, weil sie die bei Lieferung/Installation der Anlage erhobene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen wollen. Dieser Anreiz entfällt, weil nunmehr keine Umsatzsteuer bei Erwerb anfällt. Zugleich müssen sie deswegen auch keine unentgeltlichen Wertabgaben nach § 3 Abs. 1b UStG mehr bei Eigenverbrauch besteuern. Sofern die Betreiber dieser Anlage nicht auf die Kleinunternehmerregelung verzichten, müssen sie auch nicht die Umsätze aus der Einspeisung in das öffentliche Netz der Umsatzbesteuerung unterwerfen. Offen ist, ob sie gleichwohl eine Umsatzsteuerjahreserklärung abgeben müssen. Hier muss abgewartet werden, ob die Finanzverwaltung eine solche, wie in § 18 Abs. 3 UStG vorgesehen, verlangt.

Im Entwurf des BMF-Schreibens vom 26.1.2023 hat sich die Verwaltung dazu nicht geäußert.

Beispiel

Im März 2023 erwirbt die GmbH eine Photovoltaikanlage mit 20 kW/kWp von der C-GmbH für 100.000 EUR zzgl. 19.000 EUR USt. Im März veräußert die X-GmbH die Photovoltaikanlage an A und installiert sie bei A für einen Gesamtpreis von 150.000 EUR.

Die X-GmbH hat aus dem Erwerb der Photovoltaikanlage vollen Vorsteuerabzug i.  H.  v. 19.000 EUR. Die Ausführung der Leistung durch die X-GmbH an A ist mit einem Steuersatz von 0 % zu besteuern.

Nach wie vor ist dabei zu berücksichtigen, dass sämtliche Umsätze eines Unternehmers (auch eines Kleinunternehmers) bei der Überprüfung, ob die Umsatzgrenzen nach § 19 UStG überschritten werden oder nicht, miteinzubeziehen sind. Damit sind auch die Umsätze aus der Einspeisung in das öffentliche Netz, zu berücksichtigen. Ist der Anlagenbetreiber bereits anderweitig unternehmerisch tätig, kann die Kleinunternehmerregelung nicht angewandt werden, sofern die dort vorgesehenen Umsatzgrenzen überschritten werden. Ggf. sollte hier die Photovoltaikanlage in einer separaten Gesellschaft (z. B. GbR) betrieben werden, um die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehmen zu können.

Die Neuregelung des § 12 Abs. 3 UStG findet ab dem 1.1.2023 Anwendung. Anders als die Steuerbefreiung von der Einkommen- bzw. Körperschaftsteuer findet die Steuerbegünstigung nach § 12 Abs. 3 UStG auf Bestandsanlagen keine rückwirkende Anwendung. Maßgebend für die Anwendung der Neuregelung ist hier der Zeitpunkt der Ausführung der Lieferung. In der Regel ist das der Zeitpunkt des Abschlusses der Installation bzw. der Lieferung der Photovoltaikanlage. Eine Besonderheit gilt bei Werklieferungsverträgen. Bei diesen gilt die Leistung erst mit Übergabe und Abnahme des fertiggestellten Werks als erbracht. Wird die Lieferung noch vor dem 1.1.2023 erbracht, wird die Lieferung der Photovoltaikanlage mit einem Steuersatz von 19 % besteuert, wird sie hingegen nach dem 31.12.2022 geliefert, beträgt der Steuersatz 0 %.

Praxistipp

Zu beachten ist, dass sich die Neuregelung wohl nur bei nachträglicher Installation von Photovoltaikanlagen auf einem schon bestehenden Gebäude auswirken dürfte. Denn nur dann würde die Photovoltaikanlage eine eigenständige Photovoltaikanlage darstellen (vgl. BMF-Schreiben vom 20.10.22).

Beispiel

A bestellt bei der B-GmbH eine Photovoltaikanlage mit 20 kW/kWp inklusive Montage. Es handelt sich um eine Werklieferung. Die Lieferung und Installation erfolgen im Dezember 2022. A nimmt die Anlage im Januar 2023 ab (Abnahmeprotokoll).

Die Leistung wird erst im Januar 2023 ausgeführt, da erst dort die Abnahme durch A erfolgt. Es ist daher die Neuregelung nach § 12 Abs. 3 UStG anzuwenden, weshalb die Leistung mit 0 % zu besteuern ist.

Abwandlung: A kauft die Photovoltaikanlage selbst. Diese wird im Dezember 2022 geliefert. Ein gesondert beauftragter Monteur installiert die Photovoltaikanlage im Januar 2023.

Die Lieferung der Photovoltaikanlage erfolgt noch im Jahr 2022, weshalb die Lieferung mit 19 % zu besteuern ist. Die Montageleistung wird erst im Jahr 2023 erbracht. Insoweit findet daher die Neuregelung nach § 12 Abs. 3 UStG Anwendung und die Leistung wird mit 0 % besteuert.

Darüber hinaus ist § 29 Abs. 1 UStG zu beachten. Voraussetzung dieser Regelung ist, dass die Leistung (konkret z. B. die Lieferung der Anlage) auf einem Vertrag, der nicht später als vier Kalendermonate vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes abgeschlossen worden ist, beruht. Dann kann, falls nach dem Umsatzsteuergesetz ein anderer Steuersatz anzuwenden ist, der Umsatz steuerpflichtig, steuerfrei oder nicht steuerbar wird, der eine Vertragsteil von dem anderen einen angemessenen Ausgleich der umsatzsteuerlichen Mehr- oder Minderbelastung verlangen, sofern die Parteien nicht etwas anderes vereinbart haben.

Zur Höhe der Mehr- oder Minderbelastung ist § 287 Abs. 1 der Zivilprozessordnung entsprechend anzuwenden.

Merke | Sollte also z. B. eine Privatperson im November 2022 eine Photovoltaikanlage bestellt haben, der Kauf mit Umsatzsteuer erfolgt sein, jedoch die Lieferung der Anlage erst im neuen Jahr ausgeführt werden, so hat der Käufer einen Anspruch auf Erstattung der einbehaltenen Umsatzsteuer, wenn die Vertragsparteien nichts davon Abweichendes vereinbart haben.

Fazit | Die mit dem Jahressteuergesetz 2022 eingeführten Steuererleichterungen für Photovoltaikanlagen sind ausdrücklich zu begrüßen und dürften den bürokratischen Aufwand, insbesondere für Privatpersonen mit kleineren Photovoltaikanlagen, deutlich minimieren. Dabei überrascht es, dass die Einführung des § 3 Nr. 72 EStG entgegen der ursprünglichen Planung bereits rückwirkend zum 1.1.2022 erfolgte, insbesondere da die Regelung sich für einige Steuerpflichtige auch nachteilig auswirken wird. Unter anderem können Verluste, die aus dem Betrieb entsprechender Photovoltaikanlagen erzielt werden, steuerlich nicht mehr berücksichtigt werden. Abgesehen davon entfällt für bereits angeschaffte und in Betrieb genommene Anlagen die Möglichkeit eine Sonderabschreibung vorzunehmen oder ein Investitionsabzugsbetrag geltend zu machen.

Zu einer deutlichen Erleichterung und Vereinfachung dürfte auch der sog. „Nullsteuersatz“ bei der Umsatzsteuer führen. Jedoch ist zu beachten, dass unter diesen Steuersatz – anders als bei der Steuerfreiheit der Einnahmen in der Ertragsteuer – lediglich Photovoltaikanlagen fallen, die für Privatwohnungen, Wohnungen und dem Gemeinwohl dienenden Gebäuden vorgesehen sind. Das hat zur Folge, dass sich Betreiber von Photovoltaikanlagen auf Gewerbeimmobilien und gemischt genutzten Immobilien weiterhin aktiv für oder gegen die Kleinunternehmerregelung entscheiden müssen, wenn sie z. B. die bei Erwerb erhobene Umsatzsteuer als Vorsteuer geltend machen wollen, da für die Lieferung dieser Anlagen kein „Nullsteuersatz“ gewährt wird, es sei denn, die Bruttoleistung der Anlage beträgt nicht mehr als 30 kW/kWp. Dann werden die Voraussetzungen des § 12 Abs. 3 UStG vermutet.

fundstellen
* Siehe dazu auch die FAQ „Umsatzsteuerliche Maßnahmen zur Förderung des Ausbaus von Photovoltaikanlagen“ vom 16.12.22
Entwurf eines BMF-Schreibens „Nullsteuersatz für Umsätze im Zusammenhang mit bestimmten Photovoltaikanlagen (§12 Abs. 3 UStG)”, 26.1.23