Die vielleicht wichtigste Aussage im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung lautet: Alle Maßnahmen des Koalitionsvertrages stehen unter Finanzierungsvorbehalt. Ob bzw. wann die beabsichtigten Steueränderungen umgesetzt werden, bleibt demzufolge abzuwarten.
Sofern die Änderungen bereits für 2010 gelten sollen, sollen sie durch das Gesetz zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums bis Weihnachten in trockenen Tüchern sein. Nachfolgend die wichtigsten steuerlichen Aspekte im Überblick:
Gesetz zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums
Zum 1.1.2010 soll der Kinderfreibetrag auf 7.008 EUR (bis dato 6.024 EUR) und das Kindergeld um je 20 EUR erhöht werden.
Ab dem 1.1.2010 soll für Beherbergungsleistungen im Hotel- und Gastronomiegewerbe der ermäßigte Umsatzsteuertarif von 7 % gelten. Die Ermäßigung umfasst sowohl die Umsätze des klassischen Hotelgewerbes als auch kurzfristige Beherbergungen in Pensionen, Fremdenzimmern und vergleichbaren Einrichtungen.
Verlustabzugsbeschränkungen:
Unbeschränkte Fortführung der Sanierungsklausel in § 8c KStG über 2009 hinaus,
Abzug von Verlusten bei Umstrukturierungen innerhalb verbundener Unternehmen (Konzernklausel) und
Übergang der Verluste in Höhe der stillen Reserven bei Beteiligungserwerben an Körperschaften.
Zinsabzugsbeschränkungen:
Dauerhaft höhere Freigrenze von 3 Mio. EUR,
Vortrag des EBITDA rückwirkend ab dem Jahr 2007 für einen Zeitraum von jeweils fünf Jahren, um den Zinsabzug zu verstetigen und
Verbesserung der Anwendung der Escape-Klausel bei der Zinsschranke für Unternehmen.
Der Satz der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen für Immobilienmieten soll von 65 % auf 50 % reduziert werden.
Grundstücksübergänge im Rahmen von Umstrukturierungen bei Umwandlungsvorgängen werden unter bestimmten Voraussetzungen grunderwerbsteuerlich begünstigt.
Einführung eines Wahlrechts für geringwertige Wirtschaftsgüter, wonach entweder die Sofortabschreibung bis 410 EUR oder die Poolabschreibung für alle Wirtschaftsgüter zwischen 150 EUR und 1.000 EUR anzuwenden ist.
Bei der Erbschaftsteuer sieht der Gesetzentwurf folgende Änderungen vor:
Der Steuersatz der Steuerklasse II (gilt insbesondere für Geschwister und Geschwisterkinder) soll durch einen neuen Steuertarif zwischen 15 % bis 43 % gesenkt werden.
Die Zeiträume innerhalb derer das Unternehmen weitergeführt werden muss, sollen von sieben bzw. zehn Jahren auf fünf bzw. sieben Jahre verkürzt und die erforderlichen Lohnsummen jeweils absenkt werden. Betriebe mit bis zu 20 Mitarbeitern müssen die Lohnsummenregeln nicht anwenden. Bisher liegt die Grenze bei 10 Mitarbeitern.
Weitere Maßnahmen des Koalitionsvertrages
Die Bundesregierung hat im Koalitionsvertrag zahlreiche, zeitlich unkonkretisierte Steuervereinfachungen aufgeführt. Folgende Punkte sind besonders interessant:
Verständlichere und anwendungsfreundlichere Steuererklärungsvordrucke und Erläuterungen,
vorausgefüllte Steuererklärungen mit den bei der Finanzverwaltung vorhandenen Daten,
Wiedereinführung des Abzugs privater Steuerberatungskosten,
Neuordnung der Abzugsfähigkeit von Ausbildungskosten,
Vereinfachung der Rentenbesteuerung,
Pauschalierung der Aufwendungen für ein Pflegeheim,
Umsetzung der Entscheidungen des BVerfG zur Gleichstellung von Lebenspartnern mit Ehegatten,
realitätsgerechtes Maß bei der Besteuerung von Jahreswagenrabatten für Mitarbeiter,
Überprüfung der Angemessenheit der Besteuerung des geldwerten Vorteils aus der Privatnutzung betrieblicher Fahrzeuge,
Prüfung, ob Arbeitnehmer die Steuererklärung auch für einen Zeitraum von zwei Jahren abgeben können,
Beschränkung der Gebührenpflicht für die verbindliche Auskunft auf wesentliche und aufwendige Fälle,
Überprüfung des Kontenabrufverfahrens,
Verwirklichung des Gedankens der zeitnahen Betriebsprüfung,
außergewöhnliche Belastungen sollen vereinfacht, stärker typisiert und pauschaliert werden.
Ferner soll der bisherige Einkommensteuertarif möglichst zum 1.1.2011 in einen Stufentarif umgebaut werden. Zahl und Verlauf der Stufen müssen allerdings noch entwickelt werden.
Für den Bereich der Unternehmensbesteuerung ergeben sich folgende mittelfristige Ziele:
Neustrukturierung der Regelungen zur Verlustverrechnung,
grenzüberschreitende Besteuerung von Unternehmenserträgen,
Einführung eines modernen Gruppenbesteuerungssystems (anstelle der bisherigen Organschaft).
Des Weiteren will sich die Bundesregierung mit dem Problem der zweifachen Besteuerung von Unternehmenserträgen auf der Ebene der Unternehmen und Anteilseigner einerseits und der nur einfachen Besteuerung der Erträge aus risikoarmen Zinsprodukten andererseits auseinandersetzen.
Eine Kommission soll Vorschläge zur Neuordnung der Gemeindefinanzierung erarbeiten. Diese soll auch den Ersatz der Gewerbesteuer durch einen höheren Anteil der Kommunen an der Umsatzsteuer und einen kommunalen Zuschlag auf die Einkommen- und Körperschaftsteuer mit eigenem Hebesatz prüfen.
Bei der Umsatzsteuer soll geprüft werden, ob und in welchem Umfang das Prinzip der Ist-Besteuerung ausgeweitet werden kann. Daneben steht der ermäßigte Steuersatz auf dem Prüfstand. Es soll eine Kommission eingesetzt werden, die sich mit der Systemumstellung bei der Umsatzsteuer sowie dem Katalog der ermäßigten Steuersätze befasst.
Die Umsatzbesteuerung von Postdienstleistungen soll mit Blick auf die jüngste EuGH-Rechtsprechung (23.4.2009, C-357/07) umgehend so angepasst werden, dass keine steuerliche Ungleichbehandlung mehr besteht. Nach dem Urteil des EuGH bleibt die Grundversorgung der Bürger mit Postdienstleistungen umsatzsteuerfrei.
Entwurf eines Gesetzes zur Beschleunigung des Wirtschaftswachstums (Wachstumsbeschleunigungsgesetz) vom 9.11.09,
Koalitionsvertrag zwischen CDU, CSU und FDP vom 26.10.09