Wenn Immobilien im Rahmen einer Erbschaft oder Schenkung den Eigentümer wechseln und Erbschaft- und Schenkungsteuer anfällt, besteht die Möglichkeit, eine Stundung der festgesetzten Steuern zu beantragen. Durch das Jahressteuergesetz 2024 wurden die Stundungsmöglichkeiten erweitert.
Grundsätze zur Steuerstundung
Kann ein Steuerschuldner eine gegen ihn festgesetzte Steuer finanziell nicht stemmen, kann er einen Stundungsantrag beim Finanzamt stellen. Infos dazu finden sich in § 222 AO. Doch für geerbte oder geschenkte Wohnimmobilien gibt es eine Spezialvorschrift zur Steuerstundung in § 28 ErbStG.
Rechtslage bis zum 31.12.2024
Bis zum 31.12.2024 bestand für zu Wohnzwecken vermietete Grundstücke im Sinne des § 13d ErbStG eine Stundungsmöglichkeit nach § 28 Abs. 3 Satz 1 ErbStG. Nach Satz 2 dieser Vorschrift konnte auch eine Stundung beantragt werden, wenn der Erbe bzw. der Beschenkte eine Immobilie zu eigenen Wohnzwecken nutzte und es sich bei dem Erbe um ein Ein- oder Zweifamilienhaus oder um Wohneigentum handelte. Die Stundung konnte für zehn Jahre beantragt werden. Aufgrund dieser Regelung waren bis Ende 2024 also eigengenutzte Wohnungen in Mehrfamilienhäusern von der Stundungsregelung ausgeschlossen.
Rechtslage ab 1.1.2025
Durch das Jahressteuergesetz wurde die Stundungsregelung nun auf sämtliche Fälle ausgeweitet, in denen Grundbesitz zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird. Begünstigt sind zudem auch Fälle, in denen das vom Erblasser bzw. Schenker genutzte Grundstück erst nach dem Erbfall bzw. nach der Verschenkung zu Wohnzwecken vermietet wird.
Praxistipp
Diese steuerzahlerfreundliche Neuregelung in § 28 Abs. 3 ErbStG ist auf Erwerbe durch Erbfall oder Schenkung anzuwenden, für die die Steuer nach dem 31.12.2024 entsteht (§ 37 Abs. 21 ErbStG).
Die zehnjährige Stundung kann nun also für alle Fälle der Nutzung zu eigenen Wohnzwecken, unabhängig von der Grundstücksart, beantragt werden.
Voraussetzungen für die Steuerstundung
Beantragt ein Erbe oder ein Beschenkter für sein zu Wohnzwecken genutztes Grundstück eine Steuerstundung nach § 28 Abs. 3 ErbStG, ist er in der Beweislast, dass er zur Begleichung der Steuern nur in der Lage wäre, wenn er das geerbte bzw. geschenkte Grundstück veräußern würde.
Bei diesem Nachweis sind folgende Besonderheiten zu beachten:
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Weiteres erworbenes Vermögen: Kann die Erbschaftsteuer oder die Schenkungsteuer aus weiterem Vermögen beglichen werden, das im Wege der Erbschaft oder der Schenkung erworben wurde, scheidet eine Steuerstundung aus (siehe u. a. FG München 26.1.22, 4 K 208/20).
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Eigenes Vermögen: Das Finanzamt wird die Steuerstundung zudem ablehnen, wenn eigenes Vermögen vorhanden ist, mit dem die Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer für das Grundstück beglichen werden kann.
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Darlehensaufnahme: Es muss auch die Möglichkeit einer Kreditaufnahme zur Begleichung der Erbschaft- bzw. Schenkungsteuer ausgeschöpft werden (R E 28 Abs. 7 Satz 2 ErbStR). Damit es mit der Stundung klappt, muss also nachgewiesen werden, dass der Versuch, ein Darlehen aufzunehmen, um die Steuerschulden begleichen zu können, gescheitert ist.
Einer aktuellen Verfügung ist zu entnehmen, dass die Sachbearbeiter in den Finanzämtern zudem prüfen sollen, ob bei einer Schenkung der Schenker für die Begleichung der Schenkungsteuer herangezogen werden kann (§ 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG). Nur wenn das zu verneinen ist, soll der Sachbearbeiter sich mit dem Stundungsantrag befassen.
Stundung nicht immer zinslos
Was bisher nur in den Erbschaftsteuerrichtlinien zu finden war und nun im Gesetzestext zu § 28 ErbStG steht: Die Stundung war nur dann für zehn Jahre zinslos, wenn das zu Wohnzwecken genutzte Grundstück im Rahmen eines Erbfalls erworben wurde. Wird für eine Schenkung ein Stundungsantrag nach § 28 ErbStG gestellt, fallen im Rahmen einer Stundung Stundungszinsen an.
Praxistipp
Insbesondere bei Schenkungen von zu Wohnzwecken genutzten Immobilien ist es aufgrund der Verzinsung des Stundungsbetrags empfehlenswert, andere Möglichkeiten der Finanzierung der Schenkungsteuer in Betracht zu ziehen. Die alternative Finanzierung könnte finanziell günstiger sein, als für zehn Jahre Stundungszinsen ans Finanzamt bezahlen zu müssen.
Wissenswertes rund ums Thema Steuerstundung
Wird ein Stundungsantrag beim Finanzamt gestellt, weil die Erbschaftsteuer bzw. Schenkungsteuer für ein Grundstück, das zu Wohnzwecken genutzt wird, nicht aufgebracht werden kann, sollten in der Beratungs-praxis folgende Besonderheiten beachtet werden:
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Sicherheitsleistung: Im Falle einer Steuerstundung nach § 28 ErbStG sollen die Sachbearbeiter von einer Sicherheitsleistung absehen.
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Alternative: Lehnt das Finanzamt die Steuerstundung nach § 28 ErbStG ab, steht dem Erben bzw. dem Beschenkten natürlich weiterhin das Recht zu, eine (zu verzinsende) Steuerstundung nach § 222 AO zu beantragen.
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Besteht ein Erbe bzw. eine Schenkung teilweise aus Vermögen im
Sinne von § 28 ErbStG und teilweise aus anderem Vermögen, können die Stundungen nach § 28 ErbStG und nach § 222 AO nebeneinander beantragt werden.