Bei der Prüfung, ob nennenswerte Zweifel an der vertraglichen Aufteilung des Kaufpreises bestehen, sind ausschließlich die objektiven Gegebenheiten maßgeblich. Es sind die Bodenrichtwerte heranzuziehen, die für den Zeitpunkt des Vertragsschlusses gelten, auch wenn sie erst später beschlossen und veröffentlicht werden. Ein subjektiver Maßstab ist insoweit nicht anzulegen, sodass es ohne Bedeutung ist, ob die Vertragsparteien die Werte kannten oder kennen konnten und ob sie davon ausgingen, den Bodenwert gewissenhaft festgelegt zu haben. Das hat das FG Hamburg aktuell entschieden. |
Sachverhalt
Streitig war die Aufteilung der Anschaffungskosten auf Gebäude und Grund und Boden für eine im Streitjahr 2015 erworbene und als Ferienwohnung vermietete Doppelhaushälfte. Das FA hatte abweichend von der vertraglich vereinbarten Kaufpreisaufteilung eine andere Aufteilung vorgenommen.
Entscheidung
Die hiergegen gerichtete Klage blieb ohne Erfolg.
Im Streitfall bestanden nennenswerte Zweifel an der vertraglichen Aufteilung. Bei den Bodenrichtwerten bestand eine erhebliche Diskrepanz zwischen den im Vertrag angesetzten Werten und den zum 31.12.2014 geltenden Bodenrichtwerten.
Das vom FG in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten zur Kaufpreisaufteilung war nach den Regeln der Wertermittlung ordnungsgemäß erstellt worden und daher der Kaufpreisaufteilung zugrunde zu legen.
Entscheidungsgründe
Ist für ein bebautes Grundstück ein Gesamtkaufpreis gezahlt worden, ist der Kaufpreis zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die AfA aufzuteilen. Zunächst sind Boden- und Gebäudewert gesondert zu ermitteln. Danach sind die Anschaffungskosten nach dem Verhältnis der beiden Wertanteile in Anschaffungskosten für den Grund- und Bodenanteil und den Gebäudeanteil aufzuteilen.
Wurde die entsprechende Kaufpreisaufteilung im Kaufvertrag vorgenommen, sind diese vereinbarten und bezahlten Anschaffungskosten zwar grundsätzlich auch der Besteuerung zugrunde zu legen. Allerdings rechtfertigt dies noch keine abweichende Verteilung, nur weil dem Käufer im Hinblick auf seine AfA-Berechtigung typischerweise an einem höheren Anschaffungswert des Gebäudes gelegen ist und die entsprechende Aufteilungsvereinbarung – zugunsten des Verkäufers – ggf. Einfluss auf eine für ihn positive sonstige Vertragsgestaltung haben kann.
Vereinbarungen der Vertragsparteien über Einzelpreise für Einzelwirtschaftsgüter binden nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, der Kaufpreis sei nur zum Schein bestimmt worden oder die Voraussetzungen eines Gestaltungsmissbrauchs i. S. v. § 42 AO seien gegeben. Auch mit einer nach allgemeinen Grundsätzen der Besteuerung zugrunde zu legenden Vereinbarung können die Parteien jedoch angesichts der gebotenen Tatbestandsmäßigkeit der Besteuerung nicht die Höhe der Steuer des Käufers – konkret seiner AfA – gestalten. Deshalb hat das FG im Rahmen der Ermittlung der AfA-Bemessungsgrundlage im Einzelfall zu prüfen, ob nennenswerte Zweifel an der vertraglichen Aufteilung bestehen.
Das FG darf sich nicht darauf beschränken, die vertragliche Aufteilung steuerrechtlich nachzuvollziehen, sondern hat das Ergebnis durch weitere Umstände, insbesondere der objektiv am Markt erzielbaren Preise bzw. Verkehrswerte zu verifizieren.
Eine wesentliche Diskrepanz zu den Bodenrichtwerten rechtfertigt es aber nicht ohne Weiteres, diese an die Stelle der vereinbarten Werte zu setzen oder die auf Grund und Gebäude entfallenden Anschaffungskosten zu schätzen. Es handelt sich lediglich um ein Indiz dafür, dass die vertragliche Aufteilung ggf. nicht die realen Werte wiedergibt. Ein solches Indiz kann durch andere Indizien entkräftet werden.
Das FG hat die Gesamtumstände des Kaufobjekts aufzuklären und dahin gehend zu würdigen, ob besondere Aspekte die Abweichung nachvollziehbar erscheinen lassen. Zu denken ist dabei etwa an besondere Ausstattungsmerkmale des Gebäudes, dessen ursprüngliche Baukosten und etwaige Renovierungen, eine ggf. eingeschränkte Nutzbarkeit wegen bestehender Mietverträge oder den Wohnwert des Gebäudes im Kontext der Nachbarschaft (Straßenlärm, soziale Einrichtungen oder besondere Ruhe wegen einer benachbarten Grünanlage). Parallel dazu hat das FG die besonderen Kriterien des Grundstücks zu berücksichtigen, etwa eine gepflegte Gartenanlage oder störenden Baumbestand.
Eine Korrektur der von den Parteien getroffenen Aufteilung des Anschaffungspreises auf Grund und Gebäude ist lediglich dann geboten, wenn sie die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt.
Kann nach diesen Grundsätzen eine vereinbarte Kaufpreisaufteilung nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden, hat sie das FG entsprechend seiner Gesamtwürdigung der Verhältnisse durch eine Aufteilung nach den realen Verkehrswerten von Grund und Gebäude zu ersetzen. Dabei hat das FG die Frage, nach welchem Wertermittlungsverfahren die Kaufpreisaufteilung vorzunehmen ist, anhand der Umstände des Einzelfalls zu beantworten.
Im Streitfall hat das FG Hamburg die Klage durch Entscheidung der Einzelrichterin als unbegründet abgewiesen.
Fundstelle
FG Hamburg 17.10.19, 3 K 73/18