Als Nachweis für eine Behandlung als unbeschränkt steuerpflichtig sind nur Beweismittel geeignet, aus denen sich ergibt, dass für den betreffenden Anspruchszeitraum bereits eine steuerliche Behandlung durch das zuständige FA vorgenommen wurde.
Bescheinigungen des FA, die schon vor Beginn des maßgeblichen Veranlagungszeitraums für einen unbegrenzten Zeitraum in der Zukunft ausgestellt werden, sind keine tauglichen Beweismittel.
Sachverhalt
Streitig war die Höhe des Kindergeldanspruchs für den Zeitraum Januar 2013 bis November 2014. Die Anspruchsberechtigten sind Eltern von 2 im Juli 2001 und im Oktober 2003 geborenen Kindern. Der Anspruchsberechtigte ist seit 2006 als Arzt an einer Klinik in Großbritannien tätig und wohnt seither dort auch mit seiner Familie. Im Frühjahr 2012 war er Eigentümer und Vermieter eines Hauses in Deutschland und hielt sich dort vornehmlich in den Schulferien – teilweise auch mit seiner Familie – auf. Laut einer Bescheinigung des FA aus 2012 gilt der Anspruchsberechtigte ab dem Jahr 2011 antragsgemäß als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig.
Die Familienkasse setzte ab Januar 2011 zugunsten des Anspruchsberechtigten Kindergeld für die beiden Kinder fest. Der Betrag errechnete sich aus der Differenz zwischen dem deutschen Kindergeld (EUR) und dem in Großbritannien bestehenden Anspruch auf Familienleistungen. Am 12.2.2013 reichte der Anspruchsberechtigte bei der Familienkasse eine Bescheinigung der HM Revenue Customs (Child Benefit Customs) ein, aus der hervorgeht, dass dort die Auszahlung des Child Benefit ab 7.1.2013 eingestellt wird. Die Familienkasse teilte daraufhin mit, dass ab Mai 2013 weiterhin Differenzkindergeld in der bisherigen Höhe ausgezahlt werde, da der Anspruch auf Kindergeld in Großbritannien weiterhin dem Grunde nach bestehe. Die vom Anspruchsberechtigten beantragte Festsetzung der vollen gesetzlichen Kindergeldsätze lehnte sie dagegen ab.
Entscheidung
Der BFH verwies den Streitfall zur weiteren Sachaufklärung und Entscheidung an die Vorinstanz zurück. Denn im Streitfall ist unklar, ob die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG überhaupt vorliegen.
Nach § 62 EStG hat derjenige Anspruch auf Kindergeld, der nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird. Das Gesetz macht die Anspruchsberechtigung von der einkommensteuerrechtlichen Behandlung des Antragstellers abhängig. Das bedeutet, dass das FA in dem maßgeblichen Einkommensteuerbescheid dem Antrag des Steuerpflichtigen entsprochen haben muss und ihn als unbeschränkt steuerpflichtig veranlagt hat.
Da der erforderliche Antrag für jeden Veranlagungszeitraum neu zu stellen ist – in der Regel nach dessen Ablauf –, kann die im Streitfall vom FG herangezogene Bescheinigung aus dem Jahr 2012 lediglich Auskunft darüber geben, wie das FA einen Steuerfall des Veranlagungszeitraums 2011 behandelt hat, nicht aber darüber, ob es bei einem Steuerpflichtigen in den Veranlagungszeiträumen 2013 und 2014 die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 EStG bejaht hat.
Das FG muss daher in einem zweiten Rechtsgang ermitteln, ob das zuständige FA den Antragsteller tatsächlich aufgrund eines entsprechenden Antrags nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt hat.
Fundstelle
BFH 22.2.18, III R 10/17