Die Finanzverwaltung erläutert in einem Ländererlass, wann nachträgliche Anschaffungskosten in Fällen des § 17 EStG vorliegen.
Dabei geht es in der Hauptsache um die Anwendung und Auswirkungen der aktuellen BFH-Urteile aus 2017 und 2018 (BFH 11.7.17, IX R 36/15; 6.12.17, IX R 7/17; 20.7.18, IX R 5/15).
In diesen Urteilen hat der BFH im Wesentlichen Folgendes herausgestellt: Leistet ein Gesellschafter, der sich für Verbindlichkeiten der Gesellschaft verbürgt hat, Einzahlungen in die Kapitalrücklage der Gesellschaft, um seine Inanspruchnahme als Bürge zu vermeiden, liegen nachträgliche Anschaffungskosten auf die Beteiligung eines Gesellschafters vor. Erwirbt eine GmbH entgeltlich eigene Anteile von dem Gesellschafter, tätigt dieser ein Veräußerungsgeschäft i. S. d. § 17 Abs. 1 EStG.
Finanzierungshilfen bis einschließlich 27.9.2017
Nachdem das Eigenkapitalersatzrecht durch das MoMiG mit Wirkung ab dem 1.11.2008 abgeschafft wurde, hat das BMF im Schreiben vom 21.10.2010 (IV C 6 – S-2244/08/10001, BStBl I, 832) geregelt, dass dennoch bei gesellschaftsrechtlicher Veranlassung auch zukünftig nachträgliche Anschaffungskosten bei uneinbringlichen Rückzahlungsansprüchen des Gesellschafters anzunehmen sind.
Diese Regelung zur Behandlung nachträglicher Anschaffungskosten im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG ist aus Vertrauensschutzgründen weiterhin in allen offenen Fällen anzuwenden, bei denen auf die Behandlung des Darlehens bzw. der Bürgschaft die Vorschriften des MoMiG anzuwenden sind, wenn die bisher als eigenkapitalersetzend angesehene Finanzierungshilfe bis einschließlich 27.9.2017 gewährt wurde oder wenn die Finanzierungshilfe bis einschließlich 27.9.2017 eigenkapitalersetzend geworden ist.
Einzahlungen ab 28.9.2017
In allen übrigen Fällen ist dagegen § 255 HGB für die Bestimmung der Anschaffungskosten i. S. v. § 17 Abs. 2 EStG maßgeblich. Nachträgliche Anschaffungskosten stellen damit nur noch solche Aufwendungen dar, die nach handels- und bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen zu einer offenen und verdeckten Einlage in das Kapital der Gesellschaft führen. Hierzu zählen insbesondere Nachschüsse (§§ 26 ff. GmbHG) und sonstige Zuzahlungen (§ 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB) wie Einzahlungen in die Kapitalrücklage, Barzuschüsse oder der Verzicht auf eine werthaltige Forderung.
Gesellschafterdarlehen führen grundsätzlich nicht zu Anschaffungskosten
Aufwendungen aus Fremdkapitalhilfen wie der Ausfall eines Darlehens oder der Ausfall mit einer Bürgschaftsregressforderung führen hingegen grundsätzlich nicht mehr zu Anschaffungskosten der Beteiligung.
Etwas anderes gilt, wenn die vom Gesellschafter gewährte Fremdkapitalhilfe aufgrund der vertraglichen Abreden mit der Zuführung einer Einlage in das Gesellschaftsvermögen wirtschaftlich vergleichbar ist.
Dies kann der Fall sein bei einem Gesellschafterdarlehen, dessen Rückzahlung auf Grundlage der von den Beteiligten getroffenen Vereinbarungen, wie beispielsweise der Vereinbarung eines Rangrücktritts i. S. d. § 5 Abs. 2a EStG, im Wesentlichen denselben Voraussetzungen unterliegt wie die Rückzahlung von Eigenkapital (BFH 30.11.11, I R 100/10, BStBl 12 II, 332).
In einem solchen Fall kommt dem Darlehen auch bilanzsteuerrechtlich die Funktion von zusätzlichem Eigenkapital zu (BFH 15.4.15, I R 44/14, BStBl II, 769). Die rein gesellschaftsintern wirkende Umgliederung einer freien Gewinnrücklage in eine zweckgebundene Rücklage führt gleichfalls nicht zu nachträglichen Anschaffungskosten auf den Geschäftsanteil des veräußernden Gesellschafters.
Praxistipp | Über § 17 EStG sind Verluste lediglich im Rahmen des Teileinkünfteverfahrens zu 60 % steuerlich zu berücksichtigen. Ausgefallene private Gesellschafterdarlehen, die nicht als nachträgliche Anschaffungskosten nach § 17 EStG Berücksichtigung finden, können nach einer Entscheidung des FG Münster vom 12.3.2018 (2 K 3127/15 E, EFG 18, 947) über § 20 Abs. 2 Nr. 7 EStG zu 100 % berücksichtigt werden. Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt (Az. des BFH X R 9/18).
Fundstelle
BMF 5.4.19, IV C 6 – S 2244/17/10001