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Die Klage gegen eine von einem im Auftrag des Festsetzungsfinanzamts tätigen Steuerfahnder (sog. „Flankenschützer“) durchgeführte Ortsbesichtigung ist nur zulässig, wenn ein erheblicher Eingriff in die Persönlichkeitssphäre oder ein schwerwiegender Grundrechtseingriff vorliegt.

Hintergrund

Vermehrt beauftragen Finanzämter die Steuerfahnder als „Flankenschutzfahnder“. Die Fahnder erscheinen dann beim Steuerpflichtigen – also beim Berater oder dem Mandanten – ohne

  • Vorankündigung und
  • Durchsuchungsbeschluss,

um steuerliche Sachverhalte zu überprüfen.

Beachten Sie  | De facto führt dies zu nichts anderem als zu Überraschungsbesuchen des Finanzamts beim Steuerpflichtigen!

Dabei suchen die Flankenschützer nicht nur Selbstständige, sondern auch Privatleute auf. Bei Letzteren tun sie dies derzeit insbesondere zur Überprüfung von Arbeitszimmern, doppelter Haushaltsführung und außergewöhnlich intensiven Ein- oder Verkäufen über Internet-Verkaufsportale wie Ebay.

Im Rahmen interner Schulungen geben die Steuerfahnder ihre Prüfungsroutinen an die Kollegen des Innendienstes weiter und zeigen diesen, wie zweifelhafte Angaben überprüft werden können. Die Fahnder bieten sich dann in der Regel an, für den diesbezüglich im Zweifel weniger erfahrenen Innendienst die Recherchen vor Ort zu übernehmen – also dessen „Flanken zu schützen“!

Sachverhalt

Die als angestellte Filialleiterin und daneben als selbstständige Unternehmensberaterin tätige Klägerin machte in ihrer Einkommensteuererklärung erstmals Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend.

Zur Überprüfung dieses Sachverhalts suchte ein Beamter der Steuerfahndung im Auftrag des zuständigen FA die Klägerin unangekündigt auf. Nach Vorlage seines Dienstausweises ließ die Klägerin den Beamten in ihre Wohnung, wo er feststellte, dass tatsächlich ein steuerlich anzuerkennendes häusliches Arbeitszimmer vorlag.

Dabei machte der Beamte aber andere – für die Klägerin nachteilige – Feststellungen. Daraufhin erhob die Klägerin Klage, mit der sie die Feststellung der Rechtswidrigkeit der Ortsbesichtigung beantragte.

Entscheidung

Das FG wies die Feststellungsklage als unzulässig ab, da es der Klägerin am notwendigen Feststellungsinteresse fehle:

  • Zunächst bestehe keine Wiederholungsgefahr, da eine erneute Ortsbesichtigung in absehbarer Zeit nicht drohe.
  • Auch ein Rehabilitationsinteresse aufgrund eines erheblichen Eingriffs in die Persönlichkeitssphäre, der mit dem Vorwurf der Steuerhinterziehung einherginge, liege nicht vor. Ein solcher Vorwurf sei allein mit dem Besuch eines Steuerfahnders nicht verknüpft, da die Steuerfahndung nicht nur für strafrechtliche, sondern auch für steuerliche Sachverhaltsermittlungen zuständig sei.
  • Schließlich könne sich die Klägerin auch nicht auf einen schwerwiegenden Eingriff in ihr Grundrecht auf Schutz der Wohnung berufen, da sie den Flankenschützer freiwillig in ihre Wohnung gelassen habe. Durch die Vorlage seines Dienstausweises habe er die Klägerin auch nicht über den tatsächlichen Anlass seines Besuchs getäuscht. Vielmehr habe er die Klägerin über den konkreten Zweck der Maßnahme – die Inspektion des häuslichen Arbeitszimmers – vor dem Betreten der Wohnung informiert.

Praxistipp | Grundsätzlich ist ein richterlicher Durchsuchungsbeschluss erforderlich, damit Finanzbeamte und damit auch die Flankenschützer Betriebs- und erst recht Wohnräume betreten dürfen.

Erscheinen die Beamten unangemeldet, um steuerliche Sachverhalte zu überprüfen, sollte der Zutritt verweigert werden.

Wird der Zutritt aber wie im Besprechungsurteil – wenn auch aufgrund des „Überrumplungseffekts“ – freiwillig gewährt, ist dies im Nachhinein rechtlich nur in Ausnahmefällen zu beanstanden.

Der Berater sollte Mandanten auf derart unerwartete Besuche unbedingt vorbereiten und insbesondere Verhaltensregeln abstimmen! Wichtig ist vor allem, dass der Mandant seinen Berater unverzüglich informiert.

Fundstelle
FG Münster 11.7.18, 9 K 2384/17, Das Urteil ist rechtskräftig. Das FG hat die Rev. nicht zugelassen