Seit 1.1.2020 gilt für freie oder verbilligt vermietete Wohnungen des Arbeitgebers an Arbeitnehmer eine lohnsteuerliche Neuregelung. Doch nicht nur diese Neuregelung verunsichert seither. Auch die Frage, ob lohnsteuerlich eine Wohnungsüberlassung oder vielleicht doch nur die Überlassung einer Unterkunft vorliegt, beschäftigt Arbeitgeber und Steuerberater. Hier ein Überblick, was lohnsteuerlich zu beachten ist. |
Grundsätze zur freien oder verbilligen Überlassung von Unterkünften und Wohnungen
Überlässt ein Arbeitgeber einem Mitarbeiter eine Wohnung oder einen Raum zu Wohnzwecken, ist es aus lohnsteuerlicher Sicht elementar, ob es sich dabei um eine Unterkunft oder um eine Wohnung handelt. Je nachdem, zu welchem Ergebnis Sie für Ihren Mandanten kommen, gelten folgende lohnsteuerliche Grundsätze:
Unterkunft: Geldwerter Vorteil im Rahmen eines Sachbezugswerts
Kommen Sie zu der Erkenntnis, dass Ihr Mandant einem Mitarbeiter eine Unterkunft gewährt, muss der Arbeitnehmer als geldwerten Vorteil einen amtlichen Sachbezugswert versteuern. Dieser amtliche Sachbezugswert beträgt im Jahr 2020 pro Monat 235 EUR und mindert sich für jeden Tag, an dem die Unterkunft nicht überlassen wird, um ein Dreißigstel.
Beispiel
Ein Arbeitgeber überlässt einem langjährigen Mitarbeiter verbilligt eine Unterkunft. Der Mitarbeiter zahlt dem Arbeitgeber dafür 90 EUR pro Monat. Folge: Der Mitarbeiter muss in diesem Fall pro Monat einen geldwerten Vorteil von 145 EUR versteuern (amtlicher Sachbezug 235 EUR abzgl. Zahlung Arbeitnehmer 90 EUR).
Praxistipp | Dieser Sachbezugswert mindert sich bei Vorliegen folgender Konstellationen:
* Minderung um 15 %, wenn der Arbeitnehmer in den Haushalt des Arbeitgebers aufgenommen wurde
* Minderung um 15 %, wenn der Arbeitnehmer in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht ist
* Minderung um 40 %, wenn es sich um eine Gemeinschaftsunterkunft handelt, in der sich zwei Mitarbeiter befinden
* Minderung um 50 %, wenn es sich um eine Gemeinschaftsunterkunft handelt, die mit drei Mitarbeitern belegt ist
* Minderung um 60 %, wenn die Gemeinschaftsunterkunft mit mindestens vier Beschäftigten belegt ist
* Minderung um 15 %, wenn die Unterkunft Jugendlichen unter 18 Jahren oder Auszubildenden überlassen wird
* Minderung um 15 %, wenn die Unterkunft Jugendlichen und Auszubildenden überlassen wird, die sich weder im Haushalt des Arbeitgebers noch in einer Gemeinschaftsunterkunft befindet
Wohnung: Geldwerter Vorteil in Höhe der ortsüblichen Miete abzüglich des neuen Bewertungsabschlags
Wird dagegen eine Wohnung überlassen, ist der geldwerte Vorteil nicht in Form eines amtlichen Sachbezugs zu ermitteln, sondern nach der ortsüblichen Miete. Seit 1.1.2020 gilt nach § 8 Abs. 2 Satz 12 EStG Folgendes:
* Beträgt die vom Arbeitnehmer an den Arbeitgeber gezahlte Miete mindestens zwei Drittel des ortsüblichen Mietwerts und
* nicht mehr als 15 EUR je qm Kaltmiete,
muss kein geldwerter Vorteil für die Überlassung einer Wohnung versteuert werden.
Beispiel
Ein Arbeitgeber überlässt einem Mitarbeiter verbilligt eine Wohnung mit 65 qm. Der Mietspiegel der Gemeinde, in der sich die Wohnung befindet, sieht einen Grundpreis pro qm Wohnfläche von 8 EUR vor. Dazu kommen noch 3 EUR Umlagen für Nebenkosten. Der Arbeitnehmer zahlt pro qm 7,50 EUR. Folge: Da der Arbeitnehmer mindestens zwei Drittel des ortsüblichen Mietwerts (= 7,33 EUR) bezahlt, muss er keinen geldwerten Vorteil versteuern.
Differenzierung: Unterkunft oder Wohnung
Welche lohnsteuerlichen Folgen die Überlassung von Räumlichkeiten des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer letztlich hat, hängt also entscheidend davon ab, ob eine Unterkunft überlassen wird oder eben eine Wohnung.
Die Differenzierung kann von der Definition der „Wohnung“ in den Lohnsteuerrichtlinien abgeleitet werden. Danach geht man von der Überlassung einer Wohnung aus, wenn folgende Kriterien erfüllt sind (R 8.1 Abs. 6 LStR):
„Eine Wohnung ist eine in sich geschlossene Einheit von Räumen, in denen ein selbstständiger Haushalt geführt werden kann. Wesentlich ist, dass eine Wasserversorgung und -entsorgung, zumindest eine einer Küche vergleichbare Kochgelegenheit sowie eine Toilette vorhanden sind. Danach stellt z. B. ein Einzimmerappartement mit Küchenzeile und WC als Nebenraum eine Wohnung dar, dagegen ist ein Wohnraum bei Mitbenutzung von Bad, Toilette und Küche eine Unterkunft.“
Praxistipp | Im Umkehrschluss bedeutet das je nach Beschaffenheit der überlassenen Räume Folgendes: Eine Unterkunft liegt stets vor, wenn der Arbeitnehmer etwas mitbenutzen muss.
Besonderheiten bei Überlassung von Unterkünften
Handelt es sich bei den vom Arbeitgeber an den Arbeitnehmer überlassenen Wohnräumen um eine Unterkunft, gelten folgende Besonderheiten:
Addierung der Prozentsätze
Liegen gleichzeitig mehrere Gründe für eine Minderung des amtlichen Sachbezugswerts vor (siehe Praxistipp zu Grundsätzen), werden die Prozentsätze addiert.
Beispiel
Die überlassene Unterkunft befindet sich in einer Gemeinschaftsunterkunft (Minderung 15 %), bei der sich drei Personen den Wohnraum teilen müssen (Minderung 50 %). Der Sachbezugswert für die Ermittlung des geldwerten Vorteils beträgt in diesem Fall also nur noch 82,25 EUR pro Monat (235 EUR abzgl. 65 %).
Wohnung zur gemeinsamen Nutzung stellt Unterkunft dar
Überlässt der Arbeitgeber mehreren Arbeitnehmern zusammen eine abgeschlossene Wohnung (Wohngemeinschaft), handelt es sich lohnsteuerlich trotz der Abgeschlossenheit um eine Unterkunft. Denn die Mitglieder der Wohngemeinschaft benutzen gemeinsam die vorhandenen Einrichtungen wie Bad, Toilette und Küche.
Aufnahme des Arbeitnehmers in den Haushalt des Arbeitgebers
Wird der Arbeitnehmer in den Haushalt des Arbeitgebers aufgenommen, kommt es zu einer Minderung des Sachbezugswerts bei Ermittlung des geldwerten Vorteils um 15 %. Eine Aufnahme in den Haushalt des Arbeitgebers ist gegeben, wenn der Arbeitnehmer sowohl in die Wohnungs- als auch in die Verpflegungsgemeinschaft des Arbeitgebers aufgenommen wird. Wird also nur die Unterkunft gewährt, liegt keine Aufnahme in den Arbeitgeberhaushalt vor und eine Minderung des amtlichen Sachbezugswerts unterbleibt.
Besonderheiten bei Überlassung von Wohnungen
Wird vom Arbeitnehmer aus lohnsteuerlicher Sicht eine Wohnung verbilligt überlassen, gilt seit 2020 Folgendes:
Mietobergrenze von 25 EUR ab 1.1.2020
Die feste Mietobergrenze von 25 EUR je qm bezieht sich auf den ortsüblichen Mietwert ohne die nach der Betriebskostenverordnung umlagefähigen Kosten. Mit der Mietobergrenze soll verhindert werden, dass Luxuswohnungen steuerlich vergünstigt an Arbeitnehmer vermietet werden können. Beträgt danach die ortsübliche Kaltmiete mehr als 25 EUR je qm, scheidet der Bewertungsabschlag von einem Drittel des ortsüblichen Mietwerts ab 1.1.2020 aus.
Keine Anwendung des Bewertungsabschlags bei der Sozialversicherung
In der Sozialversicherungsentgeltverordnung fehlt eine entsprechende Verordnung, nach der vom ortsüblichen Mietwert ein Drittel abgezogen werden darf (Besprechungsergebnis der Spitzenorganisationen in der Sozialversicherung v. 20.11.19, Abruf-Nr. 213667). Der geldwerte Vorteil ist ab 2020 also bei der Sozialversicherung ohne Bewertungsabschlag sozialversicherungspflichtig.
Mietspiegel bei Ermittlung des ortsüblichen Mietwerts maßgeblich
Der ortsübliche Mietwert bei Ermittlung des geldwerten Vorteils bei Überlassung einer Wohnung an den Arbeitnehmer ist dem Mietspiegel der jeweiligen Gemeinde zu entnehmen. Enthält die überlassene Wohnung auch Möbel, muss das mit einem Zuschlag bedacht werden. Denn im Mietspiegel finden sich nur ortsübliche Mietwerte ohne Berücksichtigung einer Möblierung.
Weitere steuerliche Vergünstigungen möglich
Neben dem Bewertungsabschlag profitieren Arbeitgeber und Arbeitnehmer bei Ermittlung des geldwerten Vorteils ab 1.1.2020 nach § 8 Abs. 2 Satz 12 EStG bei Vorliegen der Voraussetzungen zusätzlich von folgenden Vergünstigungen:
* Freigrenze für Sachbezüge: Beträgt der geldwerte Vorteil aus der Überlassung der Wohnung nicht mehr als 44 EUR pro Monat, ist die Überlassung steuerfrei (§ 8 Abs. 2 Satz 11 EStG).
Freibetrag für Personalrabatt: Überlässt der Arbeitgeber auch Nichtarbeitnehmern regelmäßig verbilligt Wohnungen, bleiben vom geldwerten Vorteil jährlich bis zu 1.080 EUR steuerfrei.