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Das BVerfG hat in zwei nahezu zeitgleich veröffentlichten Beschlüssen hinsichtlich der Behandlung von Eheleuten und eingetragenen Lebenspartnern entschieden, dass Regelungen zur Grunderwerbsteuer und zum beamtenrechtlichen Familienzuschlag verfassungswidrig sind.
GrEStG: BVerfG 18.7.12, 1 BvL 16/11,
Familienzuschlag: BVerfG 19.6.12, 2 BvR 1397/09

Befreiung von Grunderwerbsteuer
Die Ungleichbehandlung von Ehegatten und eingetragenen Lebenspartnern bei der Grunderwerbsteuer-Befreiung ist nicht mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar, soweit das alte Recht eingetragene Lebenspartner nicht wie Ehegatten von der Grunderwerbsteuer befreit.
Das BVerfG gibt dem Gesetzgeber bis Ende 2012 Zeit zur Neuregelung für die Altfälle rückwirkend ab dem Zeitpunkt der Einführung der eingetragenen Lebenspartnerschaft zum 1.8.2001. Bemängelt wird, dass mit dem Jahressteuergesetz 2010 zwar die Lebenspartner den Ehegatten hinsichtlich sämtlicher Befreiungen gleichgestellt wurden, die Neufassung des GrEStG jedoch nicht rückwirkend, sondern auf Erwerbsvorgänge nach dem 13.12.2010 beschränkt ist und damit nicht für noch nicht bestandskräftige Altfälle gilt.
Eingetragene Lebenspartner erhalten also bei vorherigen Besitzerwechseln anders als Ehegatten keine Ausnahme von der Besteuerung des Grunderwerbs, etwa beim Verkauf untereinander oder der Vermögensauseinandersetzung.
Laut BVerfG gibt es keine wichtigen Unterschiede, welche die Schlechterstellung der Lebenspartner im GrEStG rechtfertigen. Das Gericht führt ähnliche Erwägungen wie zum ErbStG an, wo es nunmehr ebenfalls eine Gleichstellung gibt.
Eingetragene Lebenspartner sind familien- und erbrechtlich gleichgestellt und persönlich und wirtschaftlich in gleicher Weise dauerhaft per Partnerschaft miteinander verbunden. Der Grund der Steuerbefreiung, wonach Grundstücksübertragungen zwischen Ehegatten oft zur familiären Regelung und im Rahmen der vorweggenommenen Erbschaft erfolgen, gilt ebenso für Lebenspartner, die wie Eheleute eine gegenseitige Unterhalts- und Einstandspflicht haben.
Steuer Tipp:
Der Beschluss lässt sich allerdings nicht automatisch auf das EStG und hier insbesondere auf die Zusammenveranlagung und den Splittingtarif übertragen, da weitere familiäre Aspekte zu berücksichtigen sind, beispielsweise die Kinderzeugung, die zwischen gleichgeschlechtlichen Paaren nicht möglich ist. Hierzu liegen dem BVerfG bereits Verfahren vor.
Eine Entscheidung wird für 2013 erwartet. Derzeit verstärken sich die politischen Anzeichen, dass die Gleichstellung bei der Einkommensteuer zugunsten der Lebenspartnerschaft ausfällt, sodass Anträge auf Zusammenveranlagung gestellt werden sollten, deren Ablehnung über einen Einspruch ruhen kann und die Fälle bis zur Entscheidung des BVerfG offenhält. Nicht auszuschließen ist, dass es bei einer Gesetzesänderung im EStG nicht einfach zur Gleichstellung eingetragener Lebenspartner mit Eheleuten kommt, sondern das Ehegatten-Splitting zugunsten einer neuen Familienförderung mit Kinderkomponente ganz entfällt.
Differenzierung beim Familienzuschlag für Beamte verfassungswidrig
Die Ungleichbehandlung von Lebenspartnerschaft und Ehe beim beam-tenrechtlichen Familienzuschlag ist unvereinbar mit dem allgemeinen Gleichheitssatz. Der Gesetzeszweck kann keine Privilegierung verheirateter Beamter rechtfertigen, weil nichts dafür spricht ist, dass der ausgeglichene Mehrbedarf nicht ebenso bei in eingetragener Lebenspartnerschaft lebenden Beamten besteht.
Der Gesetzgeber ist insoweit verpflichtet, den festgestellten Verfassungsverstoß für die in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft lebenden Beamten, die ihren Anspruch auf Auszahlung des Familienzuschlags zeitnah geltend gemacht haben, rückwirkend zum 1.8.2001 zu beseitigen.
Allein der besondere Schutz der Ehe in „Art. 6 GG rechtfertigt die Un-gleichbehandlung nicht. Es fehlt auch an weiteren sachlichen Gründen für die Besserstellung verheirateter Beamter. In den Grundstrukturen weisen die familienrechtlichen Institute Ehe und Lebenspartnerschaft nur wenige Unterschiede auf. Insbesondere seit 2004 wurde das Recht der eingetragenen Lebenspartnerschaft noch näher an das Eherecht angeglichen.