Auch die Mehraufwendungen für den behindertengerechten Neubau eines Gebäudes können als außergewöhnliche Belastungen abziehbar sein.
Das gilt nach dem aktuellen Urteil des FG Niedersachsen jedenfalls dann, wenn die Mehraufwendungen unabwendbar waren und somit zwangsläufig i.S.d. § 33 EStG erwachsen. Zu solchen zwangsläufigen Ausgaben können auch die Mehrkosten für die Anschaffung eines größeren Grundstücks gehören.
FG Niedersachsen 17.1.13, 14 K 399/11,
BFH 24.2.11, VI R 16/10, BFH/NV 11, 906
Im Urteilsfall war aufgrund einer schweren Gehbehinderung der Erwerb einer um 150 m2 größeren Grundstücksfläche notwendig um einen entsprechenden eingeschossigen Bungalow zu errichten. Statt der für den mehrgeschossigen Bau erforderlichen Grundfläche des Gebäudes waren somit 15.000 EUR zusätzlich notwendig.
Der behinderungsbedingte Mehraufwand für den Hausbau stellt eine außergewöhnliche Belastung dar, da der Steuerpflichtige auf eine eingeschossige Bauweise angewiesen ist.
Dabei sind sanitäre Einrichtungen und Zusatzflächen für den Rollstuhl großzügig auszulegen. Das macht die behindertengerechte Gestaltung des individuellen Wohnumfeldes erforderlich und nur deshalb wird das größere Grundstück angeschafft. Auf die Errichtung eines Flachbaus in einem anderen Baugebiet mit einer entsprechend kleineren Grundstücksfläche kommt es für den steuerrechtlichen Abzug nach § 33 EStG nicht an.
Zwar kommen hypothetisch auch der Einbau von Treppenlift oder Fahrstuhl in Betracht. Diese Option ist aber nicht ausschlaggebend, weil es bei behinderungsbedingten Mehraufwendungen auf die Frage nach zumutbaren Handlungsalternativen genauso wenig ankommt wie auch das Argument eines Gegenwerts.
Eine behinderungsbedingte notwendige Baumaßnahme hat – gemäß der BFH-Rechtsprechung – keinen über den individuellen Nutzungsvorteil hinausgehenden Wert, sie ist unausweichlich und zwangsläufig.