Aktuell hatte sich das FG Nürnberg zu den Voraussetzungen des Beibehaltens eines Inlandswohnsitzes zu äußern, wenn der Kindergeldberechtigte die Kinder bei einem Auslandsschulaufenthalt begleitet.
Danach ist im Rahmen einer Prognoseentscheidung aufgrund der objektiven Gegebenheiten darüber zu befinden, ob das Innehaben der Wohnung unter solchen Umständen erfolgt, die auf das künftige Verhalten schließen lassen, nämlich dass die Person die Wohnung als Wohnsitz beibehalten und benutzen wird.
FG Nürnberg 30.4.14, 5 K 531/13; Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, Az. des BFH: XI B 83/14
Sachverhalt
Streitig war, ob die Kindergeldberechtigte, die ihre Kinder auf einem zeitlich befristeten Auslandsschulaufenthalt in Neuseeland begleitete, trotzdem weiterhin Anspruch auf Kindergeld hat. Im Streitfall hatte die Kindergeldberechtigte zwar ihre bisherige Wohnung aufgegeben, ihr standen jedoch während der Zeit des Auslandsaufenthalts mehrere Zimmer bei einer Freundin für sie und ihre Kinder zur Verfügung, die tatsächlich auch zeitweise – wenn auch nur kurzzeitig – genutzt wurden.
Hintergrund
Nach dem Gesetz hat nur derjenige, der im Inland über einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt verfügt, einen Kindergeldanspruch. Dies gilt auch nur für diejenigen Kinder, die ebenfalls im Inland, in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem Staat, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet, einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt innehaben. Neuseeland zählt jedoch nicht zu diesen Staaten.
Entscheidung
Das FG entschied, dass die Kindergeldberechtigte mit ihren Kindern auch für den Zeitraum des Auslandsaufenthalts weiterhin eine Wohnung im Inland inne hatte und sie daher auch weiterhin kindergeldberechtigt war. Denn der im Bereich des Kindergeldrechts maßgebliche Wohnsitzbegriff des § 8 AO setzt objektiv voraus, dass zum dauerhaften Wohnen geeignete Räumlichkeiten vorhanden sind.
Weiterhin muss ein Innehaben der Wohnung in dem Sinne vorliegen, dass die Räumlichkeiten auch tatsächlich zur Verfügung stehen und sie als Bleibe entweder ständig benutzt oder doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit aufgesucht werden. Ein nur gelegentliches Verweilen während unregelmäßig aufeinander folgender kurzer Zeiträume zu Erholungszwecken reicht dagegen nicht aus. Jedenfalls muss die Wohnung als Bleibe jederzeit zur Verfügung stehen.
Hinzukommen muss als subjektives Moment, dass die Räumlichkeiten von der nutzenden Person zu einer entsprechenden Verwendung als Wohnung bestimmt sind, und zwar nicht nur zu einem bloßen, gelegentlichen Aufenthalt, sondern gerade als dem Wohnsitz.
Praxishinweis
Im Einzelfall können auch zwei oder mehrere Wohnsitze nebeneinander bestehen, wenn nach den äußeren Umständen der Lebensmittelpunkt zeitlich und örtlich den Wohnungen in verschiedenen Orten zuzuordnen ist und so unterschiedliche Schwerpunkte der Lebensverhältnisse gebildet worden sind. Für die Annahme, dass (auch) ein Wohnsitz im Inland gelegen ist, kommt es daher nicht darauf an, dass sich auch der Mittelpunkt der Lebensinteressen im Inland befindet. Auch braucht es sich bei der Wohnung nicht um eine abgeschlossene Wohnung zu handeln, vielmehr reichen einige zur Verfügung stehende Räume aus.
Diese Voraussetzungen lagen nach Auffassung des FG im Streitfall sowohl hinsichtlich der Kindergeldberechtigten als auch hinsichtlich der Kinder vor, d.h., alle Beteiligten hatten trotzt des Auslandsaufenthalts in dieser Zeit weiterhin eine Wohnung im Inland. Bei den im Ausland zur Schule gehenden Kindern ist zu beachten, dass einer zeitlich begrenzten, vorübergehenden räumlichen Trennung vom bisherigen Wohnort grundsätzlich selbst bei mehrjährigen Studienaufenthalten nicht entgegensteht, dass der bisherige Wohnsitz beibehalten bleibt.
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