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Die Berechnung des Differenzkindergelds hat nach dem EStG kindbezogen zu erfolgen. Eine Kürzung des Differenzkindergelds bei einzelnen Kindern durch Verrechnung eines übersteigenden Betrags bei anderen Kindern lehnt der BFH mangels gesetzlicher Grundlage ab.
BFH 4.2.16, III R 9/15

Sachverhalt

Die Antragstellerin lebt in der Bundesrepublik Deutschland und hat vier Kinder, von denen drei im Streitzeitraum (April 2012 bis Februar 2013) minderjährig sind. Das vierte Kind befindet sich zu diesem Zeitpunkt in der Berufsausbildung. Die Mutter ist nicht berufstätig.
Ihr Ehemann und Vater der Kinder ist in der Schweiz nicht selbstständig tätig und bezieht dort Kinder- und Ausbildungszulagen (Schweizer Kinderzulage). Diese betragen für die ersten beiden Kinder jeweils 250 CHF und für das dritte und vierte Kind jeweils 200 CHF.
Streitig war nun, ob bei der Berechnung des Differenzkindergelds eine kindbezogene Betrachtungsweise gilt oder ob ein verbleibender Überschuss der Schweizer Kinderzulage über das Kindergeld bei einem Kind mit Differenzkindergeldansprüchen auf weitere Kinder verrechnet werden kann.

Entscheidung

Unstreitig war, dass der Antragstellerin deutsches Differenzkindergeld zustand, soweit das Kindergeld die vergleichbare Schweizer Kinderzulage übersteigt. Eine Kürzung des Differenzkindergelds für das dritte und vierte Kind der Antragstellerin durch Verrechnung des übersteigenden Betrags der Schweizer Kinderzulage für die ersten beiden Kinder ist jedoch mangels einer gesetzlichen sowohl europarechtlichen als auch nationalen ­Regelung ausgeschlossen.
Das EStG sieht für die Berechnung der Unterschiedsbeträge beim Zusammentreffen von nationalen und vergleichbaren ausländischen Familienleistungen zwar keine ausdrückliche Regelung vor. Die einkommensteuerrechtlichen Vorschriften sind aber sowohl dem Grunde (vgl. §§ 62 bis 65 EStG#BJNR010050934BJNE023907140) als auch der Höhe nach (§ 66 EStG) kindbezogen ausgestaltet.
Darüber hinaus ergibt sich aus § 31 Satz 1 und aus § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG, dass im Rahmen der Günstigerprüfung die Vergleichsrechnung ebenfalls für jedes Kind einzeln durchzuführen ist. Diese kindbezogene Betrachtungsweise wird nur dann durchbrochen, wenn dies ausdrücklich gesetzlich geregelt ist.
Solche Regelungen finden sich in § 74 Abs. 1 Satz 2 EStG und § 76 Satz 2 Nr. 1 EStG, sofern der Kindergeldberechtigte seine gesetzlichen Unterhaltspflichten verletzt. Hierbei geht es jedoch nur um die Verwendung des bereits zuvor kindbezogen festgesetzten Kindergeldes für die ganze Familie. Eine entsprechende Anwendung dieser Vorschriften kommt dagegen nicht in Betracht.
Für eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der §§ 74 Abs. 1 Satz 2, „76 Abs. 2 Nr. 1 EStG im Wege einer analogen Anwendung fehlt es, wenn schon nicht an der notwendigen planwidrigen Regelungslücke, so doch an der für eine Analogie erforderlichen, hier nicht vergleichbaren ­Interessenlage.

Beachten Sie

In der Konsequenz bedeutet dies, dass in Ermangelung einer entsprechenden unionsrechtlichen Regelung es Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung eines jeden Mitgliedstaates ist, die Modalitäten für die Berechnung festzulegen.
Denn wenn die Richtlinie oder Verordnung den Mitgliedstaaten einen Gestaltungsspielraum einräumt, obliegt die Befugnis zur Letztkonkretisierung dem Gesetzgeber. Daraus folgt, dass sich die Berechnung nach den Vorschriften des EStG bestimmen lassen muss. Hieraus lässt sich jedoch nur eine kindbezogene Berechnung herleiten.