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Der Widerruf eines Darlehens ist auch nach langer Zeit noch möglich, wenn der Darlehensnehmer ein Verbraucher ist und der Darlehensgeber nicht ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt hat (sogenannter „Widerrufsjoker“). Ist keine korrekte Widerrufsbelehrung erteilt worden, kann der Widerruf – unbefristet – erfolgen. Dies gilt selbst dann, wenn das Darlehen bereits vollständig zurückgezahlt wurde.

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Die Folge des Darlehenswiderrufs ist – vereinfacht –, dass man die in der Vergangenheit gezahlten, über dem marktüblichen Zinsniveau liegenden Zinsen zurückerhält.

Immer wieder kommt es zu Rechtsstreitigkeiten, wann das Widerrufsrecht verwirkt ist. Zu dieser Thematik musste das OLG Frankfurt aktuell urteilen und kam zu folgendem Ergebnis: Wird die jahrelange Durchführung des Darlehensvertrags nicht beanstandet, führt dies allein nicht zur Verwirkung des Widerrufsrechts. Dies gilt insbesondere für die Rückzahlung der Darlehensvaluta am Ende der Vertragslaufzeit.

Sachverhalt

Die Darlehensnehmerin hatte im Jahr 2004 als Verbraucherin mit der Sparkasse drei Darlehensverträge über höhere Summen abgeschlossen. Sie tilgte die Darlehen jeweils am Ende der Vertragslaufzeit Ende 2006 bzw. 2012. Im Jahre 2016 erklärte die Darlehensnehmerin den Widerruf der Darlehensverträge. Dies erfolgte mit der Begründung, dass die Widerrufsbelehrung nicht ordnungsgemäß gewesen sei. Die Widerrufsbelehrung hätte den Satz enthalten: „Die Frist beginnt frühestens mit Erhalt dieser Belehrung“.

Die Sparkasse wies den Widerruf zurück. Daraufhin beantragte die Darlehensnehmerin im Klagewege die Feststellung, dass die Darlehensverträge durch den Widerruf unwirksam seien.

Entscheidung

Im Berufungsverfahren gab das OLG der Klage teilweise statt. Die Revision zum BGH wurde nicht zugelassen.

Das OLG stellte auf der Basis der Rechtsprechung des BGH fest, dass die zweiwöchige Widerrufsfrist mangels ordnungsgemäßer Belehrung nicht zu laufen begonnen hat und somit das Widerrufsrecht nicht erloschen ist.

Verwirkung des Widerrufsrechts

Zwar kann auch ein gesetzlich unbefristetes Widerrufsrecht verwirkt werden, wenn seit der Möglichkeit der Geltendmachung längere Zeit verstrichen ist (sog. Zeitmoment). Es müssen aber – vor allem im Bereich des Verbraucherschutzrechts – ganz besondere Umstände hinzukommen, die das Verhalten des Berechtigten als gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen lassen (sog. Umstandsmoment).

Dies ist der Fall, wenn der Verpflichtete bei objektiver Betrachtung aus dem Verhalten des Berechtigten entnehmen durfte, dass dieser sein ­Widerrufsrecht nicht mehr geltend machen werde.

Trotz des erst mehr als elf Jahre nach Aufnahme und mehr als neun Jahre nach Rückzahlung der Darlehen erfolgten Widerrufs bestand kein schutzwürdiges Vertrauen der Bank auf die Nichtausübung des Widerrufsrechts.

von RD a.D. Michael Marfels, Nordkirchen

Fundstelle
OLG Frankfurt a. M. 10.1.18, 17 U 134/17