Alles bei Amazon – das ist den meisten mittlerweile aus dem Privatleben vertraut. Doch die Allmacht des US-amerikanischen Handelsriesen hat Grenzen, wenn es um Dienstleistungen geht. Das gilt vor allem dann, wenn diese auch noch berufsrechtlich geregelt sind.
Seit einiger Zeit kursiert die Frage im Netz, ob Amazon unerlaubterweise Hilfeleistung in Steuersachen anbietet und damit letztlich den Beratern Konkurrenz machen könnte. „Alles in Ordnung mit Amazon“, sagt die Bundessteuerberaterkammer. Der steuerliche Kooperationspartner von Amazon habe eine Meldung nach § 3a StBerG abgegeben und darf deutsche Onlinehändler beraten. Weitere Details erklärt die Kammer in dem folgenden Interview mit AStW.
Frage: Bietet Amazon Steuerberatung im eigentlichen Sinne an?
Antwort: Mit der Erstellung der Umsatzsteuererklärung bietet Amazon Hilfeleistung in Steuersachen und somit auch Steuerberatung an. Auf der eigenen Internetseite, unter „FAQ“ stellt das Unternehmen aber klar, dass es die Umsatzsteuererklärung nicht selbst erstellt, sondern die Firma Avalara mit Sitz in England. Nach Auskunft von Amazon besteht so nur ein Auftragsverhältnis mit Avalara. Amazon tritt als Vermittler auf. Avalara hat bei der zuständigen Steuerberaterkammer Niedersachsen nach § 3a StBerG eine Meldung abgegeben und wurde so in das Verzeichnis der befugten ausländischen Dienstleister eingetragen. Zugang zu dem Verzeichnis findet sich unter www.bstbk.de. Avalara ist daher zur Hilfeleistung bei Steuersachen in Deutschland befugt. Derzeit sind auch keine rechtlichen Schritte gegen Amazon geplant.
Frage: Droht Steuerberatungskanzleien in Deutschland hier Konkurrenz?
Antwort: Es ist zunächst zu klären, um welche Mandanten es konkret geht. Amazon bietet diesen Umsatzsteuer-Service Versandhändlern an, die ihre Produkte über Amazon Marketplace verkaufen. Diese können aufgrund der Überschreitung von Lieferschwellen und/oder der Verwendung von Amazon-Lagern in anderen EU-Mitgliedstaaten steuerpflichtig werden. Dies führt zu der Verpflichtung, Umsatzsteuererklärungen in einem anderen Mitgliedstaat abzugeben.
Es geht quasi um „grenzüberschreitende“ Steuerberatung. Deutsche Steuerberater sind i. d. R. auf die Hilfeleistung in Steuersachen innerhalb Deutschlands spezialisiert. Grundsätzlich betreffen solche Beratungsleistungen also das Geschäftsfeld von international tätigen Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaften oder spezialisierten Einzelkanzleien. Selbstverständlich handelt es sich für diese um Konkurrenz, wenn ein neuer Dienstleister Umsatzsteuererklärungen zu sehr günstigen Preisen (400 EUR pro Jahr) anbietet. Da Avalara ein ausländischer Dienstleister ist, findet die StBVV keine Anwendung.
Frage: Wie sollten Kanzleien reagieren, deren Mandanten sie auf dieses Angebot ansprechen?
Antwort: Steuerberater sollten gegenüber ihren Mandanten deutlich machen, dass sich ein vermeintlich günstiges Angebot am Ende als teuer erweisen kann. Beim Umsatzsteuerrecht handelt es sich um eine anspruchsvolle und komplexe Steuermaterie. Falsche Umsatzsteuererklärungen können für den Steuerpflichtigen erhebliche – auch strafrechtliche – Folgen haben. Beim Steuerberater kann sich der Steuerpflichtige sicher sein, dass er eine qualitativ hochwertige Dienstleistung erhält.