Zur Vermeidung unbilliger Härten gewährt die Finanzverwaltung Steuerpflichtigen, die von den Folgen der Corona-Pandemie besonders betroffen sind, verschiedene steuerliche Erleichterungen. Unter anderem soll unter bestimmten Voraussetzungen bis zum Ende des Jahres 2020 von Vollstreckungsmaßnahmen abgesehen werden, wie das BMF in seinem Schreiben vom 19.3.2020 festgelegt hat. Diese Verwaltungsanweisung erfasst allerdings nicht bereits vor dem 19.3.2020 ergriffene Vollstreckungsmaßnahmen der Finanzbehörden. |
Sachverhalt
Im Streitfall hatte ein in einem anderen Mitgliedstaat der EU ansässiges Unternehmen erhebliche Steuerschulden, die von dem anderen Mitgliedstaat bereits im Jahr 2019 festgesetzt worden waren.
Aufgrund der Rückstände richtete der Mitgliedstaat ein Vollstreckungsersuchen an Deutschland. Das zuständige Finanzamt erließ daraufhin im Februar 2020 Pfändungs- und Einziehungsverfügungen gegen mehrere deutsche Banken, bei denen das Unternehmen Konten unterhielt.
Hiergegen wandte sich das Unternehmen und trug vor, aufgrund der durch die Corona-Pandemie bedingten erheblichen Einnahmeausfälle müsse entsprechend dem BMF-Schreiben vom 19.3.2020 von Vollstreckungsmaßnahmen abgesehen werden.
Entscheidung
Diese Auffassung teilt der BFH nicht. Im BMF-Schreiben sei von einem „Absehen“ von Vollstreckungsmaßnahmen die Rede. Das deute darauf hin, dass sich die Verschonungsregelung nur auf solche Vollstreckungsmaßnahmen beziehe, die noch nicht durchgeführt worden seien.
Dem Wortlaut des Schreibens lasse sich jedenfalls nicht entnehmen, dass bereits vor dem 19.3.2020 ergriffene Vollstreckungsmaßnahmen wieder aufgehoben oder rückabgewickelt werden müssten.
Praxistipp | Der Beschluss des BFH erging in einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren.
Anmerkung
Die Erwägungen des BFH sind entsprechend auf inländische Sachverhalte anzuwenden, in denen der Vollstreckungsschuldner in Deutschland ansässig und mit der Zahlung von deutschen Steuern säumig geworden ist.
Fundstelle
BFH 30.7.20, VII B 73/20