Ändert sich die einer unverbindlichen schriftlichen Auskunft zugrunde liegende Rechtslage durch nachfolgende Urteile, ist das FA nicht nach Treu und Glauben daran gehindert, einen der neuen Sichtweise entsprechenden Steuerbescheid zu erlassen. Etwas anderes gilt nur dann, wenn das FA anderweitig einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat. Diese Voraussetzung ist nach einem Urteil des BFH nicht dadurch geschaffen worden, dass nach Änderung der einer unverbindlichen Auskunft zugrunde liegenden Rechtslage kein entsprechender Hinweis an den Steuerpflichtigen erfolgt ist.
BFH 30.3.11, XI R 30/09, BFH 14.1.10, IV R 86/06, BFH/NV 10, 1096
Der auch für das Besteuerungsverfahren geltende allgemeine Grundsatz von Treu und Glauben verdrängt gesetztes Recht nur dann, wenn das Vertrauen in ein bestimmtes Verhalten der Verwaltung nach allgemeinem Rechtsgefühl in so hohem Maß schutzwürdig ist, dass demgegenüber die Grundsätze der Gesetzmäßigkeit zurücktreten müssen. Dies kommt nur dann in Betracht, wenn eine bestimmte steuerliche Behandlung verbindlich und ohne Einschränkung oder Vorbehalte zugesagt worden ist, oder das FA durch sein früheres Verhalten außerhalb einer Zusage einen Vertrauenstatbestand geschaffen hat.
Unter diesem Aspekt kann ein Steuerpflichtiger nicht davon ausgehen, dass an einer schriftlich vertretenen Rechtsauffassung auf Dauer festgehalten wird. Es entspricht dem Grundsatz der Abschnittsbesteuerung, dass Besteuerungsgrundlagen stets erneut zu prüfen und rechtlich zu würdigen sind. Eine als falsch erkannte Rechtsauffassung ist selbst dann zum frühestmöglichen Zeitpunkt aufzugeben, wenn dies im Prüfungsbericht niedergelegt worden ist oder das FA diese Sicht über eine längere Zeitspanne vertreten hatte. Das gilt auch, wenn der Steuerpflichtige im Vertrauen darauf disponiert hat.