Nach der Verabschiedung der Neuregelungen zur Homeoffice-Pauschale im Jahressteuergesetz haben sich viele Fragen ergeben. Fragen, auf die zwei aktuelle Verfügungen nun Antworten geben. Zusammenfassend können Sie schon jetzt mitnehmen, dass die Sachbearbeiter in den Finanzämtern sehr großzügig agieren sollen, wenn Arbeitnehmer für die Jahre 2020 und 2021 Aufwendungen im Zusammenhang mit der Arbeit im Homeoffice steuerlich geltend machen. |
Einem Arbeitspapier der Oberfinanzdirektion Nordrhein-Westfalen und einem Erlass des Finanzministeriums Thüringen können zur Arbeit im Homeoffice in den Jahren 2020 und 2021 folgende steuerliche Grundsätze entnommen werden (OFD NRW, Arbeitspapier vom 16.2.21; FinMin Thüringen, Erlass vom 17.2.21):
Homeoffice-Pauschale nur bei „ausschließlicher“ Arbeit zu Hause
Die Homeoffice-Pauschale von 5 EUR pro Tag, maximal i. H. v. 600 EUR pro Jahr steht einem Arbeitnehmer nur an den Tagen als Werbungskosten zum Abzug zu, wenn er an diesen Tagen „ausschließlich“ zu Hause gearbeitet hat. Sucht ein Arbeitnehmer an einem Tag, wenn auch nur kurz, seine erste Tätigkeitsstätte auf, unternimmt eine Dienstreise oder fährt zu einem Sammelpunkt oder in ein weiträumiges Tätigkeitsgebiet, scheidet die Homeoffice-Pauschale für diese Tage aus.
Praxistipp | Es besteht keine gesetzliche Verpflichtung zur Vorlage einer Bescheinigung des Arbeitgebers zur Berücksichtigung der Homeoffice-Pauschale. Das Finanzamt wird aber durch die Eingaben in Zeile 31 in Anlage N einschreiten, sollten bei einem Arbeitnehmer in alter Gewohnheit 230 Arbeitstage für Fahrten zur ersten Tätigkeitsstätte eingetragen werden und gleichzeitig 120 Tage für die Arbeit im Homeoffice.
Wo ist die Homeoffice-Pauschale in Anlage N einzutragen?
Da die Vordrucke zur Einkommensteuererklärung 2020 im Zeitpunkt der Veröffentlichung des Jahressteuergesetzes 2020 bereits erstellt waren, werden Sie keine Zeile finden, in der die Aufwendungen zur Homeoffice-Pauschale abgefragt werden. Es wird empfohlen, die Werbungskosten für die Homeoffice-Pauschale in den Zeilen 46 bis 48 der Anlage N einzutragen.
Wann stellt das Arbeitszimmer den Mittelpunkt dar?
Nutzt ein Arbeitnehmer nicht nur eine Arbeitsecke oder den Küchentisch zum Arbeiten im Homeoffice, sondern nutzt er zweifelsfrei ein steuerlich anzuerkennendes häusliches Arbeitszimmer, hat er ein Wahlrecht. Er kann die neue Homeoffice-Pauschale geltend machen oder die tatsächlichen Kosten in voller Höhe, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit des Arbeitnehmers darstellt (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b S. 3, 2. Halbs. EStG).
Ein häusliches Arbeitszimmer ist der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit, wenn nach Würdigung des Gesamtbildes der Verhältnisse und der Tätigkeitsmerkmale dort diejenigen Handlungen und Leistungen erbracht werden, die für die konkret ausgeübte Tätigkeit wesentlich und prägend sind (BMF 6.10.17, IV C 6 – S 2145/07/10002; Abruf-Nr. 197093). Im Wesentlichen ist somit auf den inhaltlichen (qualitativen) Schwerpunkt der Tätigkeit abzustellen. Dem zeitlichen (quantitativen) Umfang der Nutzung kommt lediglich eine indizielle Bedeutung zu.
In dem Arbeitspapier der OFD NRW vom 16.2.2021 findet sich zu dieser Thematik die folgende – sehr steuerzahlerfreundliche – Aussage:
Beispiel
Eine Arbeitnehmerin war bisher ausschließlich im Büro ihres Arbeitgebers tätig. Aufgrund der Coronapandemie ordnete der Arbeitgeber an, dass alle Mitarbeiter ab dem 1.4.2020 ausschließlich im Homeoffice arbeiten sollen. Die Arbeitnehmerin erfüllte deshalb alle Arbeiten, die sie sonst im Büro erledigt hat, bis Ende des Jahres zu Hause.
Folge: Da die Arbeitnehmerin seit dem 1.4.2020 ausschließlich im Homeoffice tätig war und dort die für ihren Beruf wesentlichen Leistungen erbracht hat (= qualitativer Schwerpunkt), befindet sich der Mittelpunkt ihrer gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit seit 1.4.2020 in ihrem häuslichen Arbeitszimmer. Sie kann also die kompletten auf das Arbeitszimmer entfallenden Kosten in diesem Zeitfenster als Werbungskosten geltend machen. Alternativ könnte sie auch die Homeoffice-Pauschale beantragen.
Steht einem Arbeitnehmer für seine berufliche Betätigung kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung?
Wird ein häusliches Arbeitszimmer während Corona zum Arbeiten genutzt, das nicht den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung darstellt, kann ein Werbungskostenbetrag von bis zu 1.250 EUR in Betracht kommen. Das wäre der Fall, wenn dem Arbeitnehmer kein anderer Arbeitsplatz in der Einrichtung seines Arbeitgebers zur Verfügung stehen würde.
In dem Arbeitspapier der OFD NRW vom 16.2.2021 finden sich zu dieser Arbeitszimmer-Thematik folgende Praxisbeispiele:
Beispiel
Ein Arbeitnehmer, der seit April 2020 wegen Corona zu Hause arbeitete, musste ab dem 1.9.2020 wieder im Büro des Arbeitgebers arbeiten. Er durfte jedoch jede Woche an einem Tag im Homeoffice arbeiten. Die Tätigkeiten im Büro des Arbeitgebers und im Homeoffice waren qualitativ identisch.
Folge: Da der Arbeitnehmer seit 1.9.2020 gleichwertige Tätigkeiten im Büro des Arbeitgebers und im Homeoffice erbrachte, ist für die Prüfung, ob das häusliche Arbeitszimmer den Mittelpunkt darstellt, auf den zeitlichen (quantitativen) Umfang abzustellen. Danach stellt das Arbeitszimmer nicht den Mittelpunkt dar, weil die Tätigkeit des Arbeitnehmers im Büro seines Arbeitgebers einen zeitlich höheren Umfang hatte. Auch der Abzug von bis zu 1.250 EUR scheidet hier aus, weil der Arbeitnehmer einen anderen Arbeitsplatz in der Einrichtung seines Arbeitgebers hatte. Der Arbeitnehmer kann in diesem Fall ab 1.9.2020 zumindest die neue Homeoffice-Pauschale geltend machen.
* Variante 1: Der Arbeitgeber legte ab 1.9.2020 fest, dass die Mitarbeiter aufgrund der Kontaktbeschränkungen zwei Tage in der Woche im Büro und drei Tage in der Woche im Homeoffice arbeiten sollen. Die Arbeiten sind gleichwertig.
Folge: Dem Arbeitnehmer würde hier zwar ein anderer Arbeitsplatz in der Einrichtung seines Arbeitgebers zustehen. Doch da sich aufgrund der arbeitsrechtlichen Anordnung der Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Tätigkeit im häuslichen Arbeitszimmer befindet, kann der Arbeitnehmer ab 1.9.2020 die kompletten Aufwendungen für sein häusliches Arbeitszimmer als Werbungskosten geltend machen. Alternativ steht ihm natürlich wieder der Abzug der Homeoffice-Pauschale zu.
* Variante 2: Der Arbeitgeber ordnete ab 1.9.2020 an, dass es den Arbeitnehmern aus Gründen des Infektionsschutzes an zwei bestimmten Tagen in der Woche untersagt ist, das Büro des Arbeitgebers aufzusuchen.
Folge: Da dem Arbeitnehmer durch die Anordnung an zwei Tagen in der Woche kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, kann er zumindest bis zu 1.250 EUR der Arbeitszimmerkosten als Werbungskosten abziehen. Auch hier kann er als Alternative die Homeoffice-Pauschale geltend machen.
Fundstellen
* FinMin. Thüringen 17.2.21, S 1901-2020 Corona, 21.15, 30169/2021, * OFD NRW 16.02.21, Arbeitspapier zum Werbungskostenabzug bei Homeoffice-Tätigkeiten