In Steuer-Tipps für ALLE

Das im Dezember verkündete Jahressteuergesetz 2010 enthält im Vergleich zum Regierungsentwurf noch wesentliche Ergänzungen, etwa beim häuslichen Arbeitszimmer, zu Erstattungszinsen, bei eingetragenen Lebenspartnerschaften, der Umsatzsteuer oder zur Abgeltungsteuer.
Nachfolgend erhalten Sie die wichtigsten Eckpunkte im Vergleich zum Regierungsentwurf, die in den vorherigen Ausgaben noch nicht vorgestellt wurden :
Jahressteuergesetz 2010,BR-Drucksache 679/10, 5.11.10,
_Verlagerung Ausland_: BMF 24.12.99, IV B 4 – S 1300 – 111/99, BStBl I 99, 1076, Rz. 2.6.1
_Organschaft:_ BMF 19.10.10, IV C 2 – S 2770/08/10004

Einkommen- und Abgeltungsteuer

• Einführung einer neuen Steuerbefreiung in § 3 Nr. 26b EStG für ehrenamtliche Vormünder, rechtliche Betreuer und Pfleger. Ihre Aufwandsentschädigung bleibt ab dem Veranlagungszeitraum 2011 zusammen mit den steuerfreien Einnahmen als Übungsleiter nach § 3 Nr. 26 EStG bis zu 2.100 EUR im Jahr steuerfrei. Dafür entfällt für diese Betreuungsleistungen der sogenannte Ehrenamtsfreibetrag von 500 EUR, der letztmals für 2010 gewährt wird.
• Nach Aufgabe der finalen Entnahme- und Betriebsaufgabetheorie durch den BFH wird § 4 Abs. 1 EStG mit entsprechend geänderten Verweisen auf andere Vorschriften des EStG und KStG rückwirkend in allen offenen Fällen an die Verwaltungsauffassung angepasst, die das BMF im Jahre 1999 in den Betriebsstätten-Verwaltungsgrundsätzen festgelegt hatte. Das betrifft die Besteuerung stiller Reserven im Zeitpunkt der Überführung einzelner Wirtschaftsgüter, Teilbetriebe, Mitunternehmeranteile und ganzer Betriebe ins Ausland. Diese erfolgt mit dem Fremdvergleichspreis, wenn die Einkünfte aus der ausländischen Betriebsstätte durch ein DBA freigestellt sind.
• Bei Verlegung des Betriebs in einen anderen EU- oder EWR-Staat besteht durch den neuen § 36 Abs. 5 EStG in offenen Fällen die Möglichkeit, die auf den Aufgabegewinn festgesetzte Steuer auf Antrag zinslos in fünf gleichen Jahresraten zu entrichten.
• Liegt der Einlagewert von Wirtschaftsgütern, die zuvor der Erzielung von privaten Überschusseinkünften gedient haben, unter den fortgeführten Anschaffungs- oder Herstellungskosten, wird dieser ungeminderte Einlagewert als weitere AfA-Bemessungsgrundlage im Betriebsvermögen herangezogen. Die Änderung des § 7 Abs. 1 S. 5 EStG erfolgt als Reaktion auf die BFH-Rechtsprechung. Sie soll das volle AfA-Volumen sichern und durch die Anwendung erst für Einlagen ab 2011 Altfälle nicht mehr neu aufrollen.
• Zur Vermeidung von Gestaltungsmissbrauch bei den Sonderausgaben wird über die verbesserte Datenübermittlung der Abzug von Versicherungsleistungen zugunsten des Vertrags eines Dritten verhindert. Zusätzlich gilt das Abflussprinzip des § 11 Abs. 2 EStG ab 2011 – von einigen Ausnahmen zur Altersvorsorge abgesehen – nicht mehr für Beiträge zur Kran-ken- und Pflegeversicherung, sofern die Zahlungen in der Summe das 2,5-Fache der Jahresprämien überschreiten. Diese Grenze übersteigende Beiträge werden erst in dem Jahr beim Sonderausgabenabzug berücksichtigt, für das sie geleistet wurden.
• Ab 2011 kann die Kirchensteuer, die auf Kapitalerträge entfällt, nicht mehr als Sonderausgaben geltend gemacht werden, sofern diese nicht vorab dem Kapitalertragsteuerabzug unterlegen haben. Das betrifft insbesondere Einnahmen über Auslandskonten.
• Da durch das Haushaltsbegleitgesetz 2011 die Rentenversicherungspflicht für Bezieher von Arbeitslosengeld II entfällt, wird über § 10a EStG sichergestellt, dass Arbeitssuchende bei der Riester-Rente unmittelbar förderberechtigt sind.
• Für die effektivere und schnellere Nutzung der Rentenbezugsmitteilungen werden neue Sanktionen wie z.B. ein Verspätungsgeld sowie Geldbußen eingeführt, wenn die Versicherungen ihre Meldungen nicht, falsch oder verspätet übermitteln. Zudem sind die ausländische Anschrift und Staatsangehörigkeit des Leistungsempfängers anzugeben, um die beschränkte Steuerpflicht prüfen zu können.
• Als Reaktion auf die aktuelle BFH-Rechtsprechung wird in § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG geregelt, dass Zinsen auf Steuererstattungen zu den Erträgen aus sonstigen Kapitalforderungen gehören und damit weiterhin der Abgeltungsteuer unterliegen. Nachzahlungszinsen bleiben hingegen unverändert nicht abzugsfähig.
• Die Ausnahme vom Abgeltungsteuersatz wird ab 2011 für alle Kapitalerträge vereinfacht, bei denen Gläubiger und Schuldner einander nahestehende Personen sind. Dies betrifft nur noch Fälle, in denen eine Steuersatzspreizung zwischen dem Tarif bei der Einkommen- und Abgeltungsteuer gestaltet werden könnte.
• Die Information der Arbeitnehmer über die erstmals gebildeten elektronischen Lohnsteuerabzugsmerkmale – ELStAM – erfolgt rechtzeitig vor dem Start des elektronischen Verfahrens durch die Finanzämter und nicht wie zuvor gesetzlich geregelt durch die Arbeitgeber in der Lohnmitteilung. Durch diese Umstellung wird eine nochmalige Überprüfung der ELStAM vor dem Verfahrensstart ermöglicht.

Körperschaftsteuer

• Auf Vorgabe des BVerfG wird bei der Umgliederung des Körperschaftsteuerguthabens beim Wechsel vom Anrechnungs- zum Halbeinkünfteverfahren in 2001 rückwirkend in offenen Fällen auf die beanstandete Umgliederung generell verzichtet.
• Die Verlustabzugsbeschränkung beim schädlichen Beteiligungserwerb nach § 8c KStG wird ab 2010 in Hinsicht auf die stille-Reserve-Klausel verschärft und auf ausländisches Betriebsvermögen ausgeweitet.
• Die Verlustverrechnungsbeschränkung für ehemals gemeinnützige Wohnungsunternehmen wird aufgehoben. Die bislang als verrechenbar festgestellten Verluste entfallen zum 31.12.2010 ersatzlos.

Umsatzsteuer

• Die Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers nach § 13b Abs. 2 UStG im sogenannten Reverse-Charge-Verfahren wird ab 2011 auf die Lieferung von Gold in Rohform, als Halbzeug und Anlagegold erweitert.
• Die elektronische Übermittlung der Umsatzsteuer-Jahreserklärung wird verpflichtend ab 2011 eingeführt und die Abgabe in Papierform auf Härtefälle beschränkt.

Andere Gesetze

• Im Fall der vollständigen Steuerbefreiung in § 13a ErbStG für das Betriebsvermögen wird die schädliche 10-Prozent-Grenze für Verwaltungsvermögen bei Beteiligungen an Personen- und Kapitalgesellschaften entgegen dem bisherigen Vorhaben nicht eingeführt. Damit gilt bei Verwaltungsvermögen von Beteiligungsgesellschaften weiterhin die 50-Prozent-Grenze (sogenannter Kaskaden-Effekt).
• Nach der Vorgabe des BVerfG werden eingetragene Lebenspartner erbschaftsteuerlich rückwirkend in offenen Fällen für Erwerbe ab dem 1.8.2001 den Ehegatten gleichgestellt. Das gilt für den persönlichen Freibetrag, den besonderen Versorgungsfreibetrag, die Steuerklasse und den Steuertarif. Eine Gleichstellung im EStG ist hingegen noch nicht vorgesehen.
• Zur besseren Weiterleitung des Kontrollmaterials wird die Anzeigepflicht bei der Grunderwerbsteuer um die steuerliche Identifikationsnummer und künftig um die Wirtschafts-Identifikationsnummer des Veräußerers und des Erwerbers erweitert.
• Die Beschränkung des § 15b EStG für Verluste aus Steuerstundungsmodellen wird über § 8 Abs. 7 InvStG auf Investmentfonds erweitert, sofern deren Anlagepolitik darauf ausgerichtet ist, dem Anleger steuerwirksame Verluste zu vermitteln. Die Regelungen greifen auf Verluste, die aus der Rückgabe, Veräußerung oder Entnahme von Fondsanteilen sowie durch Ansatz des niedrigeren Teilwerts beim Anleger entstehen.
• Bei der Freigrenze und dem geminderten Solidaritätszuschlag werden Kapitalerträge ausgenommen, die über die Günstiger-Prüfung der tariflichen Einkommensteuer unterliegen. Dies vermeidet eine Schlechterstellung und gilt ab 2011. Sofern sich die Neuregelung zugunsten des Anlegers auswirkt, kann sie auch für 2009 und 2010 genutzt werden.
• Erfüllt ein Unternehmer seine nach § 144 AO geforderten Aufzeichnungspflichten bei der Lieferung von Waren zur Weiterveräußerung oder zum Verbrauch als Hilfsstoffe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig, wird dies als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße von bis zu 5.000 EUR geahndet.

Steuer-Tipp

Geplant waren für das Jahressteuergesetz 2010 gravierender Einschränkungen für die Straffreiheit durch Selbstanzeige sowie Einschnitte für geschlossene Fonds, auf die Gewinne nach § 6b EStG übertragen werden können. Beide Vorhaben sind in der verkündeten Fassung nicht enthalten, sollen aber in einem nachfolgenden Gesetzgebungsverfahren aufgenommen werden. Die Einschränkungen bei der Selbstanzeige (§ 371 AO) sollen jetzt kurzfristig im sogenannten „Schwarzgeldbekämpfungsgesetz“ umgesetzt werden.
Nicht umgesetzt wurde der gesetzliche Verweis in § 17 KStG auf § 302 AktG für die erforderliche Verlustübernahmeregelung bei Organschaften. Hier bleibt es bei der vereinfachten Regelung über das BMF-Schreiben aus Oktober 2010.