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Sogenannte Spritzgussformen gehören als abnutzbare bewegliche WG zum Anlagevermögen des Betriebs des Steuerpflichtigen. Der Einsatz und die zwischenzeitliche Lagerung von Spritzgussformen bei einem ausländischen Auftragnehmer ist bei funktionaler Betrachtung der einzigen inländischen Betriebsstätte zuzuordnen.

Voraussetzung ist aber, dass die tatsächliche Gewalt über das Wirtschaftsgut regelmäßig innerhalb kurzer Frist erlangt werden kann und damit im Einflussbereich des Betriebs verbleibt.

Sachverhalt

Streitig war die Berücksichtigung eines Investitionsabzugsbetrags und der Sonderabschreibungen für mehrere Spritzgussformen. Die Steuerpflichtige berücksichtigte im Streitjahr 2012 für die anzuschaffenden bzw. herzustellenden Werkzeuge gewinnmindernd einen Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG in Höhe von 28.000 EUR. Nach der Anschaffung der Spritzgussformen aktivierte sie diese als Anlagevermögen, nahm Sonderabschreibungen nach § 7g vor und berücksichtigte daneben die AfA nach § 7 Abs. 1 EStG.

Das FA sah die Verbleibensvoraussetzungen nach § 7g EStG als nicht gegeben an, da sich die Werkzeuge bzw. Spritzgussformen seit Jahren in Italien befänden. Es liege eine „unentgeltliche Überlassung der Werkzeuge“ an ein Unternehmen in Italien vor, sodass die erforderliche Nutzung in einer inländischen Betriebsstätte der Steuerpflichtigen nicht vorliege. Der Investitionsabzugsbetrag wurde daher rückgängig gemacht und die Abschreibungen für 2013 entsprechend gekürzt. Das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg.

Hintergrund

Um einen Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 S. 1 EStG oder eine Sonderabschreibung nach § 7g Abs. 5 EStG geltend machen zu können, muss sich das Wirtschaftsgut im Jahr der Anschaffung und im darauf folgenden Jahr in einer inländischen Betriebsstätte des Betriebs befinden und dort ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt werden (§ 7g Abs. 4 EStG, § 7 Abs. 6 Nr. 2 EStG).

Wird das Werkzeug, das im Eigentum steht, bei einem ausländischen Subunternehmer genutzt, sieht das Finanzamt die erste Voraussetzung als nicht erfüllt an. Das FG Niedersachsen hat dem jetzt widersprochen.

Entscheidung

Im konkreten Fall hatte das deutsche Unternehmen die Spritzgussformen herstellen lassen. Diese Werkzeuge verbrachte es zu einem Subunternehmer im Ausland, damit dieser damit auf Anweisung des Unternehmens Waren produzieren und liefern konnte. Das FG hielt diese Konstellation für „§ 7g-konform“ und gewährte den Investitionsabzugsbetrag und die Sonderabschreibung aus folgenden Gründen:

  • Das Werkzeug war der inländischen Betriebsstätte des deutschen Unternehmens zuzuordnen. Ein Indiz dafür ist schon, dass es im Bestandsverzeichnis erfasst war (BMF 20.3.17, IV C 6 – S 2139-b/07/10002-02, Rz. 38).
  • Das Werkzeug wurde nicht in einer ausländischen Betriebsstätte des deutschen Unternehmens gelagert. Stattdessen wurde es dem Subunternehmer unentgeltlich zur Nutzung überlassen. Der Subunternehmer durfte es nicht für seine eigene Produktion nutzen.
  • Das Werkzeug war funktional ausschließlich dem deutschen Betrieb zuzuordnen. Er hatte jederzeit die Möglichkeit, es herauszuverlangen.

PRAXISTIPP | Das Urteil dürfte für diejenigen Unternehmen praxisrelevant sein, die selbst angeschaffte oder hergestellte Wirtschaftsgüter (z. B. Werkzeuge) für ihre Produktion von Waren beim Auftragnehmer im In- oder Ausland einsetzen und für Folgeaufträge dort anschließend lagern. Auch für solche Wirtschaftsgüter eröffnet das Urteil nun die Möglichkeit, Investitionsabzugsbeträge steuerlich zu nutzen. Als Berater sollte man bei solchen Vertragsgestaltungen unbedingt dafür Sorge tragen, dass sich der Mandant ein jederzeitiges Zugriffsrecht und ein kurzfristiges Herausgabeverlangen vertraglich zusichern lässt. Nur dann können die Verbleibensvoraussetzungen bezüglich einer inländischen Betriebsstätte erfüllt werden.

Fundstelle
* FG Niedersachsen 15.5.18, 3 K 74/18, Rev. eingelegt, Az. des BFH: IV R 16/18