Von einem endgültigen Ausfall einer privaten Kapitalforderung i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG ist jedenfalls dann auszugehen, wenn über das Vermögen des Schuldners das Insolvenzverfahren eröffnet wurde und der Insolvenzverwalter gegenüber dem Insolvenzgericht die Masseunzulänglichkeit gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 InsO angezeigt hat.
Hintergrund
Der endgültige Ausfall einer privaten Kapitalforderung i. S. d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG in der privaten Vermögenssphäre führt zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust gemäß § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Abs. 2 Satz 2 und Abs. 4 Satz 1 EStG. Zwar fehlt es bei einem Forderungsausfall an dem eine Veräußerung i. S. d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG kennzeichnenden Rechtsträgerwechsel. Aus der Gleichstellung der Rückzahlung mit dem Tatbestand der Veräußerung einer Kapitalforderung in § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG folgt jedoch, dass auch eine endgültig ausbleibende Rückzahlung zu einem Verlust i. S. d. § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG führen kann.
Ein steuerbarer Verlust aufgrund eines Forderungsausfalls liegt jedoch erst dann vor, wenn endgültig feststeht, dass (über bereits gezahlte Beträge hinaus) keine (weiteren) Rückzahlungen (mehr) erfolgen werden. Ausnahmsweise kann der Verlust allerdings schon zu einem früheren Zeitpunkt entstanden sein, wenn bei objektiver Betrachtung bereits zu diesem Zeitpunkt nicht mehr mit Rückzahlungen auf die Forderung zu rechnen ist und ausreichende objektive Anhaltspunkte für eine Uneinbringlichkeit der Forderung vorliegen.
Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners reicht hierfür in der Regel nicht aus. Etwas anderes gilt aber dann, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird oder aus anderen Gründen feststeht, dass nicht mehr mit einer wesentlichen Änderung des Verlusts nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Insolvenzschuldners zu rechnen ist.
Entscheidung
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hatte das FG im Streitfall zutreffend den endgültigen Forderungsausfall für den Steuerpflichtigen als Insolvenzgläubiger bereits vor Abschluss des Insolvenzverfahrens in dem Zeitpunkt angenommen, in dem der Insolvenzverwalter gemäß § 208 Abs. 1 Satz 1 InsO die Masseunzulänglichkeit gegenüber dem Insolvenzgericht angezeigt hatte.
Eine andere Beurteilung ergab sich auch nicht daraus, dass nach Anzeige der Masseunzulänglichkeit grundsätzlich die Möglichkeit besteht, im Falle der Massebesserung wieder in das „normale“ Insolvenzverfahren zurückzukehren. Denn dies ändert nichts daran, dass im Zeitpunkt der nach § 208 Abs. 1 Satz 1 InsO angezeigten Masseunzulänglichkeit die Insolvenzmasse objektiv nicht ausreichend ist, um alle Massegläubiger voll zu befriedigen, sodass eine auch nur anteilige Befriedigung der Insolvenzgläubiger nicht mehr zu erwarten ist.
Im Streitfall erfüllte die Darlehensforderung des Steuerpflichtigen insbesondere nicht die Voraussetzungen einer sonstigen Masseverbindlichkeit i. S. d. § 55 Abs. 1 Nr. 2 Alternative 1 i. V. m. § 209 Abs. 2 Nr. 1 InsO. Danach zählen zu den Masseverbindlichkeiten zwar auch Verbindlichkeiten aus gegenseitigen Verträgen, die – wie im Streitfall – bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners abgeschlossen waren, soweit deren Erfüllung zur Insolvenzmasse verlangt wird. Allerdings ist die Anwendung der Vorschrift auf solche gegenseitigen Verträge beschränkt, die im Zeitpunkt der Insolvenzeröffnung von beiden Vertragspartnern noch nicht oder nicht vollständig erfüllt sind. Ein solcher Fall eines bei Insolvenzeröffnung abgeschlossenen, aber beidseits noch nicht erfüllten Schuldverhältnisses lag im Streitfall jedoch nicht vor.
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BFH 1.7.21, VIII R 28/18