Seit dem 26.10.2022 können Arbeitgeber ihren Beschäftigten steuer- und abgabenfrei einen Betrag bis zu 3.000 EUR gewähren. Das sieht die sogenannte Inflationsausgleichsprämie vor, die die Bundesregierung auf den Weg gebracht hat und der der Bundestag und Bundesrat zugestimmt haben. Hierbei handelt es sich um eine freiwillige Arbeitgeberleistung zur Linderung des inflationsbedingten Preisanstiegs.
Gesetzliche Grundlage und Zielsetzung
Am 30.9.2022 hat der Bundestag das Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz beschlossen. Der Bundesrat hat am 7.10.2022 zugestimmt. Das Gesetz ist am 25.10.2022 verkündet worden und am 26.10.2022 in Kraft getreten. Im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens ist als Teil des sog. Dritten Entlastungspakets der Bundesregierung eine Steuerbefreiung (§ 3 Nr. 11c EStG) von vom Arbeitgeber freiwillig gezahlten Inflationsausgleichszahlungen in das Gesetz eingefügt worden. Nach der Regelung bleiben „zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn vom Arbeitgeber in der Zeit vom 26.10.2022 bis zum 31.12.2024 in Form von Zuschüssen und Sachbezügen gewährte Leistungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise bis zu einem Betrag von 3.000 EUR“ steuerfrei.
Freiwillige Arbeitgeberleistung ohne Rechtsanspruch
Nach dem Gesetz handelt es sich bei der Inflationsausgleichsprämie um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers ohne Rechtsanspruch des Arbeitnehmers. Das bedeutet, dass grundsätzlich der Arbeitgeber nach seinem Ermessen entscheidet, ob und in welchem Umfang er eine steuerfreie Zusatzleistung an seine Mitarbeiter zahlen will.
Auf einer arbeitsrechtlichen Grundlage (Tarifvertrag, Betriebsvereinbarung, Individualarbeitsvertrag) kann die steuerrechtlich freiwillige Leistung auch zu einem Anspruch des Arbeitnehmers „erstarken“. Gewährt ein Arbeitgeber auf einzelvertraglicher Grundlage die Inflationsausgleichsprämie, muss er den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz beachten (Art. 3 Abs. 1 GG), darf also nicht willkürlich ohne sachlichen Grund einzelne Arbeitnehmer von der Zahlung ausschließen.
Praxistipp
Der Arbeitgeber kann eine bislang freiwillige Leistung (z. B. freiwilliges Weihnachtsgeld) auch durch eine andere freiwillige Zusatzleistung wie die Inflationsausgleichsprämie ersetzen. Dies hat den Vorteil, dass die Zusatzzahlung unter den Bedingungen des § 3 Nr. 11c EStG steuer- und abgabenfrei erfolgen kann.
Beispiel
Ein Arbeitgeber zahlt in 2023 an seine Mitarbeiter nach § 3 Nr. 11c EStG eine steuerfreie Einmalprämie von je 1.000 EUR, nimmt hiervon aber die leitenden Angestellten mit Rücksicht auf ihr deutlich höheres Gehalt aus. Dies ist zulässig, soweit der Arbeitgeber beim Ausschluss alle Mitglieder einer abgrenzbaren homogenen Gruppe gleich behandelt. Ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung liegt also vor.
Teilzahlungen im Begünstigungszeitraum
Im Begünstigungszeitraum vom 26.10.2022 bis 31.12.2024 kann der Arbeitgeber – ohne den Höchstbetrag ausschöpfen zu müssen – Prämienzahlungen in mehreren Raten erbringen. Entscheidend für die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 11c EStG ist, dass die Zahlungen bis spätestens 31.12.2024 (Kontogutschrift) erfolgen und der Höchstbetrag von 3.000 EUR pro Mitarbeiter nicht überschritten wird.
Beispiel
Der Arbeitgeber zahlt in 2022 einen Inflationsausgleich pro Mitarbeiter von 500 EUR, in 2023 jeweils 1.000 EUR und in 2024 nochmals je 500 EUR. Die einzelnen Beträge können jeweils steuer- und abgabenfrei gezahlt werden.
Merke | Inflationsausgleichsprämien sind im Lohnkonto vom Arbeitgeber aufzuzeichnen und mit einer Zweckbestimmung (Ausgleichszahlung Verbraucherpreisanstieg o. Ä.) zu kennzeichnen. Beim Arbeitgeber führt die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie im jeweiligen Veranlagungszeitraum zum Betriebsausgabenabzug.
Mehrfache Zahlung unterschiedlicher Arbeitgeber möglich
Nach dem Gesetzeswortlaut des § 3 Nr. 11c EStG ist die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie arbeitgeberbezogen. Das bedeutet, das ein Arbeitnehmer mehrfach von rechtlich unterschiedlichen Arbeitgebern die Inflationsausgleichsprämie steuerfrei bis zu jeweils 3.000 EUR bis 31.12.2024 beziehen kann.
Beispiel
Ein Arbeitnehmer arbeitet als Angestellter beim Unternehmen A und bezieht dort in 2023 eine steuerfreie Inflationsausgleichsprämie von 3.000 EUR. Im Rahmen einer geringfügigen Tätigkeit (520 EUR Job) arbeitet der Arbeitnehmer für das Unternehmen B und kann dort ebenfalls zusätzlich eine steuerfreie Prämie von z. B. 500 EUR in 2023 beziehen.
Merke | Bei der Steuerfreiheit bis 3.000 EUR pro Beschäftigtem handelt es sich um einen Steuerfreibetrag und keine Freigrenze. Das bedeutet, dass nur ein etwaiger über 3.000 EUR hinausgehender Bar- oder Sachbezug (z. B. Tankgutscheine zum Ausgleich der energiekostenbedingten Inflation) der Steuer- und ggf. der Sozialversicherungspflicht unterliegt.
Sozialversicherungsfreiheit
Soweit die Voraussetzungen der Lohnsteuerfreiheit nach § 3 Nr. 11c EStG erfüllt sind und deshalb entsprechende Zahlungen vom Arbeitgeber mit der Entgeltabrechnung lohnsteuerfrei belassen werden, ist das entsprechende Arbeitsentgelt nicht dem sozialversicherungspflichtigen Arbeitsentgelt zuzurechnen (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2 SvEV). Steuerfreie Inflationsausgleichsprämien bleiben also auch sozialversicherungsfrei.
Voraussetzungen der Steuerfreiheit von Inflationsausgleichsprämien
1. Arbeitnehmereigenschaft
Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 11c EStG gilt für Arbeitnehmer i. S. d. EStG. Arbeitnehmer sind Personen, die im öffentlichen oder privaten Dienst angestellt oder beschäftigt sind oder waren und die aus diesem Dienstverhältnis oder einem früheren Dienstverhältnis Arbeitslohn beziehen (§ 1 Abs. 1 LStDV).
Als Arbeitnehmer gelten auch Personen, die sich noch in Vorbereitung auf ein künftiges Dienstverhältnis befinden, etwa Auszubildende, Referendare oder Studenten, die von einem privaten Unternehmen fortlaufende Bezüge erhalten und sich verpflichten, nach Beendigung des Studiums in ein Dienstverhältnis zu treten.
(Betriebs-)Rentner oder Pensionäre gelten ebenfalls als Arbeitnehmer im Sinne des EStG, soweit ihnen aus einer früheren Beschäftigung oder Anstellung noch Bezüge zufließen, z. B. Werksrenten oder Pensionen. Arbeitnehmer sind ferner die Rechtsnachfolger dieser Personen, soweit sie Arbeitslohn aus dem früheren Arbeitsverhältnis ihres Rechtsvorgängers beziehen, zum Beispiel Witwer/Witwen oder Waisen.
Merke | Ein Rechtsanspruch dieser Personengruppe auf eine Inflationsausgleichszahlung besteht allerdings nicht. Es ist also zulässig, wenn ein Arbeitgeber seine Zahlungen auf das aktive Personal beschränkt.
Da es auf die Arbeitnehmereigenschaft ankommt, hingegen nicht auf die persönliche beschränkte oder unbeschränkte Steuerpflicht des Zahlungsempfängers, kann die Inflationsausgleichsprämie auch an kurzfristig beschäftigte Mitarbeiter (§ 40a Abs. 1 EStG), geringfügig entlohnte Mitarbeiter/520 EUR Job (§ 40a Abs. 2 EStG) oder an kurzfristig im Inland beschäftigte, beschränkt steuerpflichtige Arbeitnehmer (§ 40a Abs. 7 EStG) gezahlt werden.
Merke | Auch Gesellschafter oder Geschäftsführer mit Arbeitnehmereigenschaft können in den Genuss der Inflationsausgleichszahlung kommen, wenn Arbeitslohn bezogen wird und keine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt. Nicht in den Genuss der steuerfreien Prämie kommen hingegen Bezieher von gewerblichen (§ 15 EStG) oder freiberuflichen Einkünften (§ 18 EStG). Bei Arbeitsverhältnissen zwischen nahen Angehörigen kommt es für die Anerkennung der Steuerfreiheit von Zahlungen darauf an, ob die Fremdüblichkeit beachtet ist.
2. Zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn
Die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 11c EStG gilt nur bei Arbeitgeberleistungen, die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden. Für die Zusätzlichkeit gelten die Regeln des § 8 Abs. 4 EStG. „Zusätzlichkeit“ liegt nicht vor bei Gehaltsumwandlung oder bei Entgeltverzicht. In solchen Fällen ist die Arbeitgeberzahlung also steuerpflichtig und gegebenenfalls auch sozialversicherungspflichtig.
Merke | Andere steuerbegünstigte Arbeitgeberzuwendungen können neben der steuerfreien Inflationsausgleichsprämie weiterhin gezahlt werden.
3. Barlohn oder Sachzuwendung
Der Arbeitgeber hat im Rahmen des steuerlichen Freibetrags ein Wahlrecht, ob er die freiwillige Leistung ganz oder teilweise als Barlohn oder Sachzuwendung (etwa bislang nicht zugewendete Tankgutscheine) leistet.
Verhältnis zu anderen (steuerfreien) zusätzlichen Arbeitgeberzahlungen
Steuerfreie Inflationsausgleichszahlungen nach § 3 Nr. 11c EStG können neben anderen steuerfreien Zahlungen wie der bis 31.3.2022 möglichen Corona-Prämie (§ 3 Nr. 11 a EStG) oder dem Corona-Pflegebonus (§ 3 Nr. 11b EStG) gezahlt werden, eine Verrechnung findet also nicht statt. Gleiches gilt bei Bezug der Energiepreispauschale von 300 EUR, die allerdings steuer- und sozialversicherungspflichtig ist.
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* Gesetz zur temporären Senkung des Umsatzsteuersatzes auf Gaslieferungen über das Erdgasnetz, BGBl I 22, 1743