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Werden berufliche oder betriebliche Tätigkeiten zu Hause erbracht, dann können typischerweise die Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer oder die neu eingeführte Homeoffice-Pauschale geltend gemacht werden. Das Problem: Ein vom Finanzamt anzuerkennendes häusliches Arbeitszimmer ist oft nicht vorhanden und der Abzug der Homeoffice-Pauschale scheitert an den weiteren Tätigkeiten des Steuerpflichtigen. Doch damit ist ab 2023 Schluss. Nun lässt sich die Homeoffice-Pauschale – jetzt als Tagespauschale bezeichnet– nahezu immer absetzen. AStW klärt auf.

Die bis 2022 geltende Homeoffice-Pauschale

Infolge der Coronapandemie wurde für die Jahre 2020 bis 2022 eine Homeoffice-Pauschale eingeführt. Die Pauschale betrug 5 EUR täglich, maximal 600 EUR pro Jahr. Sie war immer dann als Betriebsausgabe, Werbungskosten oder Sonderausgabe abzugsfähig, wenn an einem Tag sämtliche betrieblichen oder beruflichen Tätigkeiten im Homeoffice erbracht wurden. Ein zeitlicher Mindestumfang war nicht vorgesehen, ebenso musste kein richtiges häusliches Arbeitszimmer vorliegen. Arbeiten im Wohnzimmer oder am Küchentisch genügten für den Abzug vollkommen. Zudem war es unschädlich, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit auch ein anderer Arbeitsplatz wie z. B. ein Büro beim Arbeitgeber zur Verfügung stand.

An Tagen, an denen sowohl im Homeoffice gearbeitet als auch eine auswärtige erste Tätigkeitsstätte wie z. B. der Betrieb des Arbeitgebers aufgesucht oder eine Tätigkeit im Außendienst wahrgenommen wurde, ließ sich die Pauschale nicht absetzen. Entscheidend für den Abzug war also
allein, dass an einem Tag alle betrieblichen und beruflichen Tätigkeiten in der häuslichen Wohnung erbracht wurden. Das führte in der Praxis häufig dazu, dass sich insbesondere für nebenberufliche Tätigkeiten die Homeoffice-Pauschale faktisch nicht nutzen ließ.

Beispiel 1

Max ist hauptberuflich Arbeitnehmer und nebenberuflich Vermieter mehrerer Mehrfamilienhäuser. Normalerweise arbeitet er von Montag bis Freitag von 08:00 Uhr bis 16:30 Uhr im Betrieb seines Arbeitgebers. Abends kümmert er sich im Anschluss für rund 15 Minuten um die Vermietungsobjekte am Küchentisch. Ein häusliches Arbeitszimmer im steuerlichen Sinne besitzt Max nicht.

Lösung: Max kann für seine Tätigkeit als Vermieter weder ein häusliches Arbeitszimmer noch die Homeoffice-Pauschale absetzen. Denn an den Tagen, an welchen er sich um die Vermietungsobjekte kümmert, ist Max auch auswärts für seinen Arbeitgeber tätig. Diese auswärtige Tätigkeit ist für den Abzug schädlich.

Die modifizierte Homeoffice-Pauschale als Tagespauschale ab 2023

Grundsätzlich wäre die Homeoffice-Pauschale ab 2023 ersatzlos entfallen. Allerdings hat der Gesetzgeber erkannt, dass mittlerweile das Arbeiten in der privaten Wohnung für viele Steuerpflichtige unerlässlich geworden ist. Daher wurde mit dem Jahressteuergesetz 2022 ein neuer § 4 Abs. 5 Nr. 6c EStG geschaffen. Diese neue Homeoffice-Pauschale (als Tagespauschale bezeichnet) beträgt 6 EUR pro Tag und maximal 1.260 EUR pro Jahr. Der Höchstbetrag wird damit bei 210 zu berücksichtigenden Tagen im Jahr erreicht. Grundsätzlich ist die Pauschale mit ihrer Vorgängerversion im Wesentlichen vergleichbar. Allerdings müssen nun nicht mehr sämtliche Tätigkeiten im Homeoffice erbracht werden, sondern nur der zeitlich überwiegende Teil.

Allerdings besteht ein wesentlicher Unterschied: Anders als bisher wird für den Abzug nicht auf alle betrieblichen oder beruflichen Tätigkeiten insgesamt, sondern auf die jeweils ausgeübte Tätigkeit abgestellt. Es findet also eine tätigkeitsbezogene Betrachtung statt. Das führt dazu, dass sich die Pauschale bei nebenberuflichen Tätigkeiten viel häufiger als bisher absetzen lässt.

Beispiel 2

Wie Beispiel 1. Lösung: Da ab 2023 eine tätigkeitsbezogene Betrachtung vorzunehmen ist, kann Max für jeden Tag, an dem er sich im Homeoffice um seine Vermietungsobjekte gekümmert hat, die Pauschale von täglich 6 EUR geltend machen. Das gilt auch für die Tage, an denen er den Betrieb seines Arbeitgebers aufgesucht hat.

Merke | Ab 2023 ist der Abzug der Tagespauschale bei mehreren Tätigkeiten tätigkeitsbezogen zu prüfen. Die Pauschale kann für die Tage abgezogen werden, an denen bezogen auf die jeweilige Tätigkeit

  • zeitlich überwiegend in der häuslichen Wohnung gearbeitet und keine erste Tätigkeitsstätte aufgesucht wurde oder

  • bezogen auf die jeweilige Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht und die Tätigkeit an diesem Tag in der häuslichen Wohnung ausgeübt wurde.

Alle anderen Tätigkeiten des Steuerpflichtigen werden bei dieser Beurteilung ausgeblendet, es kommt allein auf die im Homeoffice erbrachte Tätigkeit an.

Sollten an einem Tag mehrere verschiedene betriebliche oder berufliche Tätigkeiten im Homeoffice erbracht werden, dann vervielfältigt sich die ­Tagespauschale nicht. Sie gilt insgesamt pro Tag für alle Tätigkeiten. Kommt der Abzug der Pauschale jedoch bei mehreren Tätigkeiten in Betracht, dann hat der Steuerpflichtige ein Wahlrecht (BMF 15.8.23, Rz. 29). Er kann entweder

1. die Pauschale auf die verschiedenen Tätigkeiten aufteilen oder

2. die Pauschale nur einer Tätigkeit zuordnen.

AStW empfiehlt, bereits aus Vereinfachungsgründen auf eine Aufteilung der Pauschale zu verzichten. Zudem kann es lukrativ sein, die Pauschale genau der Tätigkeit zuzuordnen, bei welcher sich auch ein tatsächlicher Abzug ergibt. Das kann insbesondere dann entscheidend sein, wenn die Pauschale sowohl für eine nichtselbstständige als auch für eine weitere Tätigkeit geltend gemacht werden kann und der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nicht überschritten wird.

Beispiel

Melanie ist Arbeitnehmerin und gibt nebenberuflich Webinare. Für ihren Arbeitgeber arbeitet sie Montag bis Donnerstag im Homeoffice und am Freitag im Betrieb. Als Dozentin gibt sie Dienstag, Mittwoch und Donnerstag am Abend kurze Webinare. Ihre Werbungskosten betragen ohne Tagespauschale 500 EUR.

Lösung: Für jeden Montag kann Melanie die Tagespauschale bei ihrer nichtselbstständigen Tätigkeit geltend machen. Für die Tage Dienstag bis Donnerstag kann sie die Pauschale ebenfalls geltend machen. Diese Pauschale kann sie entweder auf beide Tätigkeiten aufteilen oder ausschließlich einer Tätigkeit zuordnen. Da Melanie den Arbeitnehmer-Pauschbetrag bei der nichtselbstständigen Tätigkeit nicht überschreitet, empfiehlt sich eine vollständige Zuordnung bei der Tätigkeit als Dozentin. Nur so wirkt sich die Pauschale vollständig aus.

Nachweise für den Abzug der Tagespauschale

Sowohl das JStG 2022 (vor allem die zugrunde liegende Gesetzesbegründung) , als auch das BMF-Schreiben vom 15.8.2023 enthalten keine konkreten Regelungen zum Nachweis der Tagespauschale. Die Kalendertage, an denen die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Pauschale erfüllt sind, sind lediglich in geeigneter Form dem Finanzamt glaubhaft zu machen. Das kann beispielsweise durch Eintragungen in einem Kalender oder durch eine Bescheinigung des Arbeitgebers erfolgen. Auch die besonderen Aufzeichnungspflichten innerhalb der Buchführung i. S. d. § 4 Abs. 7 EStG sind nicht zu erfüllen.

Beachten Sie | Der Abzug der Pauschale erfordert lediglich ein „tätig werden“ im Homeoffice. Einen zeitlichen Mindestumfang sieht weder das Gesetz noch das BMF-Schreiben vom 15.8.2023 vor. Deshalb ist die Pauschale bereits dann abzugsfähig, wenn nur minimale und kurzzeitige Tätigkeiten im Homeoffice erbracht werden. Für Vermieter genügt es beispielsweise, wenn an einem Tag ein Telefonat mit einem Mieter geführt oder diesem eine E-Mail geschickt wird.

Auch Rentner und Pensionäre können von der Tagespauschale profitieren, wenn sie neben ihrer Rente oder Pension noch andere Einkünfte beziehen und für diese im Homeoffice tätig werden. Pro „Arbeitstag“ lassen sich 6 EUR absetzen – maximal 1.260 EUR pro Jahr.

Beispiel

Frank ist Rentner. Neben seinem Rentenbezug vermietet er drei Mehrfamilienhäuser. Für diese erledigt er an zwei Tagen pro Woche den anfallenden Papierkram usw. im Homeoffice.

Lösung: Frank kann für jeden Tag mit Arbeiten im Homeoffice pauschal 6 EUR als Werbungskosten von den Mieteinkünften absetzen. Im Jahr sind das 24 EUR (52 Wochen × 2 Tage × 6 EUR).

Bei Lehrern gilt es hingegen ab 2023 einen Sonderfall zu beachten. Lehrer fahren typischerweise am Vormittag in die Schule, geben dort Unterricht und bereiten am Nachmittag im Arbeitszimmer oder Homeoffice den kommenden Unterricht vor. Die Tagespauschale lässt sich jedoch grundsätzlich nicht absetzen, da parallel zur Tätigkeit im Homeoffice die erste Tätigkeitsstätte – nämlich die Schule – aufgesucht wird. Allerdings lässt sich bei Lehrern ab 2023 auch kein häusliches Arbeitszimmer mehr absetzen. Denn ab 2023 ist ein Abzug nur noch dann zulässig, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt aller betrieblichen und beruflichen Tätigkeiten darstellt. Bei Lehrern befindet sich der Mittelpunkt der Tätigkeiten jedoch in der Schule.

Faktisch würden Lehrer trotz ihrer vielfältigen Tätigkeiten im Homeoffice ab 2023 leer ausgehen – kein Abzug eines Arbeitszimmers und keine ­Tagespauschale. Deshalb wurde mit § 4 Abs. 5 Nr. 6c Satz 2 EStG eine Sonderregelung eingeführt. Steht für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung und wird der Steuerpflichtige auch in der häuslichen Wohnung tätig, dann ist ein Abzug der Tagespauschale auch dann zulässig, wenn die Tätigkeit am selben Kalendertag auswärts oder an der ersten Tätigkeitsstätte ausgeübt wird. Für den Abzug der Pauschale ist lediglich ein Tätigwerden, aber kein zeitlich überwiegendes Tätigwerden im Homeoffice erforderlich.

Beispiel

Lehrerin Lisa hat in der Schule dauerhaft keinen Arbeitsplatz. Normalerweise unterrichtet sie 5 bis 6 Stunden am Vormittag und am Nachmittag bereitet sie für ein bis zwei Stunden den Unterricht vor.

Lösung: Auch wenn Lisa nicht überwiegend im Homeoffice tätig wird und parallel ihre erste Tätigkeitsstätte aufsucht, kann sie ab 2023 für alle Tage, an denen sie auch nur geringfügig im Homeoffice tätig wurde, die Tagespauschale von 6 EUR absetzen (maximal 1.260 EUR im Jahr). Zusätzlich lassen sich die Fahrten zur Schule über die Entfernungspauschale geltend machen.

Steht ein anderer Arbeitsplatz hingegen nur zeitweise (für einzelne Tage oder Wochen) nicht zur Verfügung, dann lässt sich die Sonderregelung nicht nutzen. Diese findet nämlich nur dann Anwendung, wenn dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Bei einer nur zeitweise fehlenden Verfügbarkeit kann die Tagespauschale nur für solche Tage geltend gemacht werden, an denen der Steuerpflichtige die erste Tätigkeitsstätte nicht aufsucht und zeitlich überwiegend im Homeoffice tätig wird.

Beispiel

Bernd ist Betriebsprüfer. Im Finanzamt steht Bernd an einem Tag in der Woche ein Arbeitsplatz in einem Gemeinschaftsbüro zur Verfügung. Bernd arbeitet entweder im Außendienst, im Homeoffice oder im Finanzamt.

Lösung: Bernd steht nicht dauerhaft kein anderer Arbeitsplatz für seine berufliche Tätigkeit zur Verfügung. Er kann die Sonderregelung nicht nutzen und die Tagespauschale nur für die Kalendertage abziehen, an denen er überwiegend im Homeoffice gearbeitet und seine erste Tätigkeitsstätte nicht aufgesucht hat.

Beachten Sie | Steht für einen Zeitraum von mindestens einem Monat kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung (z. B. infolge von Renovierungsarbeiten), ist es nicht zu beanstanden, wenn für diesen Zeitraum gleichwohl von einer Dauerhaftigkeit ausgegangen und die Sonderregelung – der vereinfachte Abzug – genutzt wird (BMF 15.8.23, Rz. 35).

Beispiel

Wie das vorhergehende Beispiel. Infolge von Renovierungsarbeiten steht dem Betriebsprüfer Bernd der Arbeitsplatz im Finanzamt für einen kompletten Monat nicht zur Verfügung.

Lösung: Da Bernd für einen Zeitraum von mindestens einem Monat infolge der Renovierungsarbeiten kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, ist es nicht zu beanstanden, wenn für diesen Zeitraum von einer Dauerhaftigkeit im Sinne des § 4 Abs. 5 Nr. 6c S. 2 EStG ausgegangen wird. Bernd profitiert deshalb für diesen Monat von dem vereinfachten Abzug der Homeoffice-Pauschale