In für BUCHHALTER & UNTERNEHMENSBERATER, für Freiberufler, für UNTERNEHMER, Steuer-Tipps für ALLE

Die Herabsetzung eines Verspätungszuschlags im Klageverfahren erfordert eine erneute Ermessensausübung. Die aufgrund einer Minderung der Steuerfestsetzung erfolgte Herabsetzung eines Verspätungszuschlags im Klageverfahren ist rechtswidrig, wenn das Finanzamt hierzu keine erneuten Ermessenserwägungen anstellt.

Sachverhalt

Die Steuerpflichtigen gaben für 2016 keine Steuererklärung ab. Daraufhin ermittelte das Finanzamt die Einkommensteuer aufgrund geschätzter Besteuerungsgrundlagen. Zugleich setzte es einen Verspätungszuschlag fest.

Im Rahmen der Entscheidung über den Einspruch der Steuerpflichtigen führte das Finanzamt aus, dass der Verspätungszuschlag lediglich 2,89 % der festgesetzten Steuer betrage. Ferner verwies es auf das Abgabeverhalten der Steuerpflichtigen in der Vergangenheit, auf seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit und die lange Dauer der Verspätung.

Nachdem der Steuerpflichtige im laufenden Klageverfahren, das sich auch auf die Steuerfestsetzung bezog, eine Einkommensteuererklärung eingereicht hatte, setzte das Finanzamt die Einkommensteuer herab. Zugleich verminderte es auch den Verspätungszuschlag, ohne erneute Ermessenserwägungen darzulegen.

Entscheidung

Das FG gab der Klage statt. Die Festsetzung des herabgesetzten Verspätungszuschlags sei zum Gegenstand des Klageverfahrens geworden. Die Voraussetzungen für die Festsetzung eines Verspätungszuschlags lägen zwar weiterhin vor. Das FA habe jedoch bei der Herabsetzung das ihm eingeräumte Ermessen (s. § 152 Abs. 1 S. 1 AO a. F.) nicht ordnungsgemäß ausgeübt.

Werde die festgesetzte Steuer, auf die sich der Verspätungszuschlag beziehe, herabgesetzt, habe der Betroffene einen Rechtsanspruch auf

* eine wiederholte Prüfung und
* eine vollständig neue Ermessensentscheidung.

Praxistipp | Ab dem Veranlagungszeitraum 2020 ist die Verspätungs­zuschlagsregelung in § 152 AO grundlegend geändert worden. Zum einen hat die Finanzbehörde jetzt grundsätzlich keinen Ermessensspielraum mehr bei der Frage, ob ein Verspätungszuschlag festzusetzen ist, wenn eine Steuererklärung verspätet abgegeben wird (§ 152 Abs. 2 AO). Zum anderen ist die Höhe des Verspätungszuschlags jetzt in § 152 Abs. 5 AO konkret festgeschrieben.

Fundstelle
FG Münster 9.4.20, 5 K 908/20