In Steuer-Tipps für ALLE

Krankheitsbedingte Unterbringungskosten in einer dafür vorgesehenen Einrichtung sind aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig und daher dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG zu berücksichtigen.
Dagegen rechnen Kosten für die altersbedingte Unterbringung in einem Altenheim zu den üblichen, steuerlich nicht abzugsfähigen Aufwendungen der Lebensführung.?
FG Niedersachsen 15.12.15, 12 K 206/14, Rev. zugelassen

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige schloss einen Heimvertrag ab, der sie berechtigt, das ihr zur Verfügung stehende Apartment als persönliche Wohnung zu nutzen. Eingeschlossen sind die Gemeinschaftsräume und die für die Bewohner geschaffenen und unterhaltenen Einrichtungen und Anlagen soweit nach der gültigen Preisliste eine besondere Gebühr nicht erhoben wird. Zusätzlich sind im monatlichen Grundgehalt insbesondere diverse Serviceleistungen enthalten.
Die Steuerpflichtige erfüllte, nachdem sie bereits ihre Wohnung im Wohnstift bezogen hatte, die Voraussetzungen der Pflegestufe I. In ihrer Einkommensteuererklärung machte sie vergeblich die Unterkunfts- und Verpflegungskosten i. H. v. insgesamt ca. 30.000 EUR als außergewöhnliche Belastung nach § 33 EStG geltend.

Entscheidung

Das FG entschied, dass krankheitsbedingte Unterbringungskosten in einer dafür vorgesehenen Einrichtung aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig erwachsen und daher dem Grunde nach als außergewöhnliche Belastungen im Sinne des § 33 EStG zu berücksichtigen sind, und zwar unabhängig davon, ob neben dem Pauschalentgelt gesondert Pflegekosten in Rechnung gestellt werden.
Dagegen rechnen Kosten für die altersbedingte Unterbringung in einem Altersheim regelmäßig zu den üblichen Aufwendungen der Lebensführung.
Allerdings kann auch im Falle der Heimunterbringung der Tatbestand des § 33 EStG ausnahmsweise erfüllt sein, wenn der dortige Aufenthalt ausschließlich durch eine Krankheit veranlasst ist.
Denn zu den Krankheitskosten gehören nicht nur die Aufwendungen für medizinische Leistungen im engeren Sinn, sondern auch solche für eine krankheitsbedingte Unterbringung.
Im Streitfall waren die angefallenen Aufwendungen für die Unterbringung der Steuerpflichtigen im Wohnstift schon dem Grunde nach keine außergewöhnlichen Belastungen im Sinne des § 33 EStG.
Der Anlass und Grund für den Umzug der Steuerpflichtigen in das Wohnstift war nicht ihre durch eine Erkrankung eingetretene Pflegebedürftigkeit. Vielmehr erfolgte der Umzug allein aus Altersgründen. Die Pflegebedürftigkeit stellte sich dagegen erst später ein.

Beachten Sie

Hat sich ein Steuerpflichtiger jedoch, wie im Streitfall, aus Altersgründen für eine Heimunterbringung entschieden und ist er nur in dem bei Personen seines Alters üblichen Umfang pflegebedürftig, sind nur die Aufwendungen nach § 33 EStG zu berücksichtigen, die für die Unterbringung in der Pflegestation eines Heims anfallen oder die dem Steuerpflichtigen zusätzlich zu dem Pauschalentgelt für die Unterbringung und eine eventuelle Grundpflege infolge Krankheit oder Pflegebedürftigkeit entstehen.
Eine Aufteilung des Pauschalpreises in übliche als Kosten der Lebensführung zu behandelnde Unterbringungskosten und außergewöhnliche Krankheits- und/oder Pflegekosten kommt dagegen nicht in Betracht.
Der einzelne Heimbewohner kann mithin bei altersbedingter Unterbringung in einem Altenwohnheim Beträge nicht als Krankheitskosten geltend machen, die im Wege von Solidarbeiträgen infolge der Mischpreiskalkulation des Heimträgers von der Gemeinschaft sämtlicher Heimbewohner aufgebracht werden.

Praxishinweis

Mit Urteil v. 15.4.2010 (VI R 51/09, BStBl II 10, 794) hat der BFH ausdrücklich offengelassen, ob die Kosten einer Heimunterbringung auch dann zu berücksichtigen sind, wenn ein Steuerpflichtiger erst nach dem Umzug in das Altenheim krank und pflegebedürftig geworden ist.
Für eine Berücksichtigung unter Anrechnung einer Haushaltsersparnis könnte nach Auffassung des BFH sprechen, dass auch bei nachträglich eintretender Pflegebedürftigkeit der weitere Heimaufenthalt aus tatsächlichen Gründen als zwangsläufig im Sinne des § 33 EStG anzusehen sein könnte.
Das FG hat daher die Revision ausdrücklich mit dem Hinweis auf die vom BFH bislang nicht entschiedene Rechtsfrage zugelassen. Außerdem ist bislang ungeklärt, ob und ggf. ab welcher Pflegestufe die Kosten für die Unterbringung eines pflegebedürftigen Steuerpflichtigen in einem Altenheim aus tatsächlichen Gründen zwangsläufig entstanden sind.