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Einer Erzieherin steht in der Kindertagesstätte kein „anderer Arbeitsplatz“ zur Verfügung, wenn ihr dort von ihrem Arbeitgeber kein büromäßig ausgestatteter Arbeitsplatz, an dem sie Schuleignungsprofile von den von ihr betreuten Kindern sowie Vor- und Nachbereitungsarbeiten durchführen kann, zugewiesen ist.

Grundsatz

Nach § 9 Abs. 5 EStG i. V. m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 b Satz 1 EStG kann ein Steuerpflichtiger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten abziehen. Die Abzugsbeschränkung gilt jedoch nicht, wenn für die berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 und 3 EStG). In diesen Fällen wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen nach Satz 3 Halbs. 1 der Vorschrift regelmäßig auf 1.250 EUR begrenzt.

Ein „anderer Arbeitsplatz“ im Sinne der Abzugsbeschränkung ist grundsätzlich jeder Arbeitsplatz, der zur Erledigung büromäßiger Arbeiten geeignet ist. Weitere Anforderungen an seine Beschaffenheit sind nicht zu stellen. Der andere Arbeitsplatz steht allerdings nur dann „für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit zur Verfügung“, wenn ihn der Steuerpflichtige in dem konkret erforderlichen Umfang und in der konkret erforderlichen Art und Weise tatsächlich nutzen kann. Übt der Steuerpflichtige nur eine berufliche Tätigkeit aus, muss geprüft werden, ob der – an sich vorhandene – andere Arbeitsplatz tatsächlich für alle Aufgabenbereiche der Erwerbstätigkeit zur Verfügung steht.

Ausgehend von diesen Grundsätzen ist die Frage, ob ein Arbeitsplatz zur Verfügung steht, tätigkeitsbezogen zu beantworten. Entscheidend ist, ob der „andere Arbeitsplatz“ geeignet ist, der beruflichen Tätigkeit dort nachzugehen. Die Eignung des Arbeitsplatzes beurteilt sich dabei nach objektiven Gesichtspunkten; subjektive Vorlieben und Befindlichkeiten der Steuerpflichtigen müssen bei der Frage der Eignung des Arbeitsplatzes grundsätzlich unbeachtet bleiben. Allein der Wunsch, lieber zu Hause zu arbeiten, ist daher für die Frage der Annehmbarkeit des Arbeitsplatzes unbeachtlich.

Entscheidung

Legt man diese Maßstäbe zugrunde, stand der Steuerpflichtigen in dem Streitjahr in der Kindertagesstätte kein „anderer Arbeitsplatz“ zur Verfügung. Ein büromäßig ausgestatteter Arbeitsplatz, an dem sie Schuleignungsprofile von den von ihr betreuten Kindern sowie Vor- und Nachbereitungsarbeiten durchführen konnte, wurde ihr von ihrem Arbeitgeber nicht zugewiesen.

Nach den Bekundungen der Steuerpflichtigen verfügte die Kindertagesstätte im Streitjahr lediglich über einen Computer, der sich im Dienstzimmer der Leiterin des Kindergartens befand und von den Erziehern ggf. mitbenutzt werden durfte. Räumlichkeiten, in denen Bastelarbeiten vorbereitet oder Portfolios zusammengestellt werden konnten, waren nicht vorhanden. Somit war es der Steuerpflichtigen in der Kindertagesstätte mit den vorhandenen und zugänglichen dienstlichen Vorrichtungen nicht möglich, die objektiv erforderlichen Tätigkeiten, die über die reine Betreuung von Kindern hinausgehen und mit ihrem Beruf verbunden sind, durchzuführen. Um ihrer beruflichen Tätigkeit umfassend nachzukommen, war sie mithin auf das häusliche Arbeitszimmer angewiesen.

Soweit das FA argumentierte, ein gesondertes Arbeitszimmer für die Tätigkeit der Klägerin als Erzieherin sei nicht erforderlich gewesen, verwies das FG darauf, dass für die Abzugsfähigkeit von Aufwendungen als Werbungskosten die Veranlassung durch die Einkünfteerzielung genügt. Die Erforderlichkeit eines häuslichen Arbeitszimmers für die Tätigkeit ist kein Merkmal des Abzugstatbestandes.

fundstelle
FG Sachsen 10.9.20, 3 K 1276/18