Das FG Niedersachsen hat jetzt in zwei Urteilen gegen die Auffassung der Finanzverwaltung und für Selbstständige, die einen Investitionsabzugsbetrag gebildet haben, entschieden.
Bestellung ist zum Nachweis der Investitionsabsicht nicht nötig
Bei einer Betriebseröffnung muss die Investitionsabsicht für die Bildung des Abzugsbetrags nicht zwingend durch eine verbindliche Bestellung wesentlicher Betriebsgrundlagen nachgewiesen werden.
Nach dem Urteil vom FG Niedersachsen lässt sich die Rechtsprechung zur Ansparrücklage nicht auf die Neuregelung zum Investitionsabzugsbetrag übertragen. Nach alter Rechtslage sollte die ungerechtfertigte Inanspruchnahme durch die Rücklagenbildung ins Blaue hinein verhindert werden.
Diese Missbrauchsgefahr ist nun nahezu ausgeschlossen, weil der Abzugsbetrag ohne Investition rückgängig zu machen ist und wegen der damit verbundenen Verzinsung kein Stundungseffekt eintritt.
Die Investitionsabsicht kann auch ohne Bestellung durch eine Konkretisierung der voraussichtlichen Investition belegt werden. Im Urteilsfall wurde die geplante Anschaffung von Solaranlagen durch Firmenangebote belegt, die neben dem Erwerb der Kollektoren auch die zum Betrieb notwendigen Teile samt Montagekosten auswiesen.
Hieraus lässt sich schließen, dass der Hausbesitzer fest entschlossen war, den geplanten Einbau auch tatsächlich zu tätigen. Eine verbindliche Bestellung der Solaranlage ist entgegen der Verwaltungsauffassung nicht erforderlich. Wird die Absicht einer voraussichtlichen Investition bezogen auf näher bezeichnete Wirtschaftsgüter hinreichend konkret dargelegt, sind insoweit keine weiteren Anforderungen zu stellen und der Abzugsbetrag kann berücksichtigt werden.
Steuer-Tipp:
Diese Sichtweise teilen auch die FG Münster und München. Da bereits eine Revision anhängig ist, können entsprechende Fälle über einen Einspruch offengehalten werden.
Späterer Zinsbeginn bei Auflösung des Investitionsabzugsbetrags
Die Aufgabe der Investitionsabsicht nach Erlass des Steuerbescheides, in dem der Abzugsbetrag berücksichtigt wurde, ist ein rückwirkendes Ereignis im Sinne des § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO.
Damit beginnt der Zinslauf erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem das rückwirkende Ereignis eingetreten ist und nicht bereits 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem der Abzugsbetrag geltend gemacht wurde. Nach Ansicht des FG kommt es für die Frage, ob und in welchem Umfang Steuernachforderungen aufgrund eines rückwirkenden Ereignisses nach § 233a AO zu verzinsen sind, nicht darauf an, ob die verfahrensrechtlichen AO-Voraussetzungen erfüllt sind. Maßgebend ist allein, ob ein rückwirkendes Ereignis vorliegt.
Die spätere Aufgabe der Investitionsabsicht ist nach der BFH-Rechtsprechung ein rückwirkendes Ereignis, weil sie die Rückgängigmachung des Abzugsbetrags im Jahr der Bildung auslöst und erst nach Erlass des Ursprungsbescheids eintritt.
Die von der Verwaltung und Teilen der Literatur vertretene gegensätzliche Auffassung ist nicht überzeugend. Insbesondere hat diese Sichtweise nicht einmal andeutungsweise einen Niederschlag in § 7g EStG gefunden.
Auch aus der Gesetzessystematik lasse sich kein abweichendes Ergebnis ableiten. Es ist auch nicht der Auffassung zu folgen, dass § 233a AO deshalb nicht zur Anwendung kommen könne, weil es in § 7g Abs. 3 S. 2 und „3 EStG eine eigenständige Korrekturnorm gibt.
Für die Anwendung des § 233a AO kommt es gerade nicht darauf an, auf welcher Norm die Änderung des betreffenden Bescheides beruht. Maßgeblich ist allein, ob ein rückwirkendes Ereignis vorliegt.