In für VERMIETER, Steuer-Tipps für ALLE

Ab 2025 soll in den Bundesländern die Grundsteuer nach neuen Spielregeln erhoben werden. Während der Übergangsphase bis 2025 bleibt dabei Zeit, um die notwendigen Daten neu zu erheben, insbesondere die Grundstücke nach den neuen gesetzlichen Vorschriften zu bewerten. Da die Länder die Neubewertung der Grundstücke unterschiedlich umsetzen, wehren sich viele Grundstückseigentümer inzwischen vor den Finanzgerichten. Was sollten Grundstückseigentümer aktuell beachten?

Hintergrund: Neuregelung der Grundsteuer durch den Bund in 2019

Das BVerfG (10.4.18, 1 BvL 11/14, BVerfGE 148, 147) hatte im April 2018 entschieden, dass das bisherige Bewertungsrecht verfassungswidrig ist und der Bundesgesetzgeber deshalb bis 31.12.2019 ein neues Gesetz erlassen muss. Für die Umsetzung neuer Bewertungsverfahren wurde eine Übergangsfrist bis Ende 2024 eingeräumt. Im Zuge der Reform müssen in Deutschland rund 36 Mio. Grundstücke neu bewertet werden – das ist eine gewaltige Herausforderung vor allem für die Finanzverwaltung.

Beachten Sie | Die Einheitswerte auf den 1.1.1935 (neue Länder) und 1.1.1964 (alte Länder) verlieren im Zuge der Grundsteuerreform am 31.12.2024 ihre Gültigkeit und dürfen ab dem 1.1.2025 nicht mehr als Berechnungsgrundlage für die Grundsteuer herangezogen werden.

Der Bundesgesetzgeber hat die Grundsteuerreform durch drei Gesetzespakete auf den Weg gebracht:

  • Das Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes (15.11.19, BGBl I, 1546) war nötig, um dem Bund ausdrücklich die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz für die Grundsteuer zu übertragen, ohne dass für deren Ausübung die Voraussetzungen des Art. 72 Abs. 2 GG vorliegen müssen. Um den Ländern die Befugnis zu umfassenden landesrechtlichen Regelungen zu ermöglichen, wird diesen für die Grundsteuer das Recht zur abweichenden Regelung nach Art. 72 Abs. 3 GG eingeräumt (sog. Länderöffnungsklausel).

  • Mit dem Grundsteuer-Reformgesetz – GrStRefG (26.11.2019, BGBl I, 1794) ändert sich ab 2025 insbesondere die Bewertung der Grundstücke. Hauptfeststellungszeitpunkt zur Ermittlung der Grundsteuerwerte nach neuen Bewertungsregeln soll der 1.1.2022 sein, die neuen Grundsteuerwerte sollen dann ab dem Jahr 2025 Anwendung finden. Hierfür müssen in den nächsten Jahren rund 36 Mio. Grundstücke in Deutschland neu bewertet werden.

  • Durch das Gesetz zur Änderung des Grundsteuergesetzes zur Mobilisierung von baureifen Grundstücken für die Bebauung (30.11.2019, ­BGBl I, 875) wird den Kommunen erstmals ermöglicht, einen erhöhten, einheitlichen Hebesatz auf baureife Grundstücke festzulegen (sogenannte neue Grundsteuer C). Durch diese Änderung soll ein finanzieller Anreiz geschaffen werden, die baureifen Grundstücke einer sachgerechten und sinnvollen Nutzung durch Bebauung zuzuführen und diese damit einem reinen Spekulationsmarkt zu entziehen.

Merke | Von der Länderöffnungsklausel, die vom Bundesgesetz abweichende Grundbesitzbewertungsregeln durch Landesrecht erlaubt, haben die Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen Gebrauch gemacht und sind teilweise vollständig oder in einzelnen Punkten vom sog. Bundesmodell abgewichen. Alle Länder, die vom Bundesmodell abweichen, haben hierzu auf Länderebene eigene Bewertungsgesetze erlassen.

Bewertungsgesetze auf dem verfassungsrechtlichen Prüfstand der Gerichte

Nach den Vorschriften des Bewertungsgesetzes im sog. Bundesmodell, das für die Grundsteuerbewertung in elf Bundesländern Anwendung findet, wird die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer, die ab dem 1.1.2025 von den Gemeinden erhoben werden wird, ganz wesentlich durch die Feststellung des Grundstückswerts auf den 1.1.2022 vorbestimmt.

Diese Feststellung erfolgt auf Basis der abgegebenen Grundsteuererklärung durch eigenständige, sog. Grundlagenbescheide des Finanzamts, sodass Einwände gegen die Höhe der Bemessungsgrundlage der künftig erhobenen Grundsteuer insofern nur durch Einspruch (§ 347 AO) gegen diese Grundsteuerwertbescheide erhoben werden können. Der nachfolgende Grundsteuermessbescheid des Finanzamts ist wiederum Grundlagenbescheid für den späteren Erlass des Grundsteuerbescheids der Gemeinde. Das bedeutet, dass Einwendungen (entweder im Einspruchsverfahren oder danach durch finanzgerichtliche Klage) gegen den Inhalt des Grundsteuermessbescheids gegen diesen geltend gemacht werden müssen, also nicht mehr gegen den späteren Grundsteuerbescheid der Gemeinde erhoben werden können (§ 351 Abs. 2 AO).

Beachten Sie | Die Frist zur Abgabe der Grundsteuer-Feststellungserklärung lief eigentlich mit dem 31.1.2023 ab. Allerdings hat nachfolgend die Finanzverwaltung großzügig Fristverlängerung gewährt. Soweit auch nach (mehrfacher) Erinnerung keine Grundsteuererklärung abgegeben wurde, konnte die Finanzverwaltung Grundsteuerwertbescheide sowie Grundsteuermessbescheide auf der Grundlage von Schätzungen versenden.

Die neuen Bewertungsregeln sind sowohl auf Basis des Bundesmodells als auch auf Basis der abweichenden Ländermodelle umstritten, die Rechtslage also insoweit nicht abschließend geklärt.

Bundesmodell

Das FG Rheinland-Pfalz (23.11.23, 4 V 1295/23, 4 V 1429/23) hatte Ende 2023 in zwei Eilentscheidungen grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die neuen Bewertungsregeln nach dem Bundesmodell erhoben: Es bestünden ernstliche Zweifel daran, dass die Regelungen des BewG überhaupt geeignet seien, eine realitäts- und relationsgerechte Grundstücksbewertung zu erreichen. Die gewählte Regelungstechnik bewirke eine im Hinblick auf Art. 3 Abs. 1 GG gleichheitswidrige Nivellierung der Grundstücksbewertung mit systematischen Unterbewertungen hochwertiger Immobilien und systematischen Überbewertungen für solche Immobilien, die sich in weniger begehrten Lagen bzw. in schlechterem baulichen Zustand befinden. Bestätigt das FG diese Rechtsansicht in der Hauptsache, muss das Gericht das Verfahren aussetzen und bei Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit der Grundsteuerbewertung im Bundesmodell eine Entscheidung des BVerfG einholen (Art. 100 Abs. 1 Satz 1 GG).

Praxistipp

Das FG Sachsen (24.10.23, 2 K 574/23) hatte demgegenüber die Bewertungsregeln im Bundesmodell für verfassungskonform erklärt. Auch hier steht die Entscheidung in der Hauptsache noch aus.

Ländermodelle

Zur neuen Grundsteuerbewertung im Landesmodell hat das FG Baden-Württemberg (11.6.24, 8 K 2368/22 und 8 K 1582/23) aktuell entschieden, dass das „modifizierte Bodenwertmodell“ des Landesgrundsteuergesetzes in Baden-Württemberg verfassungsgemäß ist. Zuvor hatte bereits das FG Nürnberg (8.8.23, 8 V 300/23) entschieden, dass auch gegen das bayerische „Flächenmodell“ keine verfassungsrechtlichen Bedenken ­bestehen.

Grundsteuerentscheidung kann ausgesetzt werden

Bislang hatte das FG Berlin Brandenburg (1.9.23, 3 V 3080/23) entschieden, dass eine Aussetzung der Vollziehung eines Grundsteuerwertbescheids nur ausnahmsweise in Betracht kommt, wenn der Antragsteller den Antrag mit verfassungsrechtlichen Zweifeln an der Gültigkeit der Neuregelungen zur grundsteuerlichen Bemessungsgrundlage im Bundesmodell begründet. Hinzukommen muss ein besonderes berechtigtes Interesse des Antragstellers, welches das öffentliche Interesse am Vollzug des Gesetzes überwiegt.

Der BFH hat aktuell weitergehend entschieden (27.5.24, II B 79/23 [AdV], BB 2024 S. 1429), dass die Bewertungsvorschriften der §§ 218ff. BewG i.d.F. des Grundsteuer-Reformgesetzes vom 26.11.19 (BGBl I 19, 1794) im sog. Bundesmodell zur Grundsteuerwertfeststellung bei der im Aussetzungsverfahren gem. § 69 Abs. 3 FGO gebotenen summarischen Prüfung verfassungskonform dahin auszulegen sind, dass auf der Ebene der Grundsteuerwertfeststellung nach §§ 218ff. BewG im Einzelfall der Nachweis eines niedrigeren (gemeinen) Werts erfolgen kann. Hierfür ist regelmäßig der Nachweis erforderlich, dass der Wert der wirtschaftlichen Einheit den festgestellten Grundsteuerwert derart unterschreitet, dass sich der festgestellte Wert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweist.

Praxistipp

Ausdrücklich nicht entschieden hat der BFH in diesem Eilverfahren über die verfassungsrechtliche Rechtfertigung der neuen Grundsteuervorschriften, weil es – über die Auslegung des einfachen Gesetzesrechts hinaus – im Streitfall auf die strittigen Fragen der Verfassungskonformität der gesetzlichen Regelung nicht ankam.

Für die Praxis bedeutet der aktuelle BFH-Beschluss, dass der Steuerpflichtige konkrete Umstände des Einzelfalls vortragen muss, die den erfolgreichen Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts für die gesamte wirtschaftliche Einheit mit der erforderlichen Abweichung zu dem im typisierten Verfahren festgestellten Grundsteuerwert im Hauptsacheverfahren möglich erscheinen lassen.

Beispiele für wertmindernde besondere Umstände
  • Erhebliches Alter des Gebäudes und dessen schlechter Instandhaltungszustand infolge seit Erbauung unterbliebener Renovierungen, sodass im Rahmen der Ermittlung des Verkehrswerts der gesamten wirtschaftlichen Einheit dem Gebäude kein erheblicher Mehrwert beizumessen und die wirtschaftliche Einheit lediglich mit dem Bodenwert gegebenenfalls abzüglich etwaiger Freilegungskosten zu bewerten ist (sog. Liquidationsobjekt)

  • Hanglage des Grundstücks mit der Folge schlechter oder praktisch unmöglicher Bebaubarkeit des Grundstücks

Korrektur des Grundsteuerwertbescheids auch nach Bestandskraft möglich

Können Grundstücksbesitzer von der neuen BFH-Rechtsprechung auch noch profitieren, wenn der Grundsteuerwertbescheid bereits ergangen, nicht mit Einspruch angefochten wurde und deshalb bestandskräftig ist?

Eine Korrektur des Grundsteuerwertbescheids vor der Grundsteuerfestsetzung im Jahr 2025 ist im Einzelfall auch ohne Rechtsbehelf möglich (s. näher Stöckel, NWB 2023, 1498). Denn in Fällen, in denen eine Korrektur von Bewertungsfehlern mangels einer Berichtigungsvorschrift der AO im ursprünglichen Feststellungsbescheid nicht mehr möglich ist, kann eine fehlerbeseitigende Fortschreibung (§ 222 Abs. 3 BewG) in Betracht kommen. Fortschreibungszeitpunkt für eine Korrektur zugunsten des Steuerpflichtigen ist dabei der Beginn des Kalenderjahrs, in dem der Fehler dem Finanzamt bekannt wird (§ 222 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2, 1. Alt. BewG).