Die Grunderwerbsteuer ist für Immobilienkäufer eine lästige finanzielle Belastung. In der Praxis werden Gestaltungsmöglichkeiten dennoch häufig nicht in Anspruch genommen. Zwei Gestaltungsmöglichkeiten bieten sich aufgrund einer neuen Verwaltungsanweisung zur Grunderwerbsteuerbefreiung und aufgrund der Erhöhung des Grunderwerbsteuersatzes in Mecklenburg-Vorpommern an.
Grundsätze zur Grunderwerbsteuerbefreiung in Bagatellfällen
Nach § 3 Nr. 1 GrEStG ist der Erwerb eines Grundstücks grunderwerbsteuerfrei, wenn der Kaufpreis für das Grundstück die Freigrenze von 2.500 EUR nicht übersteigt. Als Grundstück im Sinne des § 2 GrEStG gilt auch ein ideeller Miteigentumsanteil (Bruchteilseigentum) an einem Grundstück. Grundsätzlich erfüllt daher jeder Erwerb eines Miteigentumsanteils einen Grunderwerbsteuertatbestand und ist für die Freigrenze des § 3 Nr. 1 GrEStG als selbstständiger Steuerfall zu betrachten.
Was das genau bedeutet, erklären mehrere Beispiele aus einem koordinierten Erlass der Länder (u. a. FinMin Baden-Württemberg 6.5.08, 3 – S 450.5/25):
Beispiele
1. An einem Grundstück sind A und B beteiligt. Sie verkaufen das Grundstück für 4.000 EUR an Erwerber C. Folge: Es liegen zwei Erwerbsvorgänge vor. In beiden Fällen greift § 3 Nr. 1 GrEStG, weil die Kaufpreise jeweils unter 2.500 EUR liegen. C muss also keine Grunderwerbsteuer bezahlen.
2. An einem Grundstück ist A Alleineigentümer. Er verkauft dieses Grundstück für 5.000 EUR an B und C zum hälftigen Miteigentum. Folge: Es liegen zwei Erwerbsvorgänge vor. Da die Freigrenze von jeweils 2.500 EUR nicht überschritten wurde, fällt für B und C keine Grunderwerbsteuer an.
Für Ehegatten, die im Güterstand der Zugewinngemeinschaft leben, gelten diese Grundsätze entsprechend. Das verdeutlichen die Aussagen und das folgende Beispiel aus dem koordinierten Erlass der Länder aus 2008.
Beispiel
Ehegatten A und B sind je zur Hälfte Eigentümer eines Grundstücks. Sie verkaufen das Grundstück für 10.000 EUR an die Eheleute C und D zum jeweilig hälftigen Miteigentum. Auch C und D leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Folge: Es liegen zwei Erwerbsvorgänge vor. Die Grunderwerbsteuerbefreiung nach § 3 Nr. 1 GrEStG greift nicht, weil die beiden Kaufpreise jeweils 5.000 EUR betragen und somit über der Freigrenze von jeweils 2.500 EUR liegen.
Neue Gestaltungsüberlegung für Ehegatten
Nach dem Ergebnis einer Besprechung mit den zuständigen Vertretern der obersten Finanzbehörden der Länder, kann für diesen Beispielsfall die Grunderwerbsteuerbefreiung durch gezielte Formulierungen im Notarvertrag jedoch erreicht werden. Vereinbaren die Eheleute im Notarvertrag, dass jeder Ehegatte die Hälfte seines Miteigentumsanteils zu je ein Halb auf die beiden kaufenden Eheleute überträgt, liegen vier Erwerbsvorgänge vor (FinMin Sachsen-Anhalt 15.8.19, 42-S 4505-22).
Beispiel
Ehegatten A und B sind je zur Hälfte Eigentümer eines Grundstücks. Sie verkaufen das Grundstück für 10.000 EUR an die Eheleute C und D zum jeweils hälftigen Miteigentum. Auch C und D leben im Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Im Notarvertrag wird ausdrücklich ausgeführt, dass A und B jeweils die Hälfte ihres Miteigentumsanteils zu je ein Halb auf C und D übertragen. Folge: Es liegen vier Erwerbsvorgänge vor, bei denen die Freigrenze von 2.500 EUR jeweils nicht überschritten wird. C und D sind deshalb von der Grunderwerbsteuer befreit.
Anhebung des Grunderwerbsteuersatzes in Mecklenburg-Vorpommern
Die Landesregierung in Mecklenburg-Vorpommern hat überraschend zum 1.7.2019 seinen Grunderwerbsteuersatz von bislang 5 % auf 6 % erhöht.
- Damit soll die Abschaffung der Straßenausbaugebühr für Anlieger gegenfinanziert werden. Für Immobilienkäufer ergeben sich aus dieser Grunderwerbsteuererhöhung ein Prüfungs- und ein Gestaltungsansatz.
- Überprüfung: Haben Immobilieneigentümer vor dem 1.7.2019 einen Notarvertrag über den Kauf einer Immobilie unterzeichnet, muss im Grunderwerbsteuerbescheid überprüft werden, dass nur der 5%ige Grunderwerbsteuersatz erhoben wird. Das gilt selbst dann, wenn im Notarvertrag der Übergang von Nutzen und Lasten nach dem 1.7.2019 vereinbart ist (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG).
Gestaltungsüberlegung: Wird der Notarvertrag über einen Immobilienkauf in Mecklenburg-Vorpommern nach dem 1.7.2019 unterzeichnet, sollten Immobilieneigentümer durch gezielte Angaben im Notarvertrag dafür sorgen, dass wirklich nur die Kaufpreisanteile für die Immobilie mit dem 6%igen Grunderwerbsteuersatz besteuert werden. Denn mit allen Kaufpreisbestandteilen, die nicht die Immobilie betreffen, kann Grunderwerbsteuer gespart werden. Insbesondere folgende Kaufpreisbestandteile sollten aufgeführt werden:
- Kaufpreis für Inventar (Möbel, Sauna, etc.)
- Einbezahlte Beträge in Instandhaltungsrücklage (hierzu muss ein Hinweis im Notarvertrag erfolgen).
Praxistipp | Die für die Festsetzung der Grunderwerbsteuer zuständigen Finanzämter prüften immer häufiger, ob die Kaupreisbestandteile im Notarvertrag tatsächlichen Werten entsprechen oder ob diese unangemessen hoch angesetzt werden, nur um die Bemessungsgrundlage für die Grunderwerbsteuer zu mindern. Es empfiehlt sich deshalb, die Ermittlung der Kaufpreisbestandteile und eventuelle Nachweise aufzubewahren und dem Finanzamt im Zweifel vorzulegen.