Haben weder Erblasser oder Zuwendender noch Erbe oder Beschenkter einen Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, sieht § 16 Abs. 2 ErbStG lediglich einen Freibetrag von 2.000 EUR (bis 2008: 1.100 EUR) vor.
Für unbeschränkt Steuerpflichtige gelten nach § 16 Abs. 1 ErbStG abhängig vom Verwandtschaftsgrad wesentlich höhere Freibeträge.
Diese Ungleichbehandlung stellt nach einem aktuellen Urteil des FG Baden-Württemberg keinen Verstoß gegen das EU-Recht dar, weil eine Besserstellung dazu führen würde, dass Personen ihr Vermögen auf möglichst viele EU-Staaten verteilen und mehrfach von den jeweiligen Freibeträgen profitieren. Betroffen sind insbesondere Ehepaare oder Lebensgemeinschaften, die im Alter dauerhaft ins Ausland umziehen und weiterhin Immobilien oder Firmenbeteiligungen in Deutschland besitzen.
_Beschränkte Steuerpflicht:_ FG Baden-Württemberg 29.10.08, 2 K 1986/07; 6.6.06, 9 V 14/06
FG Düsseldorf 14.11.08, 4 K 2226/08 Erb, beim EuGH unter C-510/08
FG München 5.11.03, 4 K 4790/01, EFG 04, 410
BFH 21.9.05, II R 56/03, BStBl II 05, 875; 12.1.01, VI R 64/98, BFH/NV 01, 1231
_Wohnsitz:_ BFH 19.3.97, I R 69/96, BStBl II 97, 447, 28.1.04, I R 56/02, BFH/NV 04, 917 und 24.1.01, I R 100/99, BFH/NV 01, 1402
EuGH 11.12.03, C-364/01, HFR 04, 275
_Kapitalverkehrsfreiheit:_ EuGH 17.1.08, C-256/06; 11.9.08, C-11/07; C-43/07
Unbeschränkt Steuerpflichtigen steht ein höherer Freibetrag zu, da sie mit dem gesamten Vermögen der Erbschaftsteuer unterliegen, während bei Ausländern nur das Inlandsvermögen besteuert wird. Diese Differenzierung könnte höchstens zu einer Diskriminierung von im Ausland wohnenden EU-Bürgern führen, wenn mindestens 90 % und damit nahezu das gesamte Vermögen der inländischen Steuer unterliegen würde.
Die Wohnung im Inland muss dem Steuerpflichtigen als ständige Bleibe dadurch dienen, dass er sie ständig oder doch mit einer gewissen Regelmäßigkeit und Gewohnheit benutzt. Dieser Wohnsitz muss zwar nicht dauernd oder für eine Mindestzeit genutzt werden und auch nicht den Mittelpunkt der Lebensinteressen bilden. Ein Wohnsitz im Inland wird aber auch nicht dadurch begründet, dass jemand sich bei dauerndem und langfristigem Aufenthalt im Ausland nur gelegentlich im Urlaub oder zu Besuchszwecken in seiner Wohnung aufhält. Im Urteilsfall hatten sich die Betroffenen jährlich etwa sechs bis acht Wochen in der Wohnung in Deutschland aufgehalten. Ein solcher kurzfristiger Aufenthalt genügt nicht, um einen Wohnsitz zu begründen oder beizubehalten.
Steuer-Tipp
Sofern der persönliche Freibetrag und bei Ehegatten sowie dem eingetragenen Lebenspartner der Versorgungsfreibetrag durch einen Zweitwohnsitz in Deutschland „gerettet“ werden soll, fließt allerdings das gesamte in- und ausländische Vermögen in die Bemessungsgrundlage ein. Macht das Inlandsvermögen einen Großteil des Gesamtnachlasses aus, ist es lohnend, die Freibeträge im Rahmen der unbeschränkten Steuerpflicht in Anspruch zu nehmen. Nach dem EuGH-Urteil zum Fall Barbier sind die Grundsätze der Kapitalverkehrsfreiheit auch auf die Erbschaftsteuer anwendbar.
Betroffene sollten ihren Fall offenhalten, da es zum Streitfall ein anhängiges Verfahren beim EuGH gibt. Das FG Düsseldorf hat diese Frage dem EuGH vorgelegt, weil es den Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit nicht für gerechtfertigt hält. Es sei kein zwingender Grund des Allgemeininteresses für die Differenzierung erkennbar.