In für UNTERNEHMER

Die Länderfinanzbehörden haben mittlerweile fünf Erlasse zur Anwendung der Erbschaftsteuerreform veröffentlicht. Die einzelnen Inhalte zu Verfahrensvorschriften, der Bewertung von land- und forstwirtschaftlichem, betrieblichem Vermögen und Immobilien sowie zu weiteren geänderten Regelungen sind sehr umfangreich, teilweise mit anschaulichen Beispielen ergänzt und beinhalten eine Vielzahl von Neuerungen. Die bisherigen ErbStR können bis zur Neufassung zu den darüber hinaus gehenden Sachverhalten weiter verwendet werden. Es ist ratsam, sich intensiv mit den Erlassen auseinandersetzen. Das betrifft neben den geänderten Berechnungen der Bemessungsgrundlage beim Grundbesitz und dem Betriebsvermögen insbesondere die verschiedenen Verschonungsregelungen der neuen §§ 13a und 13b ErbStG.
Gleichlautende Erlasse der obersten Finanzbehörden der Länder
Geänderte Vorschriften des ErbStG 25.6.09, BStBl I 09, 713
Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften und des Betriebsvermögens, 25.6.09, BStBl I 09, 698
Bewertung des Grundvermögens, 5.5.09, BStBl I 09, 590
Bewertung des land- und forstwirtschaftlichen Vermögens, 1.4.09,
BStBl I 09, 552
Form- und Verfahrensfragen bei der Feststellung von Grundbesitzwerten, Anteilswerten und Betriebsvermögenswerten, 30.3.09, BStBl I 09, 546


Bei Immobilien geht es neben dem gesonderten Erlass zur Berechnung von Bodenrichtwerten sowie Vergleichs-, Ertrags- und Sachwertverfahren nach dem BewG in einem zweiten Schreiben um die neuen Vergünstigungen im ErbStG. Eine ähnliche Aufteilung zwischen Bewertung und Steuerbefreiung durch Verschonungsabschlag und Abzugsbetrag erfolgt für das betriebliche Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften.

Steuerfreies Wohneigentum

• Die bereits bekannte Steuerbefreiung für verschenkte Familienheime unabhängig vom Wert nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG wird auf den eingetragenen Lebenspartner sowie Grundstücke im EU- und EWR-Raum erweitert. Für das begünstigt erworbene Grundstück besteht keine Behaltenspflicht, sodass die Veräußerung oder Nutzungsände-rung unmittelbar nach der unentgeltlichen Zuwendung unschädlich ist.
Die neue Steuerbefreiung für Familienheime im Todesfall bei Ehegat-ten, eingetragenen Lebenspartnern, Kindern sowie Enkeln bei vorver-storbenen Kindern nach § 13 Abs. 1 Nr. 4b und 4c ErbStG gelingt nur bei Eigennutzung von Erblassern und Nachkommen. Hierunter ist der Mittelpunkt des familiären Lebens zu verstehen. Ferienwohnungen und die Zweitwohnung des Berufspendlers scheiden aus. Bei Mischnutzung erfolgt die Aufteilung auf die begünstigte Wohnung nach dem Flächenschlüssel.
Das geerbte Familienheim muss vom Eigentümer bewohnt werden, sodass die unentgeltliche Übertragung durch den Nachkommen unter Vorbehaltsnießbrauch oder gegen Wohnrecht schädlich ist.
Der steuerfreie Erwerb durch Kinder ist auf die Fläche von 200 qm beschränkt. Maßgebend ist die vom Erblasser bewohnte Fläche. Sofern beispielsweise zwei Kinder je 150 qm erben, ist der Erwerb von insgesamt 300 qm nur anteilig mit zwei Dritteln begünstigt.
Das häusliche Arbeitszimmer fällt unter die Nutzung zu Wohn-zwecken, selbst wenn das Büro an den Arbeitgeber vermietet ist.
Schulden und Lasten im Zusammenhang mit dem begünstigten Eigenheim sind nicht abzugsfähig.
Der Tatbestand der Eigennutzung muss bei zwingenden Gründen wie Tod, Pflegebedürftigkeit oder rechtlichen Hindernissen bei minderjährigen Kindern nicht erfüllt werden. Ein beruflich bedingter Ortswechsel ist hingegen schädlich, wenn die Wohnung anschließend verkauft, vermietet wird oder längerfristig leer steht.

Mietwohnimmobilien

Für den pauschalen Wertabschlag von 10 % bei Mietwohnimmobilien nach § 13c ErbStG sind die Verhältnisse im Besteuerungszeitpunkt maßgebend, sodass das Objekt anschließend verkauft, gewerblich oder selbst genutzt werden kann.
Handelt es sich um begünstigtes Betriebsvermögen, darf der Abschlag nicht vorgenommen werden. Damit soll eine doppelte Steuer-befreiung verhindert werden.
Schulden im Zusammenhang mit solchen begünstigten Mietwohn-grundstücken können nur mit 90 % abgezogen werden.
Eine unentgeltliche Überlassung sowie der Erwerb des Nutzungsrechts an einem Mietwohngrundstück sind nicht begünstigt. In diesem Fall kann nur der Eigentümer den Abschlag geltend machen.
Wird ein zunächst steuerfreies Familienheim innerhalb von zehn Jahren vermietet, kann der Bewertungsabschlag nicht nachträglich in Anspruch genommen werden, auch wenn die Steuerfreiheit rückwirkend entfällt.
Unschädlich ist eine andere Nutzung von untergeordneter Bedeutung. Das gilt etwa beim Arbeitszimmer oder der gewerblichen oder freiberuflichen Mitbenutzung, wenn der Wohnzweck überwiegt.
Bei gemischt genutzten Immobilien erfolgt eine Aufteilung nach den Flächenverhältnissen zum Besteuerungszeitpunkt. Der Abschlag wird dann nur vom zu Wohnzwecken vermieteten Gebäudeteil vorgenommen.

Weitere Regelungen im ErbStG

Der niedrigere Verkehrswert von Immobilien kann durch ein Gutachten oder den tatsächlichen Kaufpreis nachgewiesen werden. Hierbei dürfen auf dem Objekt lastende Nutzungsrechte – anders als bei der Bewertung des Grundvermögens – berücksichtigt werden.
Das Abzugsverbot des § 25 ErbStG ist für Erwerbe ab 2009 entfallen, sodass sich der Kapitalwert der Nutzungs- und Rentenverpflichtungen als Minderposten voll auswirkt. Maßgebend ist die Sterbetafel des statistischen Bundesamts. Hier kommt es zu einer rückwirkenden Berichtigung, wenn der Tod des Berechtigten innerhalb der in gemäß § 14 Abs. 2 BewG genannten Mindestlaufzeiten von bis zu zehn Jahren eintritt.
Die Anweisungen erläutern anhand eines Rechenbeispiels die Anwendung des § 14 ErbStG bei einem Vorerwerb bis 2008.
Bei Mietwohngrundstücken besteht im Erb- und Schenkungsfall ein Rechtsanspruch auf Stundung bis zu zehn Jahren, soweit der Erwerber die Steuer nur durch Veräußerung der Immobilie und nicht aus weiterem Vermögen aufbringen kann. Dabei ist jedoch zuvor die Möglichkeit der Kreditaufnahme auszuschöpfen. Die Stundung erfolgt bei Erwerben von Todes wegen zinslos.

Betriebliches Vermögen

Insbesondere im Bereich des Betriebsvermögens sind die Verwaltungs-anweisungen sehr umfangreich und enthalten viele praxisrelevante Details.
Bei der Bewertung von Betriebsvermögen kann grundsätzlich zwischen dem Nachweis per Gutachten und dem vereinfachten Er-tragswertverfahren gewählt werden. Der Ertragswert nach dem BewG kann jedoch nicht beansprucht werden, wenn der Substanzwert höher ist oder das Ergebnis zu offensichtlich unzutreffenden Werten führt.
Sind zum Bewertungsstichtag Umstände bekannt, dass sich der künftige Jahresertrag verändern wird, ist dies auch beim Ertragswertverfahren zu berücksichtigen.
Der Substanzwert kann aus Vereinfachungsgründen aus dem vorangegangenen Jahresabschluss abgeleitet werden.
Bei Anteilen an Kapitalgesellschaften von mehr als 25 % kommt ein Paketzuschlag von bis zu einem Viertel in Betracht
.
Zur Bemessung des Unternehmerlohns bei Personenunternehmen als Minderungsposten des Ertragswerts sind die Grundsätze zur verdeckten Gewinnausschüttung anwendbar.
Bei den Privilegien in § 13a ErbStG für begünstigtes Betriebsvermögen ist auf jede selbstständige Einheit gesondert abzustellen, also für Betriebe mit weniger als zehn Beschäftigten, Überentnahmen oder Behaltefristen. Die Berechnung des Verschonungsabschlags und des Abzugsbetrags erfolgt hingegen von der positiven Summe des Betriebsvermögens. Auch für die Lohnsumme sowie den Antrag auf vollständige Steuerbefreiung wird auf alle Einheiten abgestellt.
Begünstigt sind Anteile an Kapitalgesellschaften nur, wenn der Erblasser oder Schenker mehr als 25 % des Nennkapitals besitzt. Hierbei dürfen Anteile mit einheitlicher Stimmrechtsausübung auch dann einbezogen werden, wenn einzelne Gesellschafter auf ihr Stimmrecht verzichten.
Der Antrag auf komplette Steuerfreiheit nach § 13a Abs. 8 ErbStG kann bis zum Eintritt der Bestandskraft des Steuerbescheids gestellt werden.
Nicht zum schädlichen Verwaltungsvermögen nach § 13b Abs. 2 ErbStG gehören Geld, Sicht- und Sparanlagen, Festgeldkonten sowie Forderungen aus Lieferungen und Leistungen.