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Bei der Beurteilung, ob eine erste Tätigkeitsstelle i. S. d. § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG vorliegt, ist entscheidend, ob der Arbeitnehmer aus der ex-ante-Sicht nach den arbeits- oder dienstrechtlichen Festlegungen an einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung nach Bestimmung des Arbeitgebers tätig werden sollte. Auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit, die der Arbeitnehmer dort ausübt, kommt es nicht an.

Sachverhalt

Streitig war die Berücksichtigung von Fahrtkosten als Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte i. S. v. § 9 Abs. 4 EStG bzw. als Fahrten zu einer Auswärtsstätte.

Der Steuerpflichtige wohnt mit seiner Ehefrau in A-Stadt und ist Beamter. Er arbeitet als Dozent an einer Hochschule des Landes Hessen. Mit Schreiben vom 27.6.2011 ordnete der Dienstherr ihn mit Wirkung vom 1.8.2011 für die Dauer von sechs Monaten von seiner bisherigen Dienststelle an die Hochschule ab. Mit Schreiben vom 12.1.2012 verlängerte der Dienstherr die Abordnung bis auf Weiteres. Am 3.3.2013 versetzte der Dienstherr den Steuerpflichtigen von seiner bisherigen Dienststelle an eine andere Dienststelle. Auf die laufende Abordnung hatte die Versetzung keine Auswirkung. Der Steuerpflichtige arbeitete im Streitjahr 2017 durchgängig als Dozent an der Hochschule. Er suchte die Hochschule im Veranlagungszeitraum 2017 an 158 Arbeitstagen und die Dienststelle an einem Arbeitstag auf.

Der Steuerpflichtige war der Meinung, dass die Fahrtkosten zur Hochschule nach Reisekostengrundsätzen und nicht im Rahmen der Entfernungspauschale zu berücksichtigen seien, da seine erste Tätigkeitsstätte die Dienststelle sei.

Entscheidung

Dies sah das FG jedoch anders, indem es die Frage der dauerhaften Zuordnung zugunsten der Hochschule entschied.

Die Zuordnung zu einer solchen Einrichtung wird gemäß § 9 Abs. 4 Satz 2 EStG durch die dienst- oder arbeitsrechtlichen Festlegungen sowie die diese ausfüllenden Absprachen und Weisungen bestimmt. Ist der Arbeitnehmer einer bestimmten Tätigkeitsstätte arbeits- oder dienstrechtlich zugeordnet, kommt es aufgrund des Direktionsrechts des Arbeitgebers für die Bestimmung der ersten Tätigkeitsstätte auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit, die der Arbeitnehmer dort ausübt oder ausüben soll, nicht mehr an.

Das FG kam zu der Überzeugung, dass auch die Abordnung des Steuerpflichtigen neben der Versetzung eine dauerhafte Zuordnung durch den Arbeitgeber darstellt, sodass eine nicht eindeutige Festlegung i. S. d. § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG vorliegt. Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass der Steuerpflichtige in der Dienststelle jedoch nicht in einem noch hinreichenden Umfang nach § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG tätig wird, ist seine erste Tätigkeitsstätte nur an der Hochschule begründet.

Sowohl Abordnung als auch Versetzung sind dienstrechtliche Festlegungen des Dienstherrn in seiner Funktion als Arbeitgeber, die im konkreten Einzelfall zu gegenläufigen Entscheidungen und damit zu einer nicht eindeutigen Festlegung i. S. d. § 9 Abs. 4 Satz 4 EStG führen. Der Steuerpflichtige wurde aber in seiner Dienststelle nicht in einem noch ausreichenden Umfang tätig, weshalb von den beiden widerstreitenden Zuordnungen lediglich die Zuordnung zur Hochschule eine Tätigkeitsstätte qua aktiver Tätigkeit i. S. d. § 9 Abs. 4 Satz 3 EStG und damit erste Tätigkeitsstätte des Steuerpflichtigen begründet.

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FG Hessen 15.7.21, 7 K 603/19, Rev. zugelassen