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Das FG München hat sich aktuell mit dem Thema Bauträger und der Erstattung der zu Unrecht abgeführten Umsatzsteuer beschäftigt. Das Urteil des FG München ist von großer praktischer Bedeutung und widerspricht insbesondere den neuen Anweisungen des BMF. Gemäß dem Urteil des FG München schuldet ein Bauträger, der die bebauten Grundstücke weiterveräußert oder vermietet hat, in den Jahren 2011 bis 2013 nicht die Umsatzsteuer für Bauleistungen, die ein inländischer Bauhandwerker an ihn erbracht hat.

Fundstelle
FG München 10.10.17, 14 K 344/16, Rev. beim BFH unter XI R 21/17

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Das Finanzamt kann dies nicht davon abhängig machen, dass der Bauträger dem Bauhandwerker die Umsatzsteuer auf den ihm in Rechnung gestellten Nettobetrag bezahlt hat oder, dass das Finanzamt mit dem Anspruch des Bauhandwerkers gegen den Bauträger auf Zahlung der Umsatzsteuer aufrechnen kann.

Hintergrund

Mit einem Urteil aus August 2013 (V R 37/10) hatte der BFH klargestellt, dass ein Bauträger keine Bauleistungen erbringt und damit kein Steuerschuldner als Leistungsempfänger von Bauleistungen im Sinne des § 13b UStG sein kann. Das BMF hat sich den Rechtsprechungsgrundsätzen des BFH In einem BMF-Schreiben vom 26.7.2017 angeschlossen.

Sachverhalt

Die Klägerin ist Bauträgerin. Sie hatte als Leistungsempfängerin die Umsatzsteuer für von Bauhandwerkern bezogene Bauleistungen entsprechend der damaligen Verwaltungsauffassung – also vor dem BFH-Urteil aus 2013 – nach § 13b UStG versteuert. Der BFH hatte der Verwaltungsauffassung in 2013 widersprochen. Mit Bezug auf dieses Urteil begehrte die Bauträgerin eine entsprechende Umsatzsteuerminderung.

Dies lehnte das FA ab. Ein Erstattungsanspruch der Klägerin als Bauträgerin sei davon abhängig, dass diese die Umsatzsteuer an den Bauhandwerker als ihren Vertragspartner bezahlt habe oder, dass das Finanzamt mit dem vom Bauhandwerker an das Finanzamt abgetretenen Anspruch auf Bezahlung der Umsatzsteuer gegen die Bauträgerin aufrechnen könne.

Entscheidung

Das Finanzgericht entsprach dem Klagebegehren aus folgenden Gründen:

  • Die Klägerin schuldet die Umsatzsteuer nicht nach § 13b UStG. Denn die Bauträgerin verwandte die Eingangsumsätze nicht für Bauleistungen, sondern ganz überwiegend für eine nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreie Grundstückslieferung und im Übrigen für Vermietungen.
  • Die Voraussetzungen zur Annahme einer Änderung der Bemessungsgrundlage nach § 17 UStG liegen nicht vor. Auch eine entsprechende Anwendung der Vorschrift kommt nicht in Betracht.

Unerheblich ist, ob die Bauträgerin die Steuer nachträglich an die Bauhandwerker gezahlt hat oder ob das FA mit dem Erstattungsanspruch gegen nach § 27 Abs. 19 UStG n. F. vom leistenden Unternehmer an die Finanzbehörde abgetretene (zivilrechtliche) Forderungen aufrechnen kann. Denn ein solches Erfordernis ergibt sich

  • weder aus dem § 27 Abs. 19 UStG
  • noch aus dem Grundsatz von Treu und Glauben
  • noch aus dem Unionsrecht.

§ 27 Abs. 19 UStG regelt nicht die Steuerschuld des Leistungsempfängers und erweitert diese daher auch nicht. Die Vorschrift beschränkt sich auf Regelungen hinsichtlich des Leistenden. Das Erstattungsverlangen des Leistungsempfängers wird lediglich erwähnt. Der Erstattungsanspruch des Leistungsempfängers ist vielmehr der Grund für die Regelungen hinsichtlich des Leistenden und wird in der Vorschrift also vorausgesetzt. Das ergibt sich nicht zuletzt auch aus der Gesetzesbegründung.

Der Grundsatz von Treu und Glauben vermag keine Steuerschuld des Leistungsempfängers zu begründen. Zwar ist dieser Grundsatz in allen Rechtsgebieten allgemein anerkannt und gebietet es innerhalb eines bestehenden Steuerrechtsverhältnisses für Steuergläubiger wie Steuerpflichtige gleichermaßen, dass jeder auf die Belange des anderen Teils Rücksicht nimmt.

Ein widersprüchliches Verhalten ist damit nicht zu vereinbaren. Allerdings hat der Grundsatz lediglich rechtsbegrenzende Wirkung innerhalb bestehender Schuldverhältnisse und setzt demnach eine Identität der Rechtssubjekte voraus. Damit kann der Grundsatz nicht dazu führen, dass Steueransprüche oder Steuerschulden überhaupt erst zum Entstehen oder Erlöschen gebracht werden.

Schließlich ergibt sich aus dem Unionsrecht keine Steuerschuld der Klägerin. Das Unionsrecht verbietet es nicht, dass ein nationales Rechtssystem die Erstattung von zu Unrecht erhobenen Steuern unter Umständen ablehnt, die zu einer ungerechtfertigten Bereicherung der Anspruchsberechtigten führen würden.

Praxishinweis

Das Urteil ist von großer praktischer Bedeutung und widerspricht insbesondere den neuen Anweisungen des BMF (26.7.17, III C 3 – S 7279/11/10002-09 und IV A 3 – S 0354/07/10002-10, 2017/0658012, Rz. 15a).

Nach dem Urteil können Bauträger im Rahmen der Verjährung und der Änderungsvorschriften jederzeit eine Erstattung für die zu Unrecht gemäß § 13b UStG gezahlten Steuern verlangen.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung hat das Finanzgericht die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.