Der Regierungsentwurf zum Erbschaftsteuerreformgesetz von Anfang 2008 wurde noch in einigen Punkten korrigiert.
Das nunmehr beschlossene neue Gesetz tritt am 1.1.2009 in Kraft und ist ab diesem Zeitpunkt zwingend anwendbar.
Für Erbfälle zwischen dem 1.1.2007 und 31.12.2008 ist auf Antrag ein Wahlrecht zwischen altem und neuem Recht vorgesehen. Dieses Wahlrecht bezieht sich allerdings nicht auf die höheren Freibeträge.
Nachfolgend die wichtigsten Änderungen im Überblick:
Entwurf eines Gesetzes zur Reform des Erbschaftsteuer- und Bewer-tungsrechts (Erbschaftsteuerreformgesetz – ErbStRG), Beschlussempfeh-lung des Finanzausschusses 25.11.08, BT-Drs. 16/11075
Die Tarife in den Steuerklassen II und III werden – wie zuvor diskutiert – nicht angepasst. Der Steuersatz soll mit 30 v.H. beginnen und bei 50 v.H. enden. Das führt trotz des leicht auf 20.000 EUR ansteigenden persönlichen Freibetrags zu einer deutlichen Verschärfung. Obwohl der eingetragene Lebenspartner weiterhin zur Steuerklasse III gehört, wird er in den Regelungen des neuen ErbStG wie ein Ehegatte behandelt.
Das zu eigenen Wohnzwecken genutzte Familienheim soll nach § 13 Abs. 1 Nr. 4a ErbStG unabhängig vom Wert dann steuerfrei bleiben, wenn es zu Lebzeiten an den Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner übergeht und es sich um ein bebautes Grundstück im EU- und EWR-Raum handelt.
Über eine neue Nr. 4b des § 13 Abs. 1 ErbStG kommt es ab 2009 zu einer Steuerfreistellung im Erbfall, sofern dem Ehegatten oder eingetragenen Lebenspartner ein vom Erblasser bis dahin selbst genutztes Wohneigentum zugewendet wird. Auf den Wert und die Größe der Immobilie kommt es dabei nicht an. Allerdings muss der überlebende Partner das Familienheim anschließend ebenfalls zu eigenen Wohnzwecken nutzen. Gibt er diese Nutzung innerhalb von zehn Jahren auf, entfällt die gesamte Steuerbefreiung rückwirkend. Eine Ausnahme gilt, wenn zwingende Gründe wie Tod oder Wechsel in ein Pflegeheim innerhalb dieses Zeitraums vorliegen.
Unter den gleichen Voraussetzungen soll die Zuwendung einer Wohnung an Kinder oder Enkel verstorbener Kinder steuerfrei sein. Allerdings soll dies im Gegensatz zu den Regelungen für Ehegatten nur gelten, soweit die Wohnfläche maximal 200 m² umfasst. Übersteigende Flächenanteile müssen versteuert werden. Die Wohnflächenbegrenzung wirkt also wie ein Freibetrag.
Für geerbte Mietwohngrundstücke sowie selbst genutzte Wohnungen soll es einen gesetzlichen Anspruch auf zinslose Stundung der hierauf entfallenden Erbschaftsteuer geben. Allerdings darf der Erwerber die Steuer nicht aus dem sonstigen Nachlass oder seinem eigenen Vermögen zahlen können. Bei Aufgabe der Selbstnutzung wegen Veräußerung entfällt die Stundung. Bei Vermietung nach Beendigung der Selbstnutzung kann ein weiterer Aufschub erreicht werden, damit die gestundete Erbschaftsteuer aus den laufenden Erträgen entrichtet werden kann.
Die Einzelheiten zur Feststellung von Grundbesitzwerten werden nicht wie ursprünglich geplant in einer Grundvermögensbewertungsverordnung, sondern unmittelbar in den §§ 183 bis 198 Bewog nebst Anlagen hierzu geregelt. An den bereits bekannten Verfahren ändert sich hingegen nichts.
Die Einzelheiten zur Bewertung von Anteilen an Kapitalgesellschaften und Betriebsvermögen werden nicht durch Verordnung, sondern unmittelbar in den §§ 199 bis 203 Bewog nebst Anlagen hierzu geregelt.
Für die Steuerfreistellung von begünstigtem Betriebsvermögen, land- und forstwirtschaftlichem Vermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften sind zwei Optionsmöglichkeiten vorgesehen. Die Wahl ist bindend und kann nicht nachträglich revidiert werden.
# Der Grundsatz: 85 v.H. des Betriebsvermögens sollen steuerfrei bleiben (Verschonungsabschlag), wenn das Unternehmen sieben Jahre fortgeführt wird, die Lohnsumme am Ende des Zeitraums nicht unter 650 v.H. der Ausgangssumme gesunken ist und das unschädliche Verwaltungsvermögen maximal 50 v.H. beträgt. Es gibt aber keine „Fallbeilwirkung“, sodass es im Falle eines Verstoßes gegen die Behaltensregelung nur zu einem anteiligen Verschonungswegfall – pro Jahr 14,28 v.H. – kommt. 15 v.H. des Betriebsvermögens wird als nicht produktiv eingestuft. Mindestens 15 v.H. des Betriebsvermögens unterliegen daher immer der Besteuerung. Für diesen 15-prozentigen Anteil soll allerdings ein gleitender Abzugsbetrag in Höhe von 150.000 EUR gewährt werden. Der gleitende Freibetrag wird nur einmal innerhalb von 10 Jahren für von derselben Person anfallende Erwerbe gewährt.
# Auf Antrag: Das gesamte begünstigte Betriebsvermögen soll steuerfrei bleiben, wenn das Unternehmen zehn Jahre fortgeführt wird, 1.000 v.H. der Ausgangslohnsumme 10 Jahre lang erhalten bleiben und das Verwaltungsvermögen höchstens 10 v.H. beträgt. Wird innerhalb von 10 Jahren gegen die Behaltensregelung verstoßen, kommt es zur Nachversteuerung. Es gilt aber auch für den Fall der Nulloption keine „Fallbeilwirkung“, sodass es im Falle eines Versto-ßes gegen die Behaltensregelung nur zu einem anteiligen Verscho-nungswegfall – pro Jahr 10 v.H. – kommt.
# Auf die Verpflichtung des Erwerbers wird verzichtet, beim Unterschreiten der Lohnsummengrenze den fälligen Steuerbetrag selbst zu berechnen. Dies wird durch eine Anzeigepflicht ersetzt.
# Bei Betrieben mit bis zu zehn Mitarbeitern oder einer Ausgangslohnsumme von Null soll die Messgröße Lohnsumme nicht herangezogen werden. Unternehmensverkauf, -aufgabe und die Veräußerung von wesentlichen Betriebsgrundlagen führen im entsprechenden Umfang zum Wegfall der Verschonung. Das gilt aber nicht bei einem Verkauf, wenn der Veräußerungserlös innerhalb von sechs Monaten in entsprechendes Vermögen reinvestiert wird, betriebliche Schulden getilgt oder Liquiditätsreserven erhöht werden. Die Reinvestition muss dabei stets innerhalb derselben Vermögensart erfolgen.
# Ebenfalls schädlich ist eine Überentnahme des Erwerbers. Die liegt vor, wenn der Unternehmer, Freiberufler oder Personengesellschafter bis zum Ende der Sieben- bzw. Zehnjahresfrist Entnahmen tätigt, die die Summe seiner Einlagen und der ihm zuzurechnenden Gewinne seit dem Erwerb um mehr als 150.000 EUR übersteigen.
Die Umwandlung einer Kapital- in eine Personengesellschaft bzw. ein Einzelunternehmen oder eine andere Körperschaft soll nicht mehr zu einer schädlichen Verwendung führen. Es kommt damit zu einer Gleichstellung aller Umwandlungsfälle unabhängig von der Rechtsform.
Die Definition des schädlichen Verwaltungsvermögens in § 13b Abs. 2 ErbStG soll entschärft werden. Hierzu zählen nicht anlässlich einer Betriebsaufspaltung oder innerhalb eines Konzerns überlassene Grundstücke. Gleiches gilt für eine Betriebsverpachtung, wenn der Erbe bereits Pächter war, sowie für Wohnungsunternehmen.
Der Vertrag einer Personengesellschaft kann vorsehen, dass Erben ihren Anteil unverzüglich an Mitgesellschafter zu übertragen haben. In diesem Fall können die Erben nur einen Abfindungsanspruch realisieren. Nur dieser geringere Wert und nicht der Teilwert soll der Besteuerung zugrunde gelegt werden.
Die Steuerbefreiung für nicht in vollem Umfang steuerbefreite Baudenkmäler soll auf 85 v.H. ihres Wertes angehoben werden.
Der Entlastungsbetrag nach § 19a ErbStG hat weiterhin Bestand. Anders als nach altem Recht soll es hierbei allerdings nicht zu einer Abschmelzung auf 88 v.H. der Steuerermäßigung kommen.
Ein neuer § 35b EStG soll bei Erbfällen ab 2009 eine Doppelbelastung mit Erbschaft- und Einkommensteuer verringern. Er ist beschränkt auf Fälle, in denen beim Erben Einkünfte innerhalb von fünf Jahren tatsächlich mit Einkommensteuer belastet werden, die zuvor als Vermögen oder Bestandteil von Vermögen bereits der Erbschaftsteuer unterlagen. Die Regelung entspricht inhaltlich dem bis 1998 geltenden § 35 EStG. Dabei wird auf Antrag die um sonstige Steuerermäßigungen gekürzte tarifliche Einkommensteuer um einen bestimmten Prozentsatz ermäßigt.
Der Freibetrag in § 13 Nr. 9 ErbStG für eine Zuwendung, die als angemessenes Entgelt für eine Pflege- oder Unterhaltsgewährung an den Erblasser oder Schenker anzusehen ist, soll von 5.200 EUR auf 20.000 EUR erhöht werden.
Zuwendungen an Wählervereinigungen sollen von der Erbschaft- und Schenkungsteuer befreit werden. Nimmt die Wählervereinigung an der jeweils nächsten Wahl nach der Zuwendung nicht teil, soll die Steuerbefreiung rückwirkend entfallen.
Bodenrichtwerte werden jeweils zum Ende jedes zweiten Jahres ermittelt. Den Ländern soll die Befugnis eingeräumt werden, diese häufiger zu berechnen.