Das Vermächtnis an einem inländischen Grundstück unterliegt nicht der beschränkten Erbschaftsteuerpflicht, so der BFH in einer aktuellen Entscheidung.
Hintergrund
Der Erbschaftsteuer unterliegt der Erwerb von Todes wegen. Der Begriff umfasst nach der gesetzlichen Definition (§ 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) u. a. den Erwerb durch Erbanfall und durch Vermächtnis. Das ErbStG differenziert zwischen der unbeschränkten und der beschränkten Steuerpflicht.
Eine unbeschränkte Steuerpflicht liegt vor, wenn der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes, der Schenker im Zeitpunkt der Schenkung oder der Erwerber im Zeitpunkt des Entstehens der Steuer Inländer sind. Zu Inländern gehören auch deutsche Staatsangehörige, die sich nicht länger als fünf Jahre im Ausland aufgehalten haben (sog. erweiterte unbeschränkte Steuerpflicht).
Außerhalb der unbeschränkten Steuerpflicht tritt die Steuerpflicht nur für den Vermögensanfall ein, der in sog. Inlandsvermögen besteht (beschränkte Steuerpflicht). Anders als deutsche Staatsangehörige und Personen mit Wohnsitz oder dauerhaftem Aufenthalt in Deutschland sind ausländische Erben oder Vermächtnisnehmer nur in beschränktem Umfang steuerpflichtig. Sie zahlen Erbschaftsteuer ausschließlich für den Eigentumserwerb an bestimmten gesetzlich definierten Vermögenswerten, darunter grundsätzlich inländische Immobilien.
Sachverhalt
Streitig war, ob die beschränkte Steuerpflicht im Wege einer extensiven Gesetzesauslegung auch bei einem Vermächtnis das Inlandsvermögen umfasst. Die im Jahr 2013 verstorbene Erblasserin hatte bis zu ihrem Tod in der Schweiz gewohnt. Sie vermachte ihrer in den USA lebenden Nichte, der Klägerin, eine Immobilie in München. Im Jahr 2014 wurde das Vermächtnis erfüllt und die Klägerin wurde als Eigentümerin des Grundstücks im Grundbuch eingetragen. Das Finanzamt setzte ihr gegenüber Erbschaftsteuer für diesen Immobilienerwerb fest. Die Klägerin war der Auffassung, sie schulde aufgrund ihres ausländischen Wohnsitzes und ihrer dadurch nur beschränkten Steuerpflicht in Deutschland keine Steuer. Erstinstanzlich blieb ihre Klage erfolglos.
Entscheidung
Die Revision beim BFH war erfolgreich. Wende ein im Ausland lebender Erblasser einer ebenfalls im Ausland lebenden Person durch Vermächtnis inländischen Grundbesitz zu, entstehe hierauf keine deutsche Erbschaftsteuer.
Für ausländische Erben oder Vermächtnisnehmer entstehe Erbschaftsteuer ausschließlich für den Eigentumserwerb an bestimmten gesetzlich definierten Vermögenswerten, darunter grundsätzlich inländische Immobilien. Werden sie jedoch im Testament des Erblassers durch Vermächtnis mit solchen Immobilien bedacht, bleibt dies ausnahmsweise steuerfrei. Insoweit bestehe, so der BFH, eine Gesetzeslücke. Maßgebend hierfür sei, dass beim Vermächtnis der Begünstigte nicht die Immobilie selbst, sondern nur einen Anspruch auf Übertragung des Eigentums an dieser Immobilie erwirbt. Die Eigentumsumschreibung müsse dann noch separat im Anschluss erfolgen und bedürfe der notariellen Beurkundung.
Erläuterungen
In Fällen, in denen keine unbeschränkte Steuerpflicht greift, tritt die Steuerpflicht nur für den Vermögensanfall ein, der in sog. Inlandsvermögen besteht (beschränkte Steuerpflicht). In Fällen, in denen weder der Erbe noch der Erblasser in Deutschland über einen Wohnsitz oder einen gewöhnlichen Aufenthalt verfügen, kann es somit zu einer Besteuerungslücke kommen. Dies ist der Fall, wenn durch Vermächtnis Wirtschaftsgüter zugewendet werden.
Das Vermächtnis unterliegt nach der BFH-Entscheidung nicht der beschränkten Steuerpflicht. Der Begriff des Inlandsvermögens umfasst gem. § 121 BewG auch das inländische Grundvermögen (§ 121 Nr. 2 BewG), nicht aber ein Vermächtnis. Ein Vermächtnis begründet lediglich einen Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks. Das Gesetz ist hier lückenhaft. Eine erweiternde Auslegung im Wege einer teleologischen Extension – zulasten der Steuerpflichtigen – ist unzulässig. Anderenfalls wäre der steuerverschärfenden Auslegung „Tür und Tor“ geöffnet. Vor diesem Hintergrund ist der BFH-Entscheidung bedingungslos zuzustimmen, auch wenn das Ergebnis auf den ersten Blick etwas überraschen mag.
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BFH 23.11.22, II R 37/19