In für Erben, Steuer-Tipps für ALLE

Zivilprozesskosten, die für einen Prozess um eine Erbschaft entstanden sind, sind außergewöhnliche Belastungen, wenn ein Prozessverlust dem Steuerpflichtigen einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden zugefügt hätte, der ihn in elementaren Bereichen seines Lebens getroffen hätte.
FG Düsseldorf, 21.10.14, Az. 9 K 2257/13 E; Revision unter VI R 70/14

Sachverhalt

Die Steuerpflichtige bewohnt eine Wohnung in einem Zweifamilienhaus. Sie und ihre Eltern hatten es 1995 je zur Hälfte erworben. Die Tochter hatte den auf sie entfallenden Kaufpreisanteil von 300.000 DM zu 2/3 finanziert und die übrigen 100.000 DM von den Eltern im Wege vorweggenommener Erbfolge erhalten.
Die Eltern setzten sich wechselseitig als Erben ein.
Nachdem der Vater verstorben war, übertrug die Mutter der Tochter ihren hälftigen Eigentumsanteil. Im Gegenzug verpflichtete sich die Tochter, ihre Mutter zu pflegen. Nachdem danach der Bruder der Steuerpflichtigen verstorben war, trat an dessen Stelle bei der Erbfolge sein Adoptivsohn. Nach dem Tod der Mutter klagte der Adoptivsohn gegen die Steuerpflichtige.
Die Vereinbarungen zwischen der Tochter und deren Mutter seien eine beeinträchtigende Schenkung gewesen und der Miteigentumsanteil an der Immobilie an die Erbengemeinschaft zu übertragen. Während das LG teilweise dem Adoptivsohn recht gab, entschied das OLG vollständig zugunsten der Steuerpflichtigen. Für den LG-Prozess entstanden u.a. Rechtsanwaltskosten i.H.v. über 5.000 EUR, die sie als außergewöhnliche Belastung steuer­lich geltend machte. Das FA erkannte sie nicht an.

Entscheidung

Das FG entschied zugunsten der Steuerpflichtigen. Eine außergewöhnliche Belastung setzt voraus, dass dem Steuerpflichtigen die Aufwendungen zwangsläufig entstehen. Eine Zwangsläufigkeit ist gegeben, wenn er sich diesen Aufwendungen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen kann.
Nach früherer ständiger Rechtsprechung des BFH wurde eine Zwangsläufigkeit der Aufwendungen für einen Zivilprozess nur dann ausnahmsweise bejaht, wenn der Prozess existenziell wichtige Bereiche oder den Kernbereich menschlichen Lebens berührte.
In der neueren Rechtsprechung des 6. Senats des BFH werden weitergehend Zivilprozesskosten unabhängig vom Gegenstand des Prozesses im Regelfall als „zwangsläufig“ angesehen. Er begründet es damit, dass ein Prozess für die Durchsetzung des Rechts im Konfliktfall im Rechtsstaat unausweichlich sei. Der Fiskus hat auf das Urteil mit einem Nichtanwendungserlass reagiert.
Das FG schließt sich ausdrücklich der neueren Rechtsprechung des BFH an, stellt aber fest, dass hier auch bei Anwendung der engeren alten Rechtsprechung die Prozesskosten für die Kläger zwangsläufig waren. Der Prozess habe für sie existenzielle Bedeutung gehabt.
Bei einem Obsiegen hätte der Adoptivsohn eine Teilungsversteigerung des von den Steuerpflichtigen als Familienheim genutzten Hauses betreiben können. Damit hätte ein Verkauf auch ihres mit Krediten finanzierten hälftigen Miteigentumsanteils am Gesamtgebäude höchstwahrscheinlich unter Wert gedroht.
Angesichts der Einkommensverhältnisse der Steuerpflichtigen hätte ihr durch den Verlust des von der Familie genutzten Eigenheims ein erheblicher wirtschaftlicher Schaden gedroht, der einen elementaren Bereich ihres ­Lebens betroffen hätte.

Praxishinweis

Eine Revision ist beim BFH anhängig (Az. VI R 70/14).