Zur Ermittlung der Entfernungspauschale ist eine vom Arbeitnehmer benutzte Straßenverbindung nicht als offensichtlich verkehrsgünstiger als die kürzeste Verbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anzusehen, wenn sie nicht zu einer mindestens 10%igen Zeitersparnis oder anderweitigen Vorteilen im Vergleich zur kürzesten Strecke führt.
Das hat das FG Berlin-Brandenburg aktuell entschieden.
Fundstelle
FG Berlin-Brandenburg 23.5.17, 7 K 7134/15
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BFH definiert die offensichtlich verkehrsgünstigere Straßenverbindung
Maßgebliche Straßenverbindung bei verkehrsrechtlichen Benutzungsverboten
Sachverhalt
Streitig war die anzusetzende Entfernung bei den Werbungskosten § 9 EStG des Steuerpflichtigen. Der Arbeitnehmer machte die Entfernungspauschale bei seinen Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte geltend. Während er von einer einfachen Entfernung von 26 km ausging, ermittelte das FA anhand eines Routenplaners eine Entfernung von lediglich 20 km und legte diese der Besteuerung zugrunde.
Entscheidung
Einspruch und nachfolgend eingelegte Klage blieben ohne Erfolg. Das FG entschied, dass für die Bestimmung der Entfernung die kürzeste Straßenverbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte maßgebend ist.
Eine andere als die kürzeste Straßenverbindung kann nur zugrunde gelegt werden, wenn diese offensichtlich verkehrsgünstiger ist.
Eine Straßenverbindung ist dann als verkehrsgünstiger als die kürzeste Verbindung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte anzusehen, wenn der Arbeitnehmer eine andere – längere – Straßenverbindung nutzt und die Arbeitsstätte auf diese Weise trotz gelegentlicher Verkehrsstörungen in der Regel schneller und pünktlicher erreicht.
„Offensichtlich“ verkehrsgünstiger ist die vom Arbeitnehmer gewählte Straßenverbindung dann, wenn ihre Vorteilhaftigkeit so auf der Hand liegt, dass sich auch ein unvoreingenommener, verständiger Verkehrsteilnehmer unter den gegebenen Verkehrsverhältnissen für die Benutzung der Strecke entschieden hätte.
Zu vergleichen sind die kürzeste und die vom Arbeitnehmer regelmäßig für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte benutzte längere Straßenverbindung. Weitere mögliche, tatsächlich aber nicht benutzte Fahrtstrecken zwischen Wohnung und Arbeitsstätte bleiben dagegen unberücksichtigt.
Konkrete zeitliche Vorgaben, die erfüllt sein müssen, um eine Straßenverbindung als „offensichtlich verkehrsgünstiger” als die kürzeste Fahrtroute anzusehen, gibt die höchstrichterliche Rechtsprechung nicht vor.
Ist allenfalls eine geringfügige Verkürzung von unter 10 % zu erwarten, so spricht viel dafür, dass diese minimale Zeitersparnis allein keinen ausschlaggebenden Anreiz darstellen dürfte, diese Strecke als abweichende Route zu wählen. Allerdings ist auch zu berücksichtigen, dass das Merkmal der Verkehrsgünstigkeit auch andere Umstände als eine Zeitersparnis beinhaltet.
So kann eine Straßenverbindung auch dann „offensichtlich verkehrsgünstiger“ sein als die kürzeste Verbindung, wenn sich dies aus Umständen wie Streckenführung, Schaltung von Ampeln o. Ä. ergibt. Deshalb kann eine „offensichtlich verkehrsgünstigere“ Straßenverbindung auch vorliegen, wenn nur eine relativ geringe oder gar keine Zeitersparnis zu erwarten ist, sich die Strecke jedoch aufgrund anderer Umstände als verkehrsgünstiger erweist als die kürzeste Verbindung.
Im Streitfall konnte das Gericht für die vom Steuerpflichtigen genutzte Strecke nicht feststellen, dass diese „offensichtlich verkehrsgünstiger“ als die kürzeste Fahrtroute war.