In Steuer-Tipps für ALLE

Bei der Geltendmachung der Steuerermäßigung nach § 35c EStG ist ein umfangreiches Detailwissen gefragt. Im Folgenden haben wir zahlreiche Steuertipps für die Praxis zusammengestellt, die unbedingt in die steuerliche Beratung einfließen sollten.

Persönlicher Anwendungsbereich

Die Steuerermäßigung nach § 35c EStG für energetische Sanierungsmaßnahmen kommt nur bei unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Personen zur Anwendung. Dass nach § 1 Abs. 4 EStG beschränkt Steuerpflichtige, die möglicherweise über eine Ferienwohnung in Deutschland verfügen, von der Steuervergünstigung ausgeschlossen sind, ergibt sich aus § 50 Abs. 1 Satz 4 EStG.

Anrechnungsüberhang verpufft steuerlich ungenutzt

Liegt die rechnerisch ermittelte Steueranrechnung nach § 35c EStG über der festgesetzten Steuerschuld, kann der Immobilieneigentümer weder die Festsetzung einer negativen Einkommensteuer, noch eine vor- und rücktragsfähige Steuerermäßigung beanspruchen. Diese strenge Sichtweise wurde vom FG Hamburg bestätigt (6.8.24, 1 K 73/24).

Beispiel

Ein Steuerzahler zahlt für energetische Sanierungsmaßnahmen an einem Eigenheim 60.000 EUR. Er beantragt im Jahr 2024 dafür eine Steueranrechnung nach § 35c EStG. Die festgesetzte Steuerschuld vor der Ermäßigung nach § 35c EStG beträgt im Jahr 2024 5.000 EUR, im Jahr 2025 2.000 EUR und im Jahr 2026 wegen Anlaufverlusten aus einer selbstständigen Tätigkeit 0 EUR.

2024

2025

2026

Festgesetzte Steuerschuld

5.000 EUR

2.000 EUR

0 EUR

Errechnete Steuerermäßigung

4.200 EUR
(60.000 EUR
× 7 %)

4.200 EUR

3.600 EUR
(60.000 EUR
× 6 %)

Tatsächliche Steuerermäßigung

4.200 EUR

2.000 EUR

0 EUR

Merke | In der Praxis sollte die voraussichtlich festgesetzte Steuerschuld für den dreijährigen Steuerermäßigungszeitraum vor Auftragsvergabe für die energetische Sanierung geschätzt werden. Steht fest, dass ein Großteil der errechneten Steuerermäßigung steuerlich ungenutzt verfallen wird, sollte geprüft werden, ob die alternative Inanspruchnahme einer staatlichen Förderung höhere finanzielle Vorteile bietet.

Begünstigtes Objekt

Was in der Praxis häufig übersehen wird und zu einer bösen Überraschung führen kann: Die Ermäßigung winkt nur, wenn die Immobilie bei Durchführung der energetischen Sanierungsmaßnahme älter als zehn Jahre ist (§ 35c Abs. 1 Satz 2 EStG).

Beginn des Förderzeitraums

Die Steuerermäßigung wird erstmals in dem Steuerjahr gewährt, in dem die energetische Sanierungsmaßnahme abgeschlossen ist. Die Maßnahme gilt als abgeschlossen, wenn die vereinbarte Leistung vollständig durchgeführt wurde und das Ziel, die tatsächliche Reduzierung der Emissionen, erreicht ist. Zu beachten ist auch, dass der BFH klargestellt hat, dass der Abschluss der Maßnahme nicht bereits mit der Fertigstellung, sondern erst mit der vollständigen Zahlung des Rechnungsbetrags auf das Konto des Erbringers der Leistungen vorliegt (BFH 13.8.24, IX R 31/23).

Statt Ratenzahlungen mit dem Fachunternehmen zu vereinbaren, empfiehlt es sich, bei der Bank ein Darlehen aufzunehmen. In diesem Fall kann der Rechnungsbetrag vollständig auf das Konto des Erbringers gezahlt werden. Die energetische Sanierungsmaßnahme gilt dadurch als abgeschlossen und dem Beginn der dreijährigen Steuerermäßigung steht nichts im Weg. Wie lange die Rückzahlung des aufgenommenen Darlehens dauert, spielt keine Rolle.

Beachten Sie | Sollte ein Darlehen für eine energetische Sanierung aufgenommen werden, ist darauf zu achten, dass es sich dabei nicht um ein zinsgünstiges KfW-Darlehen handelt. Denn sobald eine staatliche Förderung in Anspruch genommen wird, kippt die Steuerermäßigung wegen der Subsidiaritätsregelung des § 35c EStG.

Teilausschluss der Förderung bei häuslichem Arbeitszimmer

Eine Steuerermäßigung nach § 35c EStG ist ausgeschlossen, wenn Aufwendungen bereits als Betriebsausgaben, Werbungskosten, Sonderausgaben oder außergewöhnliche Belastung berücksichtigt worden sind. Das kann z. B. bei Geltendmachung eines Werbungskostenabzugs für ein häusliches Arbeitszimmer der Fall sein. Hier kommt es deshalb zu einem Teilausschluss der Förderung nach § 35c EStG. Folgende Besonderheiten sind bei Verquickung von Werbungskosten für das häusliche Arbeitszimmer und gleichzeitiger Beantragung einer Steuerermäßigung nach § 35c EStG zu berücksichtigen:

  • Der auf den Anteil des Arbeitszimmers (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG) entfallende Anteil einer ansonsten zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung ist nach § 35c EStG nicht begünstigt.

  • Für die Kürzung der Bemessungsgrundlage für die Steuerermäßigung nach § 35c EStG ist es unerheblich, ob die Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer in voller Höhe oder in Höhe der Jahrespauschale von bis zu 1.260 EUR pro Jahr berücksichtigt werden.

Beispiel

Ein Steuerzahler lässt sein Reihenhaus (150 qm Wohnfläche) energetisch sanieren. Die Kosten der Sanierung betragen 60.000 EUR. Er nutzt ein häusliches Arbeitszimmer mit einer Größe von 20 qm, für das er Werbungskosten in tatsächlicher Höhe von 1.400 EUR geltend macht.

Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Steuerermäßigung nach § 35c EStG

Kosten der energetischen Sanierung gesamt

60.000 EUR

Kürzung um den auf das Arbeitszimmer entfallenden Anteil
(20/150 von 60.000 EUR)

-8.000 EUR

= Bemessungsgrundlage für Steuerermäßigung nach § 35c EStG

52.000 EUR

Merke | Einem Leitfaden der Finanzverwaltung zu § 35c EStG kann hier ein interessanter Ausweg aus der Kürzung der Bemessungsgrundlage wegen Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers entnommen werden. Denn wird statt den tatsächlichen Kosten für das häusliche Arbeitszimmer die Tagespauschale (ehemals Homeoffice-Regelung) nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6c EStG von 6 EUR pro Tag, maximal 1.260 EUR im Jahr beantragt, erfolgt keine Kürzung der Sanierungsaufwendungen für Zwecke des § 35c EStG.

Doppelte Haushaltsführung & energetische Sanierung

Liegt eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung vor und bei der Zweitwohnung am Beschäftigungsort handelt es sich um eine Eigentumswohnung des Arbeitnehmers, an der eine energetische Sanierung durchgeführt wird, gilt steuerlich Folgendes:

  • Soweit die Aufwendungen für eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Eigentumswohnung als Werbungskosten im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung abzuziehen sind, scheidet eine Steuerermäßigung nach § 35c EStG aus. Insoweit besteht kein Wahlrecht.

  • Verbleibt Danach noch ein Teil der energetischen Sanierungskosten, der nicht als Werbungskosten abziehbar ist, kommt eine Förderung nach § 35c EStG in Betracht.

Beispiel

Ein Steuerzahler nutzt eine Eigentumswohnung als Zweitwohnung im Rahmen einer doppelten Haushaltsführung (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 EStG). Er lässt an dieser Wohnung energetische Sanierungsmaßnahmen durchführen. Kosten 20.000 EUR. Weitere Unterkunftskosten für die doppelte Haushaltsführung: 7.000 EUR.

Ermittlung Werbungskosten und Steuerermäßigung nach § 35c EStG:

Gesamte Werbungskosten im Rahmen der doppelten Haushaltsführung

27.000 EUR

Als Werbungskosten abziehbarer Höchstbetrag (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 4 EStG)

12.000 EUR

= Differenzbetrag, der sich nicht als Werbungskosten ausgewirkt hat

15.000 EUR

= Bemessungsgrundlage für die Förderung der energetischen Sanierung nach § 35c EStG

15.000 EUR

Weitere Besonderheiten zur Steuerermäßigung nach § 35c EStG

Hier noch weitere steuerliche Besonderheiten zur Steuerermäßigung nach § 35c EStG in Kurzform, die in der Beratungspraxis beachtet werden sollten:

  • Baukindergeld: Der Bezug von Baukindergeld schließt die Steuerermäßigung nach § 35c EStG nicht aus.

  • Ferienwohnung im Ausland: Auch für Ferienwohnungen, die sich einem Mitgliedstaat der EU oder im EWR-Raum befinden, kann die Steuerermäßigung nach § 35c EStG beantragt werden.

  • Leerstand: Für leer stehende Immobilien scheidet die Steuerermäßigung nach § 35c EStG aus. Ausnahme: Kann nachgewiesen werden, dass beabsichtigt ist, die Immobilie direkt im Anschluss an die energetische Sanierung zu eigenen Wohnzwecken zu nutzen, sind die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Vergünstigungen nach § 35c EStG erfüllt.

  • Nießbrauch: Nutzt ein Steuerzahler aufgrund eines Nießbrauchsrechts eine Immobilie und leistet Zahlungen für eine energetische Sanierung, scheidet eine Förderung nach § 35c EStG aus.

  • Überlassung an Kinder: Wird eine Immobilie unentgeltlich an Kinder überlassen, für die der Immobilieneigentümer noch einen Anspruch auf Kindergeld hat, kann von einer Nutzung der Immobilie durch den Immobilieneigentümer zu eigenen Wohnzwecken ausgegangen werden. Mit anderen Worten: Hier greift die Steuerermäßigung nach § 35c EStG, sollten für die unentgeltlich überlassene Immobilie Aufwendungen für eine energetische Sanierung anfallen.

Wichtige BMF-Schreiben: Die Finanzverwaltung hat sich in einem Anwendungsschreiben vom 14.1.2021 (BStBl I 21, 103) ausführlich zu § 35c EStG geäußert. Ein weiteres Schreiben vom 23.12.2024 (BStBl I 25, 39) befasst sich vor allem mit der Ausstellung und Einzelheiten von Bescheinigungen der ausführenden Fachunternehmen.