In für VERMIETER, Steuer-Tipps für ALLE

Das Thema energetische Gebäudesanierung ist in aller Munde und betrifft durchaus zahlreiche Mandanten. Zum 1.1.2020 wurde mit § 35c EStG eine Steuerermäßigung für energetische Maßnahmen bei zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäuden eingeführt. Diese komplexe Regelung weist jedoch einige Zweifelsfragen auf, die das BMF bereits mit Schreiben vom 14.1.2021 teilweise beantwortet hat. Nun ist ein erstes BFH-Urteil zum Heizungstausch veröffentlicht worden (IX R 31/23). Streitig war, ob ein Abschluss der energetischen Maßnahmen i. S. d. § 35c EStG bereits mit der ausgeführten Erneuerung der Heizungsanlage (hier Jahr 2021) oder erst mit der vollständigen Begleichung des Rechnungsbetrags (voraussichtlich Jahr 2024) vorliegt. Der BFH bestätigte nun die Verwaltungsauf­fassung.

Einführung

§ 35c EStG sieht vor, bestimmte abschließend aufgezählte energetische Einzelmaßnahmen steuerlich zu fördern. Dadurch soll das Ziel, die Treib­hausgase bis 2030 zu verringern, unterstützt werden. Dieses Ziel kann aber nur erreicht werden, wenn die energetischen Maßnahmen bestimmte Mindestanforderungen einhalten. Zur Sicherstellung dieses Ziels müssen daher die energetischen Sanierungsmaßnahmen durch ein Fachunternehmen ausgeführt werden. Dabei ist der § 35c EStG als progressionsunabhängiger Steuerabzug ausgestaltet. Unabhängig vom individuellen Steuersatz ermäßigt sich die Steuer über mehrere Jahre um 20 % der begünstigten Aufwendungen (gedeckelt auf 40.000 EUR Steuerermäßigung). Von Maßnahmen nach § 35c EStG sind Handwerkerleistungen i. S. d. § 35a EStG abzugrenzen. Anders als bei Handwerkerleistungen nach § 35a EStG umfasst die Förderung nämlich nicht nur die Lohn- und Anfahrtskosten nebst Umsatzsteuer, sondern auch die Materialkosten.

Grundsätzliche Voraussetzungen

Um von § 35c EStG profitieren zu können, muss das Objekt im Inland, in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum liegen und zu eigenen Wohnzwecken genutzt werden. Weitere Voraussetzung ist, dass dieses Objekt bei Durchführung der energetischen Maßnahme älter als zehn Jahre ist.

Eigene Wohnzwecke

Eine Wohnung wird zu eigenen Wohnzwecken genutzt, wenn sie zumindest zeitweise vom Eigentümer tatsächlich genutzt wird. Ausreichend ist, wenn die Wohnung im Zusammenhang mit der energetischen Maßnahme nutzbar gemacht wird. Eine Wohnung wird zu eigenen Wohnzwecken durch die anspruchsberechtigte Person genutzt, wenn diese die Wohnung allein, mit ihren Familienangehörigen oder gemeinsam mit Dritten bewohnt.

Wird die Wohnung vermietet, scheidet eine Anwendung des § 35c EStG aus.

Alter des Gebäudes

Das begünstigte Objekt muss gemäß § 35c Abs. 1 S. 2 EStG bei Durchführung der energetischen Maßnahme älter als zehn Jahre sein. Maßgebend für die Bestimmung des Zehn-Jahreszeitraums sind

1. der Beginn der Herstellung des Gebäudes und

2. der Beginn der energetischen Maßnahme.

Beachten Sie | Wichtig ist, dass die Frist „taggenau“ zu berechnen ist (wie bei § 23 EStG).

Es ist zu unterscheiden, ob für die Herstellung des Gebäudes eine Baugenehmigung erforderlich war oder nicht (vgl. BMF 14.1.21, a. a. O., Rn. 20). Als Beginn der Herstellung gilt:

  • Bei baugenehmigungspflichtigen Objekten der Tag, an dem der erstmalige Bauantrag gestellt wurde.

  • Bei baugenehmigungsfreien Objekten, für die Bauunterlagen einzureichen sind, der Tag, an dem die Bauunterlagen eingereicht wurden. Das gilt auch, wenn eine Wohnung erst durch nachträgliche Baumaßnahmen in einem bereits bestehenden Gebäude hergestellt wird.

Beim Beginn der energetischen Maßnahme ist zu unterscheiden, ob die Sanierungsmaßnahme

  • baugenehmigungspflichtig,

  • baugenehmigungsfrei mit Anzeigepflicht oder

  • baugenehmigungsfrei ohne Anzeigepflicht ist (vgl. BMF 14.1.21, a. a. O., Rn. 23).

Übersicht
  • Baugenehmigungspflichtige Maßnahmen: Als Beginn der energetischen Maßnahme gilt der Tag, an dem der Bauantrag gestellt wurde.

  • Baugenehmigungsfreie Maßnahmen mit Anzeigepflicht: Bei baugenehmigungsfreien Maßnahmen, für die Bauunterlagen einzureichen sind, gilt der Tag, an dem die Bauunterlagen eingereicht wurden (vgl. BMF 14.1.21, a. a. O., Rn. 23).

  • Baugenehmigungsfreie Maßnahmen ohne Anzeigepflicht: Für energetische Maßnahmen, für die weder eine Baugenehmigung noch eine Kenntnisgabe bei der zuständigen Behörde nach dem Bauordnungsrecht erforderlich ist, gilt als Beginn der energetischen Maßnahme der Zeitpunkt des Beginns der Bauausführung. Dies gilt auch dann, wenn eine Anzeige- und Genehmigungspflicht für die energetische Maßnahme nach anderen Vorschriften besteht (vgl. BMF vom 14.1.21, a. a. O., Rn. 23).

Beachten Sie | Planungs- und Beratungsleistungen sowie der Abschluss von Liefer- und Leistungsverträgen gelten nicht als Beginn der energetischen Maßnahme.

Weitere K.o.-Kriterien

Der Steuerpflichtige kann die Steuerermäßigung nach § 35c Abs. 1 EStG nicht in Anspruch nehmen, soweit die Aufwendungen als

  • Betriebsausgaben (z. B. doppelte Haushaltsführung),

  • Werbungskosten (z. B. bei Vermietung und Verpachtung),

  • Sonderausgaben oder (z. B. in Gestalt von Unterhalts- oder Versorgungsleistungen),

  • außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt worden sind.

Beachten Sie | Durch das Wort „soweit“ im Gesetzestext legt der Gesetzgeber fest, dass in genannten Fällen kein grundsätzlicher, sondern lediglich ein anteiliger Ausschluss der Steuerermäßigung greift.

Beispiel

Handelt es sich beispielsweise um ein Objekt, in welchem sich zudem ein häusliches Arbeitszimmer befindet, kann die Steuerermäßigung folglich nur anteilig in Anspruch genommen werden. Lässt sich die Maßnahme nicht konkret einem Bereich zuordnen (z. B. neue Heizungsanlage) hat mangels anderer Maßstäbe eine Verteilung der Aufwendungen auf Werbungskosten und Steuerermäßigung nach § 35c EStG nach dem Verhältnis der Flächen zu erfolgen.

Die Steuerermäßigung ist auch dann nicht zu gewähren, wenn für die energetischen Maßnahmen, eine Steuerbegünstigung nach § 10f EStG oder eine Steuerermäßigung nach § 35a EStG (z. B. Handwerkerleistungen) in Anspruch genommen wird oder wenn es sich um eine öffentlich geförderte Maßnahme handelt, für die zinsverbilligte Darlehen oder steuerfreie Zuschüsse in Anspruch genommen werden (z. B. KfW-Darlehen).

Fachunternehmen und Musterbescheinigung

Die Steuerermäßigung kann nur in Anspruch genommen werden, wenn durch eine nach amtlichem Muster erstellte Bescheinigung des ausführenden Fachunternehmens nachgewiesen wird, dass die Voraussetzungen des § 35c EStG sowie die Anforderungen nach der energetischen Sanierungsmaßnahmen-Verordnung – ESanMV – erfüllt sind (§ 35c Abs. 1 Satz 7 EStG). Personen mit Ausstellungsberechtigung nach § 88 Gebäudeenergiegesetz (GEG) sind zur Erstellung entsprechender Bescheinigungen berechtigt (§ 2 Abs. 2 ESanMV).

Praxistipp

In der Praxis ist insbesondere eine Kollision mit der Steuerermäßigung nach § 35a EStG zu prüfen. Denn wenn die Voraussetzungen des § 35c EStG vorliegen, sind typischerweise ebenfalls die Voraussetzungen für die Steuerermäßigung nach § 35a EStG gegeben. Beide Steuerermäßigungen werden nur auf Antrag gewährt. Wird folglich die Steuerermäßigung nach § 35a EStG beantragt, ist eine Steuerermäßigung nach § 35c EStG ausgeschlossen und umgekehrt. Weiterhin gilt es in der Praxis insbesondere zu überprüfen, ob es sich bei der jeweiligen Maßnahme um eine öffentlich geförderte Maßnahme handelt. Dies ist der Fall, wenn hierfür zinsverbilligte Darlehen oder steuerfreie Zuschüsse in Anspruch genommen werden (§ 35c Abs. 3 Satz 2 EStG). In vielen Fällen dürfte dies der Fall sein, da eine Vielzahl der genannten Maßnahmen die Kriterien der KfW-Fördermittel erfüllen könnten. Ist dies der Fall und wurden entsprechende Förderungen beantragt und bewilligt, scheidet eine Begünstigung nach § 35c EStG aus (keine „­Doppelförderung“).

Beachten Sie | Weitere Details entnehmen Sie bitte den BMF-Schreiben vom 14.1.2021, vom 26.1.2023 sowie vom 6.2.2024.

Höchstbetrag und Berücksichtigung der Steuer­ermäßigung

Auf Antrag ermäßigt sich die tarifliche Einkommensteuer nach § 35c Abs. 1 Sätze 1 und 2 EStG, vermindert um die sonstigen Steuerermäßigungen, im Kalenderjahr des Abschlusses der energetischen Maßnahme und im nächsten Kalenderjahr um je 7 % der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um je 14.000 EUR und im übernächsten Kalenderjahr um 6 % der Aufwendungen des Steuerpflichtigen, höchstens jedoch um 12.000 EUR für das begünstigte Objekt. Es folgt also eine vom regulär geltenden Zu- und Abflussprinzip (§ 11 EStG) abweichende Berücksichtigung.

Übersicht / Zeitliche Staffelung
Veranlagungszeitraum

Abzugsfähig sind …
der Aufwendungen

Maximale
Steuerermäßigung

Jahr des Abschlusses der Baumaßnahme

7 %

14.000 EUR

Erstes Folgejahr

7 %

14.000 EUR

Zweites Folgejahr

6 %

12.000 EUR

Beachten Sie | Durch das Wachstumschancengesetz waren Erhöhungen der Steuerermäßigungen in Planung, die jedoch gesetzlich nicht umgesetzt wurden.

Die Höchstbeträge führen dazu, dass ab Aufwendungen von 200.000 EUR die maximale Fördersumme erreicht wird (200.000 × 7 % = 14.000 EUR). Dabei ist der § 35c EStG als progressionsunabhängige Steuerbegünstigung ausgestaltet. Denn unabhängig vom individuellen Steuersatz ermäßigt sich die Steuer um einen identischen Betrag.

Während die eigentlichen Aufwendungen lediglich zu 20 % zu berücksichtigen sind, gehören daneben auch die Kosten für die Erteilung der Bescheinigung nach § 35c Abs. 1 Satz 7 EStG sowie die Kosten für Energieberater, die vom BAFA als fachlich qualifiziert zum Förderprogramm „Energieberatung für Wohngebäude (Vor-Ort-Beratung, individueller Sanierungsfahrplan)“ zugelassen sind, wenn der Energieberater durch den Steuerpflichtigen mit der planerischen Begleitung oder Beaufsichtigung der energetischen Maßnahmen nach § 35c Abs. 1 Satz 3 EStG beauftragt worden ist, zu den begünstigten Aufwendungen. Die tarifliche Einkommensteuer vermindert sich abweichend von den normalen Aufwendungen jedoch um 50 % der Aufwendungen für den Energieberater. Dieser Betrag ist direkt im ersten Jahr abzugsfähig und wird auf den Höchstbetrag von 40.000 EUR angerechnet.

Beim Abzug der begünstigten Aufwendungen als Steuerermäßigung nach § 35c EStG nimmt das Gesetz jedoch keine Rücksicht darauf, ob der Abzug auf die tarifliche Steuer, gemindert um die sonstigen Steuer­ermäßigungen, begrenzt ist. Ist die tatsächliche Steuer niedriger als die Steuer­ermäßigung, ist der übersteigende Betrag verloren. Es erfolgt keine Fortschreibung des ungenutzten Fördervolumens für das Folgejahr (wie z. B. bei Spenden). Denn in § 35c EStG sind keinerlei Vor- oder Rücktragsmöglichkeiten enthalten, der Betrag kann ausschließlich im jeweiligen Förderjahr berücksichtigt werden. Der „Anrechnungsüberhang“ mindert aber nicht den Höchstbetrag der Steuerermäßigung (vgl. BMF 14.1.21, Rn. 24).

Förderfähige Maßnahmen

Das BMF-Schreiben vom 14.1.2021 bezieht umfänglich Stellung zu den begünstigten Sanierungsmaßnahmen und listet diese in einer beigefügten Anlage auf.

Förderfähige Maßnahmen gem. § 35c EStG (BMF v. 14.1.21)

1. Wärmedämmung von Wänden

2. Wärmedämmung von Dachflächen

3. Wärmedämmung von Geschossdecken

4. Erneuerung der Fenster oder Außentüren

5. Erneuerung oder Einbau einer Lüftungsanlage

6. Erneuerung der Heizungsanlage

7. Einbau von digitalen Systemen zur energetischen Betriebs- und Verbrauchsoptimierung

8. Optimierung bestehender Heizungsanlagen, sofern diese älter als zwei Jahre sind

Beachten Sie | Zu den Aufwendungen für energetische Maßnahmen gehören auch die Kosten für die Erteilung der Bescheinigung sowie die Kosten für Energieberater, die vom BAFA als fachlich qualifiziert zum Förderprogramm „Energieberatung für Wohngebäude (Vor-Ort-Beratung, individueller Sanierungsfahrplan)“ zugelassen sind, wenn der Energieberater durch den Steuerpflichtigen mit der planerischen Begleitung oder Beaufsichtigung der energetischen Maßnahmen beauftragt worden ist (insoweit vermindert sich die tarifliche Einkommensteuer abweichend um 50 % der Aufwendungen für den Energieberater). Insoweit ist der Höchstbetrag von 40.000 EUR weiterhin zu beachten.

Aktuelles BFH-Urteil

Die Steuerpflichtigen ließen sich im Jahr 2021 eine neue Heizungsanlage in ihrem zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäude durch einen Handwerksbetrieb einbauen. Zur Begleichung des Rechnungsbetrags wurde eine monatliche Ratenzahlung mit dem ausführenden Betrieb für die Jahre 2021 bis 2024 vereinbart. Fraglich ist, ob ein Abschluss der energetischen Maßnahmen i. S. d. § 35c EStG bereits mit der ausgeführten Erneuerung der Heizungsanlage (hier Jahr 2021) oder erst mit der vollständigen Begleichung des Rechnungsbetrags (voraussichtlich Jahr 2024) vorliegt.

Gemäß § 35c Abs. 4 EStG ist Voraussetzung, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten hat, die die förderungsfähigen energetischen Maßnahmen, die Arbeitsleistung des Fachunternehmens und die Adresse des begünstigten Objekts ausweisen, und die in deutscher Sprache ausgefertigt ist und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt ist.

Die Finanzverwaltung nimmt hierzu im BMF-Schreiben vom 14.1.2021 detaillierter Stellung. In der Rn. 43 heißt es, dass die Steuerermäßigung erstmalig in dem Veranlagungszeitraum zu gewähren ist, in dem die energetische Maßnahme abgeschlossen wurde. Voraussetzung ist, dass mit der Durchführung der energetischen Maßnahme nach dem 31.12.2019 begonnen wurde und diese vor dem 1.1.2030 abgeschlossen ist.

Die energetische (Einzel-)Maßnahme ist dann abgeschlossen, wenn

  • die Leistung tatsächlich erbracht (vollständig durchgeführt) ist,

  • die steuerpflichtige Person eine Rechnung (Schlussrechnung) erhalten und

  • den Rechnungsbetrag auf das Konto des Leistungserbringers eingezahlt hat.

Die Erledigung unwesentlicher Restarbeiten, die für die tatsächliche Reduzierung von Emissionen nicht hinderlich sind, sei unschädlich. Auch soweit bei einer mehrteiligen Maßnahme für einzelne Teilleistungen Teilrechnungen erstellt und diese von der steuerpflichtigen Person beglichen wurden, wird die Steuerermäßigung abweichend vom Abflussprinzip gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 EStG erst ab dem Veranlagungszeitraum des Abschlusses der energetischen Maßnahme gewährt, so das BMF.

Der BFH hat mit Urteil vom 13.8.24 (IX R 31/23) entschieden, dass der Abschluss einer energetischen Maßnahme i. S. d. § 35c EStG nicht bereits mit deren Fertigstellung, sondern erst mit der vollständigen Zahlung des Rechnungsbetrags auf das Konto des Erbringers der Leistung vorliegt. Insoweit bestätigt der BFH die Auffassung des BMF.

Beachten Sie | Die Kläger hatten erstmals im Revisionsverfahren (hilfsweise) einen Antrag nach § 35a EStG gestellt, den der Senat mangels Feststellungen in der Sache nicht selbst entscheiden konnte. Aus diesem Grund wird die Sache an das FG München zurückverwiesen.

Merke | Der Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung kann der vollständigen Zahlung nicht gleichgestellt werden.