Der BFH erleichtert mit seinen aktuellen Entscheidungen den Vorsteuerabzug aus Rechnungen für Unternehmer. Danach muss eine Rechnung für den Vorsteuerabzug eine Anschrift des leistenden Unternehmers enthalten, unter der er postalisch erreichbar ist. Der BFH übernimmt insoweit die Rechtsprechung des EuGH und gibt seine bisherige Rechtsprechung auf.
Hintergrund
Bei der Umsatzsteuer setzt der Vorsteuerabzug aus Leistungsbezügen anderer Unternehmer eine Rechnung voraus, die – neben anderen Erfordernissen – die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers angibt.
Erster Sachverhalt (V R 25/15)
Der Kläger war ein Autohändler. Dieser erwarb Kraftfahrzeuge von einem Einzelunternehmer, der „im Onlinehandel“ tätig war, ohne dabei ein „Autohaus“ zu betreiben. Letzterer erteilte dem Kläger Rechnungen, in denen er als seine Anschrift einen Ort angab, an dem er postalisch erreichbar war.
Zweiter Sachverhalt (V R 28/16)
Die Klägerin im zweiten Fall bezog als Unternehmerin in 9 Einzellieferungen 200 Tonnen Stahlschrott von einer GmbH. In den Rechnungen war der Sitz der GmbH entsprechend der Handelsregistereintragung als Anschrift angegeben. Tatsächlich befanden sich dort die Räumlichkeiten einer Anwaltskanzlei.
Die von der GmbH für die Korrespondenz genutzte Festnetz- und Faxnummer gehörten der Kanzlei, die als Domiziladresse für etwa 15 bis 20 Firmen diente. Ein Schreibtisch in der Kanzlei wurde gelegentlich von einem Mitarbeiter der GmbH genutzt.
Entscheidung
Der Vorsteuerabzug aus Leistungsbezügen anderer Unternehmer setzt eine Rechnung voraus, die unter anderem die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers angibt.
Wie schon der EuGH in seiner Entscheidung Geissel und Butin (ASR 2/2018, 79) hält es nun der BFH in den Nachfolgeentscheidungen nicht mehr für erforderlich, dass die Rechnung weitergehend einen Ort angibt, an dem der leistende Unternehmer seine Tätigkeit ausübt. Der BFH bejahte nunmehr in beiden Fällen den Vorsteuerabzug mit ordnungsgemäßen Rechnungen. Für die Angabe der „vollständigen Anschrift“ des leistenden Unternehmers reiche die Angabe eines Ortes mit „postalischer Erreichbarkeit“ aus.
Die Rechtsprechungsänderung ist für Unternehmer, die nach ihrer Geschäftstätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigt sind, von großer Bedeutung. Die Frage, ob bei der Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs ordnungsgemäße Rechnungen vorliegen, ist bei ihnen regelmäßig Streitpunkt in Außenprüfungen. Die neuen Urteile des BFH erleichtern die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs.
Praxistipp | Damit dürfte Abschn. 14.5 Abs. 2 UStAE wie vor der Rechtsprechungsänderung wieder uneingeschränkt zur Anwendung kommen:
Nach § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG sind in der Rechnung der Name und die Anschrift des leistenden Unternehmers und des Leistungsempfängers jeweils vollständig anzugeben. Dabei ist es nach § 31 Abs. 2 UStDV ausreichend, wenn sich aufgrund der in die Rechnung aufgenommenen Bezeichnungen der Name und die Anschrift sowohl des leistenden Unternehmers als auch des Leistungsempfängers eindeutig feststellen lassen.
Verfügt der Leistungsempfänger über ein Postfach oder über eine Großkundenadresse, ist es ausreichend, wenn diese Daten anstelle der Anschrift angegeben werden.
Fundstellen
* BFH 21.6.18, V R 25/15, BFH 21.6.18, V R 28/16, EuGH 15.11.17, verbundene Rs. C-374/16 und 375/16, Rochus Geissel und Igor Butin, Schlussanträge des Generalanwalts vom 5.7.17