In für BUCHHALTER & UNTERNEHMENSBERATER, für UNTERNEHMER

Stellt der Arbeitgeber seinen Angestellten aus betrieblichen Gründen ein Kfz zur Verfügung, kann hieraus nicht automatisch darauf geschlossen werden, dass dieses auch privat genutzt wird.
FH 21.4.10, VI R 46/08
BFH 17.11.09, VI B 11/09, BFH/NV 10, 650; 27.5.09, VI B 123/08, BFH/NV 09, 1434
_verdeckte Gewinnausschüttung_: BFH 11.2.10, VI R 43/09, BFH/NV 10, 1016

Mit diesem praxisrelevanten Urteil weicht der Lohnsteuersenat des BFH den Anscheinsbeweis auf. Sofern kein Fahrtenbuch geführt wird und der tatsächliche Umfang von Privatfahrten nicht feststeht, spricht zwar die allgemeine Lebenserfahrung für eine auch private Nutzung des überlassenen Dienstwagens. Diese ist dann mit monatlich 1 % des Bruttolistenpreises anzusetzen.
Die Vermutung kann allerdings durch den Gegenbeweis entkräftet werden.
Hierzu ist ein Sachverhalt darzulegen, der die ernstliche Möglichkeit einer anderen Nutzung als der nach der allgemeinen Erfahrung ergibt.
Allein die Behauptung, das betriebliche Kfz werde nicht für Privatfahrten genutzt, genügt nicht, um die Anwendung der Ein-Prozent-Regel auszuschließen.
Der Ansatz eines geldwerten Vorteils ist andererseits aber nur gerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber auch gestattet, den Dienstwagen privat zu nutzen, während die unbefugte Privatnutzung gegen den Willen des Arbeitgebers keinen Lohncharakter hat. Die Listenpreis-Regel beruht auf der Annahme, dass der Arbeitnehmer in ähnlicher Weise über ein Fahrzeug verfügen kann wie der Betriebsinhaber selbst über seinen Fuhrpark. Unter diesem Gesichtspunkt unterliegt beim Arbeitnehmer nur die vom Arbeitgeber gestattete private Dienstwagennutzung der Lohnsteuer.
Der Anscheinsbeweis geht davon aus, dass ein überlassener Pkw auch tatsächlich privat genutzt wird. Er steht aber nicht dafür, dass dem Arbeitnehmer überhaupt ein Dienstwagen aus dem betrieblichen Fuhrpark zur Verfügung steht und er diesen tatsächlich privat nutzt. Es existiert insbesondere kein allgemeiner Erfahrungssatz, wonach Fahrzeuge des Arbeitgebers stets der Belegschaft privat zur Verfügung stehen und auch genutzt werden.
Im Urteilsfall stellte ein Apotheker seiner 80-köpfigen Belegschaft Fahrzeuge in einem Pool für betriebliche Fahrten zur Verfügung. Das FA berechnete den Listenpreis auf den teuersten Pkw für die angenommene Privatnutzung des im Betrieb angestellten Sohns. Diese Vermutung reicht dem BFH nicht. Vielmehr müssen konkrete Feststellungen darüber erfolgen, ob und inwieweit das Kfz auch zur Privatnutzung überlassen wird. Das setzt dem bislang strikt angewendeten Anscheinsbeweis eine Grenze.

Steuer-Tipp

Das Urteil erging zu Poolfahrzeugen, bei denen die private Nutzung untersagt war und die keinem Arbeitnehmer unmittelbar zugeordnet waren. Es wirkt aber über diesen Bereich hinaus, sofern einem Arbeitnehmer ein konkretes Kfz nur für dienstliche Zwecke überlassen wird.
Als zweiter wichtiger Aspekt ist zu beachten, dass ein lohnsteuerlicher Vorteil nur gerechtfertigt ist, wenn der Arbeitgeber Privatfahrten gestattet. § 8 Abs. 2 S. 3 EStG setzt nach der Auslegung des BFH voraus, dass nicht schon die tatsächliche, sondern erst die befugte Nutzung erfasst wird. Dem folgend reicht es zur Vermeidung eines lohnsteuerlichen Vorteils aus, im Arbeitsvertrag ein Verbot der privaten Kfz-Nutzung durch den Arbeitnehmer zu vereinbaren. Wird der Pkw – etwa gegen das Verbot im Angestelltenvertrag – dennoch unbefugt privat genutzt, führt dies nicht zu Arbeitslohn. Fällt dies dem Arbeitgeber auf, stehen ihm insoweit Schadenersatzanspruch oder Nutzungsentschädigung zu. Lediglich dann, wenn er darauf verzichtet, kommt es zu einem geldwerter Vorteil.
Ähnlich hatte sich der BFH jüngst beim GmbH-Gesellschafter-Geschäftsführer geäußert. Hier führt die nachhaltige vertragswidrige private Nutzung eines betrieblichen Pkw nicht stets zu einer vGA. Unterbindet die GmbH die unbefugte Nutzung nicht, kann dies nach den Umständen des Einzelfalls sowohl durch das Beteiligungsverhältnis als auch durch das Arbeitsverhältnis veranlasst sein.
_Interessantes hierzu auch unter :_
„Anwendung der Listenpreisregel auf Betriebs-Kfz“:
„Vorteil aus privater Pkw-Nutzung ist im Regelfall Arbeitslohn“: