Bei einem verheirateten Arbeitnehmer liegt der Mittelpunkt der Lebensinteressen an dem Ort, zu dem unter anderem die engeren persönlichen Beziehungen bestehen.
Sachverhalt
Die beiderseits berufstätigen Ehegatten bewohnten in ihrem Zweifamilienhaus eine Wohnung, die eine Größe von 130 m2 hat. Das Ehepaar sah diese Wohnung als Familienwohnsitz an. Aus beruflichem Anlass erwarben sie an einem anderen Ort eine 77 m² große Eigentumswohnung, von der aus sie ihren Beschäftigungen nachgingen.
FG München 26.1.15, 7 K 1804/13
Das FA erkannte die geltend gemachten Aufwendungen für eine beruflich veranlasste doppelte Haushaltsführung nicht an, mit der Begründung, der Mittelpunkt der Lebensinteressen sei in die Eigentumswohnung am Beschäftigungsort verlagert worden. Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos, nicht jedoch die nachfolgende Klage.
Entscheidung
Eine doppelte Haushaltsführung liegt nach § 9 EStG vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes, in dem er einen eigenen Hausstand unterhält, beschäftigt ist und auch am Beschäftigungsort wohnt. Danach ist zwischen dem Wohnen in einer Zweitwohnung am Beschäftigungsort und dem Unterhalten eines eigenen Hausstandes außerhalb dieses Ortes zu unterscheiden.
Mit dem „Hausstand“ ist der Ersthaushalt (Hauptwohnung) umschrieben, an dem sich der Arbeitnehmer – abgesehen von den Zeiten der Arbeitstätigkeit und ggf. Urlaubsfahrten – regelmäßig aufhält, den er fortwährend nutzt und von dem aus er sein Privatleben führt, d.h., wo er seinen Lebensmittelpunkt hat. Das Vorhalten einer Wohnung außerhalb des Beschäftigungsortes für gelegentliche Besuche oder für Ferienaufenthalte ist nicht als Unterhalten eines Hausstandes zu werten.
Ob die außerhalb des Beschäftigungsortes belegene Wohnung des Arbeitnehmers als Mittelpunkt seiner Lebensinteressen anzusehen ist und deshalb seinen Hausstand darstellt, ist anhand einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls festzustellen.
Bei einem verheirateten Arbeitnehmer liegt der Mittelpunkt der Lebensinteressen grundsätzlich an dem Ort, an dem auch sein Ehepartner wohnt. Der Mittelpunkt der Lebensinteressen verlagert sich aber an den Beschäftigungsort, wenn der Arbeitnehmer dort mit seinem Ehepartner in eine familiengerechte Wohnung einzieht, auch wenn die frühere Familienwohnung beibehalten und zeitweise noch genutzt wird.
Diese Voraussetzung lag im Streitfall nicht vor. Hierfür sprach insbesondere die Anzahl der durchgeführten Familienheimfahrten. Ferner war zu berücksichtigen, dass beide Ehepartner am Ort der Familienwohnung geboren und aufgewachsen waren, ihren Freundeskreis und ihren Lebensmittelpunkt nach wie vor am Heimatort unterhielten, was u.a. aus ihrer Vereinszugehörigkeit und dem Umstand, dass die zweite Wohnung des Zweifamilienhauses von der Mutter des Ehemannes bewohnt wurde, nachvollziehbar war.
Gegen eine Verlagerung des Lebensmittelpunkts an den Beschäftigungsort sprach im Streitfall auch, dass die jeweilige Wohnsituation einem Vergleich nicht standhielt. Während die Familienwohnung über eine Wohnfläche von 130 m2 und einen Garten von 1.400 m2 verfügte sowie in einem freistehenden Haus lag, betrug die Wohnfläche am Beschäftigungsort lediglich 77 m2.