Die Thesaurierungsbesteuerung nach § 34a EStG für Einzelunternehmer und Mitunternehmer von Personengesellschaften ist kompliziert und beratungstechnisch zeitaufwendig. Im Wachstumschancengesetz wurden nun für Veranlagungszeiträume ab dem 1.1.2024 neue Regelungen hierzu verabschiedet. Diese Neuregelungen werden im folgenden Praxisbeitrag näher beleuchtet.
Grundsätze zur Thesaurierungsbegünstigung
Im Prinzip soll durch die Thesaurierungsbesteuerung eine punktuelle Gleichstellung der Besteuerung nicht entnommener Gewinne von Kapitalgesellschaften und Personenunternehmen hergestellt werden. Liegen die Voraussetzungen zur Gewinnthesaurierung vor und wird die Besteuerung nach § 34a EStG beantragt, wird der nicht entnommene Gewinn mit einem festen Steuersatz von 28,25 % zzgl. Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer versteuert. Kommt es Jahre später doch zu einer Entnahme des begünstigt besteuerten Teils des Gewinns, erfolgt eine (steuerlich teure) Nachversteuerung. Der nachversteuerungspflichtige Teil unterliegt einer Besteuerung mit 25 % zzgl. Solidaritätszuschlag und gegebenenfalls Kirchensteuer.
Verschärfende Neuregelung zur Verzinsung
In der Praxis wurde der erstmalige Antrag auf Thesaurierung oftmals im Rahmen einer Betriebsprüfung für zurückliegende Jahre gestellt, deren Steuerbescheide wegen des Vorbehalts der Nachprüfung nach § 164 AO noch änderbar waren. Durch die geminderten Einkommensteuerfestsetzungen kam es zu teils erheblichen Erstattungszinsen nach § 233a AO. Aus diesem Grund wird die Antragstellung nun als rückwirkendes Ereignis eingestuft (§ 34a Abs. 1 Satz 3 EStG n. F.). Der Zinslauf für die Erstattungszinsen beginnt damit nicht bereits 15 Monate nach Ablauf des entsprechenden Kalenderjahrs, für das die Antragstellung gilt, sondern erst 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem das rückwirkende Ereignis (hier die Antragstellung auf Thesaurierung) eingetreten ist (§ 233a Abs. 2a AO).
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Im Jahr 2023 endete die Betriebsprüfung eines Einzelunternehmens für die Jahre 2015 bis 2018. Im Rahmen der Betriebsprüfung beantragte der Steuerberater für die Jahre 2015 bis 2018 erstmalig die Anwendung der Thesaurierungsbesteuerung nach § 34a Abs. 1 Satz 1 EStG. Dadurch kam es trotz Feststellungen durch die Betriebsprüfung zu Steuererstattungen. Für die einzelnen Steuerjahre bestand zudem ab folgenden Zeiträumen ein Anspruch auf Erstattungszinsen nach § 233a AO. Variante: Die Betriebsprüfung endete 2024 und in 2024 wurde der erstmalige Antrag auf Thesaurierungsbesteuerung gestellt. |
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Steuer-jahr |
Beispiel: Anspruch auf Erstattungszinsen (15 Monate nach Ablauf des entsprechenden Kalenderjahrs) |
Variante: Anspruch auf Erstattungszinsen (15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs der erstmaligen Antragstellung) |
2015 |
ab 1.4.2017 |
ab 1.4.2026 |
2016 |
ab 1.4.2018 |
ab 1.4.2026 |
2017 |
ab 1.4.2019 |
ab 1.4.2026 |
Beachten Sie | Beginnt eine Prüfung erst 2024, die mit hoher Wahrscheinlichkeit mehrere Jahre andauern wird (insbesondere Konzernbetriebsprüfung) und ist schon jetzt absehbar, dass für die Jahre des Prüfungszeitraums die Thesaurierungsbesteuerung erstmalig beantragt werden wird, sollte der Antrag also unbedingt bereits 2024 gestellt werden. Damit kommt es bei einer Prüfungsdauer über den 1.4.2026 hinaus zu Erstattungszinsen nach § 233a Abs. 2a AO.
Erhöhtes Thesaurierungsvolumen
Der ermäßigt zu besteuernde Gewinn i. S. v. § 34a Abs. 2 EStG n. F. wird für viele Antragsteller nach der Neuregelung im Wachstumschancengesetz deutlich höher ausfallen als bisher. Denn der nicht entnommene Gewinn wird neuerdings auch um die Gewerbesteuer des Wirtschaftsjahrs erhöht. Auch die Beträge, die zur Zahlung der Einkommensteuer und des darauf entfallenden Solidaritätszuschlags entnommen werden, erhöhen nun den begünstigt zu versteuernden Gewinn (§ 34a Abs. 2 Sätze 1 und 2 EStG n. F.).
Übersicht / | ||
Alte Fassung | Neue Fassung | |
Nicht entnommener Gewinn des Betriebs oder des Mitunternehmeranteils nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG oder § 5 EStG ermittelte Gewinn |
Nicht entnommener Gewinn des Betriebs oder des Mitunternehmeranteils nach § 4 Abs. 1 Satz 1 EStG oder § 5 EStG ermittelte Gewinn |
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– |
Positiver Saldo der Entnahmen und Einlagen |
Positiver Saldo der Entnahmen und Einlagen |
+ |
Gezahlte Gewerbesteuer |
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+ |
Entnahmen für die Zahlung der ESt und des darauf entfallenden SoliZ |
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= |
Begünstigter nicht entnommener Gewinn |
Begünstigter nicht entnommener Gewinn |
Dieses Berechnungsschema verdeutlicht, dass Unternehmer bei Beantragung der Thesaurierungsbesteuerung ab 2024 ein deutlich höheres Thesaurierungsvolumen haben werden. Andere außerbilanzmäßige Korrekturen bleiben aber auch 2024 nach wie vor bei Ermittlung des Begünstigungsbetrags unberücksichtigt.
Praxistipp
In der Gesetzesbegründung zum Wachstumschancengesetz (BT-Drs. 20/8628 S. 125) soll nur die „gezahlte“ Gewerbesteuer das Thesaurierungsvolumen erhöhen. Das würde nach dem Wortlaut bedeuten, dass sich in 2024 der nicht entnommene Gewinn nicht um die Gewerbesteuer erhöht, sollte für 2024 lediglich eine Rückstellung gebildet und diese nach § 4 Abs. 5b EStG außerbilanzmäßig wieder korrigiert werden. Hier ist eine Klarstellung durch das BMF zu erwarten und notwendig.
Gesetzliche Fiktion zur Entnahme
In § 34a Abs. 2 Satz 3 EStG n. F. findet sich die gesetzliche Fiktion, nach der Entnahmen vorrangig bis zur Höhe der Einkommensteuer und des darauf entfallenden Solidaritätszuschlags als zur Zahlung dieser Beträge verwendet gelten. Durch diese Fiktion sollen Unternehmer, die die Thesaurierungsbesteuerung wählen, vom Nachweis entbunden werden, ob und in welcher Höhe Entnahmen zum Zweck der Steuerzahlung für begünstigt besteuerte, nicht entnommene Gewinn verwendet werden.
Neue Risiken bei Umstrukturierungen
Zu einer Nachversteuerung kommt es nach § 34a Abs. 6 EStG n. F. vor allem bei einer Betriebsveräußerung, bei einer Betriebsaufgabe, bei der Einbringung oder wenn ein Antrag auf Nachversteuerung gestellt wird. Wurde dagegen nur ein Teil des Mitunternehmeranteils oder eines Teilbetriebs unentgeltlich übertragen, konnte bis Ende 2023 die Nachversteuerung vermieden werden. Denn der nachversteuerungspflichtige Betrag verblieb beim bisherigen (Mit-)Unternehmer (BMF 11.8.08, IV C 6 – S 2290-a/07/10001, Rz. 47). Wurde nun ein Kleinanteil zurückbehalten, konnte die Nachversteuerung so auf unbestimmte Zeit vermieden werden.
Dieses Gestaltungsmodell wurde durch eine Neuregelung im Wachstumschancengesetz nun abgeschafft. Nach § 34a Abs. 6 EStG n. F. gilt ab 2024 in allen Fällen eine anteilige Nachversteuerung des nachversteuerungspflichtigen Betrags bei der unentgeltlichen Übertragung eines Teilbetriebs oder Teils eines Mitunternehmeranteils auf eine Körperschaft.
Praxistipp
Der nachversteuerungspflichtige Betrag geht also quotal auf den Rechtsnachfolger über. Maßgeblich für die Ermittlung der Quote ist der Anteil des übertragenen Betriebsvermögens am Betriebsvermögen des Rechtsvorgängers vor der Übertragung (§ 34a Abs. 7 Satz 3 EStG n. F.). In der Gesetzesbegründung findet sich der Hinweis, dass hier alle Kapitalkonten des Rechtsvorgängers zu berücksichtigen sind.
Steuerstundung möglich
Nach § 34a Abs. 6 Satz 4 EStG n. F. kann bei einer Nachversteuerung in Härtefällen eine Stundung von bis zu zehn Jahren beantragt werden.