Die Anschaffung eines teueren und schnellen Wagens ist nicht stets „unangemessen“, soweit gewisse absolute Betragsgrenzen überschritten werden.
Vielmehr ist die Bedeutung des Repräsentationsaufwands nur eine von mehreren Tatsachen, die im Einzelfall zu würdigen und gegeneinander abzuwägen sind, so der Tenor eines aktuellen Urteils aus Baden-Württemberg.
FG Baden-Württemberg 22.12.14, 6 K 238/14
Sachverhalt
Im Streitfall ging es um eine als Automobilzulieferer tätige Gesellschaft, deren Unternehmensgegenstand die Fertigung von hochfesten Strukturen im Karosserie- und Motorenbereich in gezielter Leichtbauweise, vor allem durch den Einsatz von Kohlefaser, sowie die Entwicklung, Konstruktion und das Prototyping im Bereich des Rennsports war. Das Unternehmen entwickelte Werkstoffe auf Kohlefaserbasis für ein Unternehmen im Rennsportbereich.
2006 leaste die Gesellschaft einen Neuwagen des Typs E zur gewerblichen Nutzung. Die einmalige Leasingsonderzahlung belief sich auf 80.000 EUR brutto. Anschließend wurden über einen Zeitraum von 36 Monaten monatliche Leasingraten von 5.753 EUR brutto fällig.
Bei dem Fahrzeug handelte es sich um einen „Supersportwagen“ mit 10-Zylinder-Motor und einer Leistung von 612 PS, von dem im Produktionszeitraum lediglich wenige Exemplare hergestellt wurden. Er stellte das erste Serienfahrzeug dar, bei dem das als Monocoque gefertigte Fahrgestell und der Aggregateträger vollständig aus kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff (CFK) bestanden. Der Motor sollte ursprünglich in einem fast zur Einsatzreife entwickelten Le-Mans-Prototyp bei den „24 Stunden von Le Mans“ an den Start gehen. Der Neupreis des Fahrzeugs lag bei über 400.000 EUR brutto.
Streitig war, ob die betrieblich veranlassten Aufwendungen für das Fahrzeug der Abzugsbeschränkung nach § 4 Abs. 5 Nr. 7 EStG zu unterwerfen waren.
Das FA kam im Rahmen einer Außenprüfung zu dem Ergebnis, dass die Aufwendungen, weil sie ein zum Renneinsatz geeignetes Sondermodell betroffen hätten, nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig seien, da sie die Lebensführung berührten und nach allgemeiner Verkehrsauffassung als unangemessen angesehen werden müssten.
Entscheidung
Das FG sah das jedoch anders als das FA und gab der nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobenen Klage statt. Ob ein solcher unangemessener betrieblicher Repräsentationsaufwand i.S. des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG vorliegt, ist danach zu beurteilen, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer angesichts der erwarteten Vorteile und Kosten die Aufwendungen ebenfalls auf sich genommen haben würde.
Die Unangemessenheit der die Lebensführung berührenden Aufwendungen ist nicht nur nach der Verkehrsauffassung der beteiligten Wirtschaftskreise, sondern nach der Anschauung breitester Bevölkerungskreise zu beurteilen.
Danach sind bei der Angemessenheitsprüfung alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Neben der Größe des Unternehmens, der Höhe des längerfristigen Umsatzes und des Gewinns sind vor allem die Bedeutung des Repräsentationsaufwands für den Geschäftserfolg nach der Art der ausgeübten Tätigkeit und seine Üblichkeit in vergleichbaren Betrieben als Beurteilungskriterien heranzuziehen.
Dabei kann es auch entscheidungserheblich sein, ob es einen objektiven Grund für den angeblichen Mehraufwand gibt. Unter diesem Gesichtspunkt kann von Bedeutung sein, ob der Aufwand durch ein günstiges Gegengeschäft ausgelöst wurde, das ohne entsprechende Koppelung nicht zustande gekommen wäre.
Schließlich ist auch zu beachten, wie weit die private Lebenssphäre berührt wird. Aufwendungen können umso weniger als unangemessen qualifiziert werden, je stärker die Berührung mit der Lebensführung des Steuerpflichtigen hinter der betrieblichen Veranlassung zurücktritt.
Anhand der vorgenannten Kriterien ist erkennbar, dass die Anschaffung eines teueren und schnellen Wagens nicht stets „unangemessen“ i.S. des „§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 7 EStG ist, soweit jedenfalls gewisse absolute Betragsgrenzen überschritten werden. Vielmehr ist die Bedeutung des Repräsentationsaufwands nur eine von mehreren Tatsachen, die im Einzelfall zu würdigen und gegeneinander abzuwägen sind.
Vor diesem Hintergrund entschied das FG, dass die Aufwendungen im Streitfall insbesondere deshalb nicht als unangemessen anzusehen waren, weil das Unternehmen mit der Fertigung von Kohlefaser-Karosseriestrukturen auch in einem Marktsegment tätig war, das enge Bezüge zu dem angeschafften Fahrzeug aufwies.
Für das FG nachvollziehbar war die mit dem Leasing des Supersportwagens vermittelte Botschaft der Steuerpflichtigen, sich künftig mit der Marke E nachhaltig identifizieren und den geschäftlichen Kontakt weiter ausbauen zu wollen.
Außerdem war zu beachten, dass das Leasing des Fahrzeugs im Streitfall für das Zustandekommen der Empfehlung des E-Konzerns, künftige Reparaturen von Strukturteilen an Fahrzeugen dieses Typs von der Steuerpflichtigen ausführen zu lassen, zumindest förderlich war.
Praxishinweis
Das FG ließ die Frage offen, ob die Aufwendungen schon deshalb der Höhe nach nicht unangemessen waren, weil in ihre Berechnung auch der Umstand einbezogen werden musste, dass die streitigen Leasingaufwendungen den Wertverlust des Fahrzeugs nicht annähernd zutreffend abgebildet hatten.