Das BMF hat sich aktuell zu den Voraussetzungen für die steuerrechtliche Anerkennung von Darlehensverträgen geäußert.
Das betrifft in allen offenen Fällen Vereinbarungen zwischen Verwandten oder zwischen einer Personengesellschaft und Angehörigen der die Gesellschaft beherrschenden Beteiligten.
Das praxisrelevante Schreiben beinhaltet auch den Verweis auf zahlreiche BFH-Urteile, die eingearbeitet worden sind.
Generelle Voraussetzung für die steuerrechtliche Anerkennung ist, …
BMF 23.12.10, IV C 6 – S 2144/07/10004
BFH 12.5.09, IX R 46/08; 28.6.02, IX R 68/99, BStBl II 02, 699; 22.2.07, IX R 45/06; 25.1.00, VIII R 50/97, BStBl II 00, 393
FG Hamburg 26.8.10, 2 K 260/08, rkr.
… dass der Darlehensvertrag
zivilrechtlich wirksam geschlossen worden ist,
anschließend tatsächlich wie vereinbart durchgeführt wird und
in Inhalt und Durchführung einem Fremdvergleich standhält.
Insoweit bestehen also keine Unterschiede zu Arbeits- und Mietverträgen zwischen nahen Angehörigen.
Die Nichtbeachtung zivilrechtlicher Formerfordernisse führt nicht allein und ausnahmslos zur steuerlichen Nichtanerkennung des Vertrags, ist aber ein besonderes Indiz gegen den vertraglichen Bindungswillen. Besonders wichtig für die Anerkennung eines Kredits ist seine tatsächliche Durchführung. Die Angehörigen müssen dabei eine Trennung der Vermögens- und Einkunftsbereiche gewährleisten. Hierzu hat während der gesamten Vertragsdauer eine klare Abgrenzung von einer Unterhaltsgewährung oder einer verschleierten Schenkung der Kreditzinsen zu bestehen.
Das BMF-Schreiben bezieht sich dabei im Wesentlichen auf die Kriterien des Fremdvergleichs sowie die Prüfung einer Kreditgewährung mit zuvor geschenkt erhaltenen Geldmitteln.
Prüfung des Fremdvergleichs
Es steht Angehörigen grundsätzlich frei, ihre Rechtsverhältnisse untereinander so zu gestalten, dass sie für sie steuerlich möglichst günstig sind. Das Vereinbarte muss jedoch dem entsprechen, was Dritte üblicherweise vereinbaren würden. Für diesen Fremdvergleich sind vier Bedingungen zu erfüllen:
• Die Zinsen müssen zu den jeweils vereinbarten Fälligkeitszeitpunkten entrichtet werden.
• Es hat eine Vereinbarung über die Laufzeit und über die Art und Zeit der Rückzahlung des Darlehens zu erfolgen.
• Der Rückzahlungsanspruch des Gläubigers muss ausreichend gesichert sein – etwa durch Hypothek, Grundschuld, Bankbürgschaft, Sicherungsübereignung von Wirtschaftsgütern oder Forderungsabtretungen.
• Als Maßstab für die Vereinbarung müssen Konditionen gelten, die zwischen Darlehensnehmern und Kreditinstituten üblich sind.
Ein Darlehensvertrag zwischen volljährigen Angehörigen, die voneinander wirtschaftlich unabhängig sind, kann steuerlich bereits dann anerkannt werden, wenn er zwar nicht in allen Punkten dem Fremdvergleich standhält, die Darlehensmittel aus Anlass der Herstellung oder Anschaffung von Vermögensgegenständen ansonsten aber bei einem fremden Dritten hätten aufgenommen werden müssen.
Der zivilrechtlichen Unwirksamkeit eines Vertrages kommt eine Indizwirkung gegen die Ernsthaftigkeit der Vereinbarung zu. Es spricht insbesondere gegen die steuerliche Anerkennung, wenn den Vertragspartnern die Nichtbeachtung der Formvorschriften, insbesondere bei klarer Zivilrechtslage, angelastet werden kann. Der Gegenbeweis gelingt in einem solchen Fall, wenn die Vertragspartner zeitnah nach dem Auftauchen von Zweifeln an der zivilrechtlichen Wirksamkeit alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen haben und ihnen die Unwirksamkeit nicht anzulasten ist. Dann ist ein zunächst formunwirksamer Vertrag zwischen nahen Angehörigen ausnahmsweise von vornherein steuerlich anzuerkennen, wenn aus den besonderen übrigen Umständen des konkreten Einzelfalles ein ernsthafter Bindungswille der Angehörigen zweifelsfrei abgeleitet werden kann.
Kombination von Schenkung und Kreditgewährung
Ist ein Geldgeschenk von der Bedingung abhängig, dass der erhaltene Betrag wieder in Form eines Darlehens zurückfließen muss, wird diese Vereinbarung steuerlich nicht anerkannt. Es handelt sich daher weder um eine Schenkung noch um eine Kreditgewährung. Die Schuldzinsen dürfen dann nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Das gilt immer dann, wenn der Beschenkte zwar Kapital, hierüber aber nicht die alleinige und unbeschränkte Verfügungsmacht erhält. Vor allem in den folgenden drei Fällen unterstellt das BMF eine Abhängigkeit zwischen Schenkung und Darlehen:
• Die Vereinbarungen von Schenkung und Darlehen erfolgen in ein und derselben Urkunde.
• Es handelt sich um eine Schenkung unter der Auflage der Rückgabe als Darlehen.
• Die Schenkung wird unter der aufschiebenden Bedingung der Rückgabe als Darlehen ausgesprochen.
Ebenfalls keine vollzogene Schenkung von Kapital liegt vor, wenn die strikte Trennung des Vermögens zwischen Eltern und minderjährigen Kindern fehlt. Dabei handelt es sich vielmehr um eine modifizierte Schenkung, indem die durch die als Darlehen bezeichneten Bedingungen gegenüber dem ursprünglichen Schenkungsversprechen in der Weise abgeändert sind, dass der Vollzug der Schenkung bis zur Kreditrückzahlung aufgeschoben und der Umfang der Schenkung durch die Zahlung der sogenannten Darlehenszinsen erweitert ist.
Steuer-Tipp
Das FG Hamburg hat sich mit Verweis auf die bisherige Rechtsprechung ebenfalls sehr ausführlich mit der Anerkennung von Angehörigen-Darlehen beschäftigt. Soweit Vereinbarungen in früheren Jahren nicht beanstandet worden sind, können hieraus für die Zukunft keine Beweiserleichterungen oder ein Vertrauensschutz abgeleitet werden. Nach dem Prinzip der Abschnittsbesteuerung hat das FA eine als falsch erkannte Rechtsauffassung zum frühesten möglichen Zeitpunkt aufzugeben. Ein Darlehensvertrag unterliegt zivilrechtlich grundsätzlich keinem Formzwang, die Schriftform dient aber dem Nachweis der getroffenen Vereinbarungen.
Sofern der Darlehensvertrag unter Angehörigen anzuerkennen ist, erzielt der Kreditgeber im Privatvermögen Kapitaleinkünfte nach § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG, die gemäß § 32d Abs. 2 Nr. 1a EStG nicht dem Abgeltungsteuersatz, sondern dem individuellen Tarif unterliegen. Diese Ausnahmeregelung greift immer dann, wenn der Darlehensnehmer die Schuldzinsen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend machen kann und hierdurch eine Steuersatzspreizung zwischen dem Abzug der gezahlten und Besteuerung der vereinnahmten Entgelte gestaltet werden könnte. Sofern der Kreditnehmer die Mittel zum privaten Verbrauch oder zum Erwerb des selbst genutzten Einfamilienhauses einsetzt, bleibt es hingegen beim Abgeltungsteuertarif. Die Ausnahme greift durch die über das Jahressteuergesetz 2010 geänderte Regelung nicht mehr grundsätzlich zwischen nahen Angehörigen, sondern lediglich bei der Steuersatzspreizung.