Durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 sind die Einkünfte und Bezüge eines volljährigen Kindes ab 2012 für die steuerliche Berücksichtigung bis zum 25. Geburtstag unbeachtlich.
BMF 7.12.11, IV C 4 – S 2282/07/0001-01,
BMF 22.11.10, IV C 4 – S 2282/07/0006-01, BStBl I 10, 1346, Abschnitt IV
BZSt 20.12.2011, St II 2 – S 2282-PB/11/00002
Nunmehr werden die Kinder ohne Einkommensprüfung grundsätzlich bis zum Abschluss der erstmaligen Berufsausbildung oder des Erststudiums berücksichtigt. Darüber hinaus werden Kinder nur noch berücksichtigt, wenn einer der Grundtatbestände des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2a – 2d EStG erfüllt ist. Das sind neben der Berufsausbildung:
eine Ausbildungsmaßnahme, die Gegenstand eines Dienstverhältnisses ist,
die Übergangszeit von höchstens vier Monaten zwischen zwei Ausbildungsabschnitten,
keine Berufsausbildung mangels Ausbildungsplatz,
ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr und die Ableistung des neuen Bundesfreiwilligendienstes.
Das BMF erläutert in einem umfangreichen Schreiben die Auswirkungen dieser Neuregelungen.
Der Abschluss von Berufsausbildung oder Erststudium führt dazu, dass ein volljähriges Kind anschließend als neue Voraussetzung keiner Erwerbstätigkeit nachgeht. Hierunter fällt generell jede auf die Erzielung von Gewinn- oder Überschusseinkünften gerichtete Beschäftigung, die den Einsatz der persönlichen Arbeitskraft erfordert. Auf die eigene Ver-mögensverwaltung trifft das nicht zu. Diese Einschränkung greift auch, wenn die erstmalige Maßnahme bereits vor Vollendung des 18. Lebensjahres abgeschlossen worden ist. Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass der Nachwuchs bis zum Abschluss seiner erstmaligen Berufsausbildung oder seines Erststudiums einer Erwerbstätigkeit nachgehen darf, ohne die steuerliche Anerkennung zu gefährden.
Keine schädliche Erwerbstätigkeit liegt vor, wenn das Kind eine durchschnittliche wöchentliche Arbeitszeit von maximal 20 Stunden aufweist, sich in einem Ausbildungsdienstverhältnis befindet oder einen 400-EUR-Minijob bzw. eine kurzfristige Beschäftigung ausübt. Die Bedingung der Erwerbstätigkeit gilt nicht für bei einer Agentur für Arbeit als arbeitsuchend gemeldete Kinder bis 21 Jahre und nicht für Behinderte.
Das Schreiben stellt ausführlich mit einer Auflistung der einzelnen auf dem Markt angebotenen Berufsmaßnahmen und Angebote dar, was eine erstmalige Berufsausbildung und ein Erststudium darstellt und demzufolge als Abschluss der Erstausbildung anzusehen ist. Der Besuch einer allgemeinbildenden Schule führt regelmäßig zu einer weiteren Berücksichtigung von Kindern und der Erwerb eines Schulabschlusses ist kein Verbrauch der erstmaligen Berufsausbildung. Gleiches gilt für ein Volontariat, ein freiwilliges Berufspraktikum, die Fachschule als Einrichtung der beruflichen Weiterbildung oder Studiumswechsel sowie -unterbrechung.
Unschädlich ist eine Erwerbstätigkeit mit einer regelmäßigen individuell vertraglich vereinbarten wöchentlichen Arbeitszeit von nicht mehr als 20 Stunden, wobei eine vorübergehende und höchstens 2 Monate andauernde zeitliche Ausweitung erlaubt ist, wenn es im Jahresdurchschnitt bei den 20 Stunden bleibt. Das BMF erläutert dies anhand von Beispielen und definiert die Voraussetzungen an ein unschädliches Ausbildungsdienstverhältnis, den 400-EUR-Mini-Job sowie das kurzfristige Beschäftigungsverhältnis. Hierzu wird das geltende Monatsprinzip mit Beispielen dargestellt. Dabei wird ein Kind für jeden Kalendermonat berücksichtigt, in dem wenigstens an einem Tag die Anspruchsvoraussetzungen vorgelegen haben, also nicht mehr ab dem Folgemonat.
Zudem wird dargestellt, welche behinderten Kinder berücksichtigt werden und welche Ausgangsgrößen für die Prüfung von Grund- und individuellem behinderungsbedingtem Mehrbedarf, kindeseigenen finanziellen Mitteln und dem verfügbaren Nettoeinkommen maßgebend sind. Dabei gilt ein BMF-Schreiben aus November 2010 weiter. Nur auf die Einkünfte und Bezüge wird nicht mehr abgestellt.
Praxishinweise:
Nachdem nun die Einkünfte und Bezüge außer Ansatz bleiben, ergeben sich folgende Konsequenzen:
Minderjährige Kinder werden wie bisher ohne besondere Vorausset-zungen steuerlich berücksichtigt. Das Steuervereinfachungsgesetz hat hier keine Neuregelungen getroffen.
Für Eltern bietet sich die Möglichkeit, ihrem volljährigen Nachwuchs nun eine eigene Einkommensquelle zukommen zu lassen, ohne dass sich dies negativ auf den Familienlastenausgleich auswirkt. Denkbar ist etwa die Beteiligung am elterlichen Betrieb, der Übertrag von Kapitalvermögen, um zusätzliche Freibeträge nutzen zu können oder die Einräumung eines Nießbrauchsrechts an einer Mietimmobilie, das zeitlich auf die Periode der Berufsausbildung oder des Studiums befristet wird.
Die Kinder können diese Einkunftsquelle anschließend zur Deckung ihres Unterhalts verwenden.
Mit zusätzlichen Einkünften gelingt es dem Kind besser, die nach geltendem Recht nur als Sonderausgaben absetzbaren Ausbildungskosten geltend zu machen. Das kann dann dazu führen, dass dieses zusätzliche und bisher bei den Eltern versteuerte Einkommen unter dem Grundfreibetrag bleibt und damit keine Besteuerung mehr eintritt.
Ergänzend zum BMF-Schreiben hat das BZSt noch weitere Anwei-sungen an die Familienkassen hinsichtlich der Anspruchsvoraussetzungen für die Berücksichtigung volljähriger Kinder herausgegeben, die durch das Steuervereinfachungsgesetz 2011 neu geregelt worden sind. Dieses beinhaltet neben Allgemeinem das materielle Recht, die Anspruchszeiträume vor und ab 2012 sowie die Überprüfung bestehender Festsetzungen.