In einem aktuellen Schreiben hat das Bundesfinanzministerium zu den strengen Voraussetzungen zum Abzug außergewöhnlicher Belastungen für Unterhaltszahlungen an Personen im Ausland Stellung genommen. Aufgrund der Rechtsprechung und der erhöhten Mitwirkungspflicht für Steuerpflichtige bei Auslandsbeziehungen dürfte es in der Praxis häufig zum Versagen der Steuervergünstigung kommen. Aus diesem Grund erhalten Sie nachfolgend die wichtigsten Informationen zu dieser Thematik.
Ländergruppeneinteilung beachten
Eine wichtige Information gleich vorab: Werden in den folgenden Passagen Höchstbeträge genannt, wird aus Vereinfachungsgründen stets die Ländergruppeneinteilung 1 unterstellt. Das bedeutet, dass es nicht zu einer Kürzung kommt. Beachten Sie dabei bitte: Je nachdem, in welchem Land die unterhaltene Person lebt, kann es zu Kürzungen kommen (siehe Ländergruppeneinteilung im BMF-Schreiben v. 11.11.20, IV C 8 – S 2285/19/10001 :002).
Zum Abzug berechtigende Unterhaltsempfänger
Wie auch bei der Unterstützung von Personen im Inland gilt auch bei Unterhaltsempfängern im Ausland, dass ein Abzug außergewöhnlicher Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG nur dann in Betracht kommt, wenn gegenüber einem Steuerpflichtigen oder dessen Ehegatten eine gesetzliche Unterhaltsberechtigung besteht. Wichtig: Die gesetzliche Unterhaltsverpflichtung richtet sich ausschließlich nach deutschem Recht.
Beispiel
Ein Steuerzahler unterstützt seine im Ausland lebende Schwester finanziell. Nach den Gesetzen des ausländischen Staates besteht eine gesetzliche Unterhaltsberechtigung der Schwester. Folge: Ein Abzug außergewöhnlicher Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG scheidet aus, weil die Schwester nach deutschem Recht gegenüber ihrem Bruder nicht unterhaltsberechtigt ist.
Zum Abzug nicht berechtigter Unterhaltsempfänger
In dem aktuellen BMF-Schreiben zu Unterhaltszahlungen an im Ausland lebende Zahlungsempfänger werden typische Fallvarianten beschrieben, bei denen der Abzug einer außergewöhnlichen Belastung nach § 33a Abs. 1 EStG ausgeschlossen ist (BMF 6.4.22, IV C 8 – S 2285/19/10002:001). Typische Lebenssachverhalte sind bspw.:
* 1. Sachverhalt, bei dem der Abzug ausgeschlossen ist: Vater oder Mutter in Deutschland unterstützt das Kind im Ausland, für das entweder in Deutschland Anspruch auf Kindergeld besteht oder für das im Ausland vergleichbare Familienbeihilfen bezahlt werden.
Beachten Sie | Welche vergleichbaren Familienbeihilfen im Ausland für ein Kind zum Wegfall des Abzugs von außergewöhnlichen Belastungen führen können, kann einem Schreiben des Bundeszentralamts für Steuern vom 16.1.2017 entnommen werden (BStBl I, 151).
* 2. Sachverhalt, bei dem der Abzug ausgeschlossen ist: Unterhaltszahlungen an den nicht dauernd getrennt lebenden und nicht unbeschränkt einkommensteuerpflichtigen Ehegatten, wenn das Veranlagungswahlrecht nach § 26 Abs. 1 i. V. m. § 1a Abs. 1 Nr. 2 EStG gegeben ist.
* 3. Sachverhalt, bei dem der Abzug ausgeschlossen ist: Zahlungen an den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten, wenn Sonderausgaben für Unterhaltszahlungen nach § 10 Abs. 1a EStG geltend gemacht werden.
* 4. Sachverhalt, bei dem der Abzug ausgeschlossen ist: Zahlungen an eine Person, die zwar nach ausländischem Recht unterhaltsberechtigt ist, nicht aber nach deutschem Recht. Das gilt selbst dann, wenn das internationale Privatrecht in Deutschland verbindlich ist (BFH 4.7.02, BStBl II Seite 76; BFH 27.7.11, BStBl II Seite 965).
Beachten Sie | Im ersten Schritt sollte also zunächst geprüft werden, ob überhaupt eine Unterhaltsberechtigung der unterstützten Person besteht. Wenn das zu verneinen ist, müssen auch keine Ausgaben für weitere Bescheinigungen und Übersetzungen mehr investiert werden.
Steuerzahler hat erhöhte Mitwirkungspflicht
Bei Unterhaltsleistungen an im Ausland lebende unterhaltsberechtigte Personen treffen den Steuerzahler neben der im Steuerrecht geltenden objektiven Beweislast noch erhöhte Mitwirkungspflichten bei Auslandssachverhalten nach § 90 Abs. 2 AO.
Den Steuerpflichtigen, der Unterhaltszahlungen als außergewöhnliche Belastung abziehen möchte, trifft also die Pflicht zur Beweismittelvorsorge. Kann er die notwendigen Beweismittel nicht erbringen, führt dieser Mangel zum Wegfall des Abzugs von außergewöhnlichen Belastungen.
Ausnahme: Nur in Ausnahmefällen sind dem Steuerpflichtigen Nachweismängel nicht anzulasten. Zum Beispiel ist dies der Fall, wenn wegen eines Kriegs in einem ausländischen Staat die Beschaffung beweiserheblicher Unterlagen nicht möglich ist und daher die Beschaffung von Beweisunterlagen für den Unterhaltszahlenden unzumutbar ist.
Praxistipp
Die erhöhte Mitwirkungspflicht bei Auslandssachverhalten nach § 90 Abs. 2 AO kann zusätzliche Kosten verursachen, beispielsweise für Übersetzungen durch einen amtlich zugelassenen Dolmetscher oder für Bescheinigungen ausländischer Behörden. Bei diesen anfallenden Aufwendungen handelt es sich nicht um Unterhaltsaufwendungen. Solche Aufwendungen bleiben somit steuerlich unberücksichtigt.
Nachweis der Unterhaltsbedürftigkeit
Der Steuerzahler muss plausibel nachweisen, dass die im Ausland unterhaltsberechtigte und finanziell unterstützte Person nachweislich unterhaltsbedürftig ist. Die Nachweisführung ist hier in der Praxis schwierig. Folgende Angaben erwartet das Finanzamt bei Unterhaltsleistungen an Personen im Ausland:
1. Verwandtschaftsverhältnis der unterhaltenen Person zum Steuerpflichtigen oder dessen Ehegatten.
2. Name, Geburtsdatum, Geburtsort, berufliche Tätigkeit, Anschrift, Familienstand und die Aussage, ob zum Haushalt im Ausland weitere Personen gehören. Diese Angaben sind durch eine Bestätigung der Heimatbehörde nachzuweisen.
3. Angaben über Art und Umfang der eigenen Einnahmen. Dazu gehören übrigens auch Unterhaltsleistungen von dritter Seite.
4. Angaben zum eigenen Vermögen.
5. Bei erstmaliger Beantragung von außergewöhnlichen Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG sind Angaben zu machen, wie die unterhaltene Person vorher ihren Lebensunterhalt bestreiten konnte. Vorzulegen sind hierbei auch Steuerbescheide, Rentenbescheide, Verdienstbescheinigungen, Bescheide der ausländischen Arbeits- oder Sozialversicherung und
6. Angaben, ob noch weitere Personen zum Unterhalt beigetragen haben.
Beachten Sie | Zur Erleichterung der Sachverhaltsaufklärung und zur erleichterten Beweisführung werden zweisprachige Unterhaltserklärungen in den gängigsten Sprachen im Formular-Management-System der Bundesfinanzverwaltung zum Download bereitgestellt (http://www.formulare-bfinv.de). Für jede unterhaltspflichtige Person ist eine eigene Unterhaltserklärung auszufüllen. Weigert sich die ausländische Heimatbehörde, diese Unterhaltserklärung zu unterzeichnen, können die Nachweise auch durch andere Dokumente erbracht werden (BMF 6.4.22, Rz. 8).
Unterstützung von Personen im erwerbsfähigen Alter
Im Gegensatz zu Unterhaltszahlungen an Personen, die in Deutschland leben, geht das Finanzamt bei im Ausland unterstützten Personen davon aus, dass sie ihren Lebensunterhalt selbst verdienen können, wenn sie sich im erwerbsfähigen Alter befinden (sog. Erwerbsobliegenheit). Mit anderen Worten: Nur wenn plausibel begründet werden kann, warum eine unterhaltsberechtigte Person im Ausland im erwerbsfähigen Alter nicht in der Lage ist, zu arbeiten, kommt unter Umständen der Abzug außergewöhnlicher Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG in Betracht.
Anzuerkennende Nachweise dafür, warum die unterstützte Person im Ausland nicht arbeiten kann, wären beispielsweise (BMF 6.4.22, Rz. 11): Alter und damit das Erreichen der Regelaltersgrenze nach den Vorschriften des deutschen Sozialrechts, Behinderung, schlechter Gesundheitszustand, Erziehung oder Betreuung von Kindern unter sechs Jahren, ein ernsthaft betriebenes Studium, eine Berufsausbildung oder die Pflege von Angehörigen mit Behinderung.
Praxistipp
Kann nur eine Bestätigung der Heimatbehörde zur Arbeitslosigkeit der unterstützten Person vorgelegt werden, stellt das keinen gewichtigen Grund dar, dass eine Person im erwerbsfähigen Alter keiner Arbeit nachgeht. Liegen keine weiteren Gründe vor, scheidet der Abzug außergewöhnlicher Belastungen nach § 33a Abs. 1 EStG aus.
Weitere zu beachtende Besonderheiten
1. Bargeld: Werden die Unterhaltszahlungen nicht per Überweisung getätigt, erwartet das Finanzamt Nachweise zur Reise ins Ausland, zur Herkunft des Bargeldes und eine Bestätigung der unterhaltenen Person zum Empfang des Geldes. Bei Zweifeln ist das Finanzamt hier sehr streng und versagt den Abzug außergewöhnlicher Belastungen.
2. Zahlungszeitpunkt: Die geleisteten Unterhaltszahlungen gelten nur für die Monate bis zum Jahresende. Sollte also im November ein Betrag von 10.000 EUR bezahlt worden sein, beträgt der abziehbare Höchstbetrag nur 1.724 EUR (10.347 EUR × 2/12). Der Restbetrag darf nicht im Folgejahr abgezogen werden.
fundstelle
BMF 6.4.22, IV C 8 – S 2285/19/10002 :001