Eine verbindliche Auskunft bindet als Verwaltungsakt die Finanzverwaltung auch dann, wenn ein örtlich nicht zuständiges FA sie erteilt hat.
Sachverhalt
Die Klägerin war Kommanditistin einer GmbH & Co. KG, die aus der Veräußerung eines Grundstücks eine Rücklage nach § 6b EStG gebildet hatte.
Vor Ablauf von vier Jahren plante die Klägerin den Bau von Tiefgaragenstellplätzen. Sie wollte hierfür die anteilige Rücklage der KG unter Verlängerung der Reinvestitionsfrist auf sechs Jahre nutzen. Zu diesem Zweck beantragte sie bei dem für sie zuständigen FA eine verbindliche Auskunft.
Das FA erteilte folgende Auskunft: Die anteilige Rücklage könne auf die Klägerin übertragen werden, sofern die formalen Voraussetzungen des § 6b Abs. 4 EStG eingehalten würden. Daraufhin buchte die KG die auf den Anteil der Kommanditistin entfallende Rücklage zum Ende des Wirtschaftsjahres gewinnneutral aus und buchte sie zugleich gewinnneutral ein.
Das für die gesonderte und einheitliche Gewinnfeststellung der KG zuständige FA nahm dagegen eine gewinnerhöhende Auflösung der Rücklage vor, da diese bis zur Herstellung des Reinvestitionsobjekts in der KG hätte verbleiben müssen. Die Reinvestition sei – gemessen an den Wirtschaftsjahren der KG – zu spät erfolgt. Die verbindliche Auskunft stehe dem nicht entgegen, da diese von einem für die KG örtlich unzuständigen FA erlassen worden sei.
Entscheidung
Die Klage hatte Erfolg. Die gewinnneutrale Übertragung der anteiligen Rücklage auf die Kommanditistin ist unabhängig von der materiell-rechtlichen Richtigkeit zulässig. Dies ergebe sich aus der verbindlichen Auskunft des für die Klägerin zuständigen FA.
Dass das für die Klägerin zuständige FA möglicherweise nicht für die Erteilung der verbindlichen Auskunft zuständig gewesen sei, sei unerheblich, da die Auskunft als Verwaltungsakt auch dann Bindungswirkung entfalte, wenn sie von einer örtlich unzuständigen Behörde erteilt wurde.
Schließlich sei die verbindliche Auskunft nicht nichtig. Auch wenn der BFH zwischenzeitlich entschieden habe, dass die isolierte Übertragung einer Rücklage nicht zulässig sei, sei eine solche Übertragung zum Zeitpunkt der Auskunftserteilung jedenfalls vertretbar gewesen.
Praxistipp | Die Revision war mit Blick auf die im Urteil dargelegte Verwaltungsauffassung zur Auswirkung der Unzuständigkeit der die verbindliche Auskunft erteilenden Behörde zuzulassen und ist beim BFH unter dem Az. IV R 23/19 anhängig.
Fundstelle
FG Münster 17.6.19, 4 K 3539/16 F