1 Grundlegende Begriffe
Zum Umlaufvermögen gehören in erster Linie Vermögensgegenstände (Wirtschaftsgüter), die dazu bestimmt sind, veräußert zu werden. Im Rahmen der Produktion, also der Herstellung von Umlaufvermögen, gehören die dafür benötigten Rohstoffe sowie Hilfs- und Betriebsstoffe zum Umlaufvermögen. Für derartige zum Verbrauch oder zur Weiterveräußerung bestimmte Vermögensgegenstände wird in der Rechnungslegung der Oberbegriff Vorräte verwendet.
Zum Bilanzstichtag haben Sie als Kaufmann eine körperliche Bestandsaufnahme des Vorratsvermögens, die sogenannte Inventur, zu erstellen.
Hinweis
Zur Inventur selbst erhalten Sie alle grundlegenden Informationen in unserem Merkblatt „Durchführung von Inventuren“ – sprechen Sie uns gerne darauf an!
Als Herstellungskosten sind grundsätzlich alle Aufwendungen anzusehen, die entstehen durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands, seine Erweiterung oder für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung desselben.
2 Bewertung nach Handels- und Steuerrecht
Zum Schutz der Gläubiger ist im deutschen Handelsgesetzbuch (HGB) bei der Bewertung des Umlaufvermögens das Niederstwertprinzip anzuwenden. Anschaffungen sind mit dem Einkaufspreis anzusetzen. Halbfertige Arbeiten sind regelmäßig mit den Herstellungskosten anzusetzen. Dieses gilt gleichermaßen im Handelsrecht wie im Steuerrecht.
Hinweis
Als halbfertige Arbeiten gelten Wirtschaftsgüter, die am Bilanzstichtag noch nicht fertiggestellt sind, mit deren Herstellung aber bereits begonnen wurde. Für diese sind die bis zum Bilanzstichtag angefallenen Herstellungskosten zu aktivieren.
Zudem gilt bei der Bewertung der Vorräte der Grundsatz der Einzelbewertung. Es sind diejenigen Aufwendungen zu erfassen, die für die Herstellung angefallen sind. Dabei weichen die steuerlichen Herstellungskosten in einigen Bereichen vom Handelsrecht ab. Bei Wahlrechten nach dem HGB muss jeweils geprüft werden, ob der Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz anzuwenden ist oder ob angesichts von Steuerrechtsnormen diese zwingend für die Ermittlung des steuerlichen Gewinns anzuwenden sind.
Die folgende Übersicht zeigt, für welche Kosten eine Aktivierungspflicht, ein Aktivierungswahlrecht oder gar ein Aktivierungsverbot besteht.
Kosten/Aufwand | Handelsbilanz | Steuerbilanz |
Materialeinzelkosten | Pflicht | Pflicht |
Fertigungseinzelkosten | Pflicht | Pflicht |
Sondereinzelkosten der Fertigung | Pflicht | Pflicht |
angemessene Teile der Materialgemeinkosten | Pflicht | Pflicht |
angemessene Teile der Fertigungsgemeinkosten | Pflicht | Pflicht |
Wertverzehr des Anlagevermögens (soweit durch die Fertigung verursacht) | Pflicht | Pflicht |
Wertuntergrenze der handels- und steuerrechtlichen Herstellungs-kosten | ||
anteilige Kosten der allgemeinen Verwaltung | Wahlrecht | Wahlrecht |
angemessene Aufwendungen für soziale Einrichtungen des Betriebs | Wahlrecht | Wahlrecht |
angemessene Aufwendungen für freiwillige soziale Leistungen | Wahlrecht | Wahlrecht |
angemessene Aufwendungen für die betriebliche Altersversorgung | Wahlrecht | Wahlrecht |
Fremdkapitalzinsen zur Finanzierung der Herstellung | Wahlrecht | Wahlrecht |
Wertobergrenze der handels- und steuerrechtlichen Herstellungs-kosten | ||
Forschungskosten | Verbot | Verbot |
Vertriebskosten | Verbot | Verbot |
allgemeine Zinsen auf Fremdkapital | Verbot | Verbot |
Wie die Tabelle zeigt, dürfen weder Forschungs- noch Vertriebskosten mit einbezogen werden. Auch Steuern vom Einkommen und Ertrag (z.B. Einkommen-, Körperschaft- und Gewerbesteuer) gehören nicht zu den Herstellungskosten. Zudem dürfen Fremdkapitalzinsen nicht in die Herstellungskosten einbezogen werden. Zinsen für Fremdkapital, das unmittelbar zur Finanzierung der Herstellung eines Vermögensgegenstands verwendet wird, dürfen hingegen aktiviert werden, soweit sie auf den Zeitraum der Herstellung entfallen.
2.1 Besonderheiten einzelner Kosten
2.1.1 Vorsteuerbeträge
Nach dem Umsatzsteuergesetz abziehbare Vorsteuerbeträge zählen nicht zu den Herstellungskosten. Ist der Unternehmer dagegen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt, zählt die Vorsteuer zu den Herstellungskosten.
2.1.2 Materialgemeinkosten und Fertigungskosten
Zu den Materialgemeinkosten und den Fertigungsgemeinkosten zählen unter anderem auch die Aufwendungen für folgende Kostenstellen:
- Lagerhaltung, Transport und Prüfung des Fertigungsmaterials
- Vorbereitung und Kontrolle der Fertigung
- Werkzeuglager
- Betriebsleitung, Raumkosten, Sachversicherungen
- Unfallstationen und Unfallverhütungseinrichtungen der Fertigungsstätten
- Lohnbüro, soweit in ihm die Löhne und Gehälter der in der Fertigung tätigen Arbeitnehmer abgerechnet werden
2.1.3 Wertverzehr des Anlagevermögens
Als Wertverzehr des Anlagevermögens, soweit es der Fertigung der Erzeugnisse gedient hat, ist grundsätzlich der Betrag anzusetzen, der bei der Bilanzierung des Anlagevermögens als Abschreibung (AfA) berücksichtigt ist.
2.1.4 Kosten für die allgemeine Verwaltung
Zu den Kosten der allgemeinen Verwaltung zählen unter anderem die Aufwendungen für folgende Bereiche:
- Geschäftsleitung
- Einkauf und Wareneingang
- Betriebsrat
- Personalbüro
- Nachrichtenwesen
- Ausbildungswesen
- Rechnungswesen, zum Beispiel Buchführung, Betriebsabrechnung, Statistik und Kalkulation
- Feuerwehr, Werkschutz
- allgemeine Fürsorge einschließlich Betriebskrankenkasse
2.1.5 Aufwendungen für soziale Einrichtungen
Aufwendungen für soziale Einrichtungen sind etwa Kosten für die Kantine einschließlich Essenszuschüsse sowie für die Freizeitgestaltung der Arbeitnehmer.
3 Verfahren zur Ermittlung der Herstellungskosten
Die Ermittlung der Herstellungskosten kann unter Berücksichtigung verschiedener Auslastungsgrade erfolgen. Als Basis für die Berechnung kommen zum Beispiel in Betracht:
- die tatsächlich angefallenen Kosten
- die Kosten auf Basis einer Normalbeschäftigung
- die Kosten auf Basis einer optimalen Beschäftigung
Ferner können zur Ermittlung der Herstellungskosten folgende Kalkulationsmethoden angewandt werden:
- Divisionskalkulation
- Äquivalenzziffernrechnung
- Zuschlagskalkulation
- Prozesskostenrechnung
Dabei ist zu beachten, dass durch Anwendung dieser Methoden kalkulatorische Kosten herausgerechnet und so nur auszahlungswirksame Kosten einbezogen werden.