Immer wieder kommt es vor, dass ein laufender Mietvertrag vorzeitig aufgelöst werden soll. Eine gängige Gestaltung, um den Mieter zur vorzeitigen Vertragsauflösung zu bewegen, ist insoweit der finanzielle Anreiz durch Zahlung einer Abfindung. Welche steuerlichen Besonderheiten hierbei zu beachten sind, zeigt das folgende Beispiel aus der Praxis.
Hintergrund
Wird seitens des Vermieters eine Abfindung zur vorzeitigen Mietvertragsauflösung geleistet, stellt sich die Frage nach einer steuerlichen Berücksichtigung der Abfindungszahlung für Zwecke der persönlichen Einkommensteuer. In Abhängigkeit einer privaten oder gewerblichen Vermietung kann die Abfindungszahlung zu Betriebsausgaben oder Werbungskosten führen. Hierbei ist bedeutsam, zu welchem konkreten Zeitpunkt die Abfindungszahlung einkommensmindernd beim Vermieter berücksichtigt werden kann.
Praxistipp
Eine Abfindung ist bei vorzeitiger Mietvertragsauflösung nicht gesetzlich geregelt. In betroffenen Einzelfällen kann diese jedoch durch einen schriftlichen Mietvertrag bzw. Zusatz zivilrechtlich vereinbart werden.
Beispiel |
X ist Eigentümer einer Eigentumswohnung im Teileigentum, die er an Y vermietet. Hierbei wurde ein Mietvertrag über eine Mindestdauer von 3 Jahren mit Wirkung ab dem 1.1.2024 abgeschlossen (Laufzeitende ist somit am 31.12.26). Die Eigentumswohnung befindet sich im Erdgeschoss eines Mehrfamilienhauses und verfügt insgesamt über 3 Zimmer. Aufgrund des barrierefreien Zugangs und der großen, bodenebenen Fensterfront im Hauptraum eignet sich die bisher an Y vermietete Eigentumswohnung auch optimal für ein kleines, gewerbliches Ladengeschäft mit potenzieller Sichtware. X als Vermieter übt neben seiner privaten Vermietung eine gewerbliche Tätigkeit durch ein Einzelunternehmen (Schneiderei) aus. Er ermittelt den Gewinn des Einzelunternehmens durch Betriebsvermögensvergleich. Bisher konnte X seine gewerbliche Tätigkeit in gesonderten Gewerberäumen ausführen. |
Aufgrund einer Eigenbedarfskündigung muss X die bisherigen Gewerberäume jedoch zum 31.12.2024 räumen. Daher benötigt er dringend seine Eigentumswohnung ab dem 1.1.2025 für eigenbetriebliche Nutzungszwecke. Um einen finanziellen Anreiz zur vorzeitigen Mietvertragsauflösung mit Y (Mieter) zu setzen, bietet X dem Y eine einmalige Abfindung in Höhe von 5.000 EUR an. Daraufhin einigen sich X und Y auf eine vorzeitige Mietvertragsauflösung zum Ablauf des 31.12.2024. Ab dem 1.1.2025 erfolgt eine anschließend eigenbetriebliche Nutzung der Eigentumswohnung durch X selbst. Lösung: Der laufende Mietvertrag zwischen X (Vermieter) und Y (Mieter) wird aufgelöst, weil X in den Räumen selbst sein gewerbliches Einzelunternehmen ab dem 1.1.2025 fortführen möchte. Die Abfindungszahlung dient somit dazu, die eigengewerbliche Nutzung der Eigentumswohnung vor Ablauf des regulären Mietverhältnisses zu ermöglichen. Die durch X an Y zum 31.12.2024 einmalig zu zahlende Abfindung stellt in Höhe von 5.000 EUR dem Grunde nach Betriebsausgaben des X dar. Betriebsausgaben sind hierbei sämtliche Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlasst sind (§ 4 Abs. 4 EStG) und gehören hingegen nicht zu den Anschaffungskosten des Grundstücks. Der durch eine solche Abstandszahlung erlangte Vorteil ist nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BFH 2.3.70, GrS 1/69, BStBl II 1970, 382) überdies als selbstständig bewertbares Wirtschaftsgut zu aktivieren und im Zeitraum zwischen dem vereinbarten Räumungstermin und dem im ursprünglichen Mietvertrag vereinbarten Ablauf des Mietverhältnisses in gleichmäßigen Beträgen abzuschreiben: |
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Abfindungszahlung: |
5.000 EUR |
Abschreibungszeitraum: |
2 Jahre (31.12.2024 bis 31.12.2026) |
AfA als Betriebsausgabe: |
2.500 EUR |
Als Abschreibungszeitraum des durch eine Abstandszahlung erlangten Vorteils gilt hierbei der Zeitraum zwischen dem vereinbarten Räumungstermin (31.12.2024) und dem im ursprünglichen Mietvertrag vereinbarten Ablauf des Mietverhältnisses (31.12.2026) maßgebend. |
Beachten Sie | Es empfiehlt sich dringend, vor der Aufnahme einer gewerblichen Tätigkeit in einem Wohngebiet zunächst bei der für Baugenehmigungen und/oder Nutzungsänderungen zuständigen Baugenehmigungsbehörde Auskunft darüber einzuholen, ob und ggf. unter welchen einschränkenden Voraussetzungen an dem betreffenden Wohnstandort bzw. in einem Wohngebäude die Ausübung einer gewerblichen Tätigkeit zulässig ist.