In Steuer-Tipps für ALLE

Inhalt

1 Überblick zum Berliner Testament

2 Allgemeines zur Testamentserrichtung bei Ehegatten

3 Berliner Testament

3.1 Zivilrecht

3.2 Erbschaftsbesteuerung

3.3 Erbschaftsteuerliche Nachteile

3.4 Erbschaftsteuerliche Gestaltungsmöglichkeiten

3.5 Besondere Besteuerungsregel bei der Schlusserbschaft

3.6 Mehrfacher Erwerb desselben Vermögens

3.7 Unternehmensnachfolge

4 Vor- und Nacherbschaft

4.1 Zivilrecht

4.2 Erbschaftsteuerliche Konsequenzen

4.3 Besonderheiten bei der Vor- und Nacherbschaft

5 Übersicht: Vor- und Nachteile des Berliner Testaments

1 Überblick zum Berliner Testament

Häufige Testamentsart bei Ehegatten (und eingetragenen Lebenspartnern) mit Kindern ist das Berliner Testament. Wird ein solches errichtet, ist durch Auslegung festzustellen, ob die Ehegatten wollen, dass der überlebende Ehegatte Alleinerbe wird oder ob Vor- und Nacherbschaft gewollt ist.

Dieses Merkblatt erläutert zunächst das gemeinschaftliche Testament, dann das Berliner Testament und dann die Vor- und Nacherbschaft. Hierbei geht es auf das Erbrecht und dann auf die erbschaftsteuerlichen Konsequenzen mit eventuellen Gestaltungsmöglichkeiten zur Abfederung der Konsequenzen ein.

Hinweis

Die Ausführungen gelten für Ehepartner und eingetragene Lebenspartner gleichermaßen.

2 Allgemeines zur Testaments­errichtung bei Ehegatten

Der Testierende kann ein Einzeltestament errichten, in dem er seinen letzten Willen niederlegt.

Ehegatten haben jedoch auch die Möglichkeit, ein gemeinschaftliches Testament zu errichten.

Hinweis

Eine besondere Form des gemeinschaftlichen Testaments stellt das Berliner Testament dar (siehe nachfolgend unter Punkt 3).

Bei einem gemeinschaftlichen Testament genügt es, wenn einer der Ehegatten das Testament in der Form eines eigenhändigen Testaments errichtet (eigenhändig geschrieben und unterschrieben) und der andere Ehegatte die gemeinschaftliche Erklärung eigenhändig mitunterzeichnet. Dabei soll der mitunterzeichnende Ehegatte auch angeben, zu welcher Zeit (Tag, Monat und Jahr) und an welchem Ort er seine Unterschrift beigefügt hat.

Vielmals werden die Ehegatten in ihrem gemeinschaftlichen Testament wechselbezügliche Verfügungen treffen, wonach die Verfügung des einen Ehegatten nicht ohne die Verfügung des anderen Ehegatten getroffen sein würde.

Ein solches Verhältnis der Verfügungen zueinander ist im Zweifel anzunehmen,

  • wenn sich die Ehegatten gegenseitig bedenken oder
  • wenn dem einen Ehegatten von dem anderen eine Zuwendung gemacht und für den Fall des Überlebens des Bedachten eine Verfügung zugunsten einer Person getroffen wird, die mit dem anderen Ehegatten verwandt ist oder ihm sonst nahesteht.

Beispiel

Die Eheleute Anna und Stefan haben ein gemeinschaftliches Testament errichtet. Hierbei hat Anna das Testament handschriftlich niedergelegt und unterschrieben. Anschließend hat auch Stefan das Testament unterzeichnet. Im Testament haben die Ehegatten die Verfügung getroffen, dass im Fall des Todes von Anna Ehemann Stefan ihren gesamten Nachlass erhalten soll, und im Falle des Todes von Stefan Ehefrau Anna den gesamten Nachlass von Stefan erhält.

Lösung

Es liegt ein gemeinschaftliche Testament mit einer wechselbezüglichen Verfügung vor.

Dabei hat die Nichtigkeit oder der Widerruf der einen Verfügung die Unwirksamkeit der anderen zur Folge.

Kommt es zur Eheauflösung, ist das gemeinschaftliche Testament unwirksam.

Grund für die Errichtung eines gemeinschaftlichen Testaments kann zum Beispiel sein, dass vorhandene Kinder erst nach dem Tod des überlebenden Ehegatten den Nachlass erhalten sollen. Gleiches gilt für Verwandte. Vorteil ist hierbei, dass der überlebende Ehegatte den Nachlass in vollem Umfang erhält, was seiner finanziellen Absicherung dient.

Aus erbschaftsteuerlicher Sicht muss bei einem gemeinschaftlichen Testament der überlebende Ehegatte die Erbschaft als Erwerb von Todes wegen versteuern.

Beispiel

Die Eheleute Anna und Stefan, die im Güterstand der Gütertrennung leben, haben ein gemeinschaftliches Testament errichtet. Kinder sind nicht vorhanden. Stefan verstirbt am 01.09.2024. Der Steuerwert des Nachlasses beträgt 1.920.000 €.

Lösung

Anna ist gemäß des gemeinschaftlichen Testaments Alleinerbin und hat ihren Erwerb der Erbschaftsteuer zu unterwerfen.

Die Ermittlung der Bereicherung, des steuerpflichtigen Erwerbs sowie der Erbschaftsteuer ergibt sich für sie wie folgt:

Vermögensanfall/Bereicherung 1.920.000 €

abzüglich Beerdigungskostenpauschale − 10.300 €

abzüglich persönlicher Freibetrag − 500.000 €

abzüglich Versorgungsfreibetrag − 256.000 €

steuerpflichtiger Erwerb 1.153.700 €

Erbschaftsteuer (19 % von 1.153.700 €) 219.203 €

3 Berliner Testament

3.1 Zivilrecht

Bei einem Berliner Testament errichten die Ehegatten ebenfalls ein gemeinschaftliches Testament und setzen sich gegenseitig zu Erben ein, aber gleichzeitig bestimmen sie, dass nach dem Tod des Zweitverstorbenen der beiderseitige Nachlass an einen Dritten (insbesondere Kinder) fallen soll.

In diesem Fall wird der überlebende Ehegatte Alleinerbe. Die Kinder gehen somit zunächst leer aus. Der gesamte Nachlass fällt ihnen erst an, wenn der überlebende Ehegatte verstirbt. Auf sie geht über, was von dem Vermögen beim Tod des letztverstorbenen Ehegatten noch vorhanden ist.

Beispiel

Die Ehegatten Julius und Tanja haben die gemeinsame Tochter Lena. Die Ehegatten haben ein Berliner Testament errichtet, indem sie sich gegenseitig zu Alleinerben und die gemeinsame Tochter zur Schlusserbin eingesetzt haben. Ehegatte Julius verstirbt.

Lösung

Es liegt ein Berliner Testament vor. Ehegattin Tanja ist hier Alleinerbin, Tochter Lena ist Schlusserbin.

Beim Berliner Testament ist zwischen der Einheitslösung und der Trennungslösung zu unterscheiden.

3.1.1 Einheitslösung

Bei der Einheitslösung wird der überlebende Ehegatte Vollerbe. Der Nachlass des verstorbenen Ehegatten und der des überlebenden Ehegatten verschmelzen zu einer Einheit. Das überlebende Kind bzw. die überlebenden Kinder erhalten zunächst nichts. Sie erben erst den gesamten Nachlass beim Tod des zuletzt versterbenden Ehegatten.

Beispiel

Max und Nora sind verheiratet. Bei der Eheschließung haben sie sich für den Güterstand der Gütertrennung entschieden. Sie haben den gemeinsamen Sohn Holger. Als Testamentsform haben sie das Berliner Testament gewählt. Am 01.09.2024 verstirbt Nora. Die Auslegung des Testaments ergibt die Einheitslösung.

Lösung

Aufgrund der Einheitslösung wird Max als überlebender Ehegatte Vollerbe. Der Sohn Holger erhält beim Erbfall von der Mutter Nora nichts. Erst mit deren Tod erhält er den gesamten Nachlass (von Vater und Mutter).

3.1.2 Trennungslösung

Hier gelten die Spielregeln für die Vor- und Nacherbschaft (siehe Punkt 4).

Ist die Trennungslösung gewollt, wird der überlebende Ehegatte Vorerbe und die Kinder Nacherben.

Beispiel

Corinna und Kurt sind verheiratet. Bei der Eheschließung haben sie sich für den Güterstand der Gütertrennung entschieden. Sie haben die gemeinsame Tochter Nena. Als Testamentsform haben sie das Berliner Testament gewählt. Am 01.08.2024 verstirbt Kurt. Die Auslegung des Testaments ergibt die Trennungslösung.

Lösung

Aufgrund der Trennungslösung wird Corinna Vorerbin und die Tochter Nena Nacherbin.

Was tatsächlich gewollt ist, muss im Wege der Testamentsauslegung ermittelt werden. Hierbei gilt im Zweifel das Einheitsprinzip.

3.2 Erbschaftsbesteuerung

3.2.1 Besteuerung des überlebenden Ehegatten

Der überlebende Ehegatte hat die ihm angefallene Erbschaft als Vollerbe zu versteuern. Dabei verwirklicht er einen Erwerb von Todes wegen.

3.2.2 Besteuerung des/der Schlusserben

Die Schlusserben müssen beim Tod des erstversterbenden Ehegatten nichts versteuern.

Verstirbt zu einem späteren Zeitpunkt auch der überlebende Ehegatte, dann muss der Schlusserbe den gesamten Nachlass beider Ehegatten der Erbschaftsteuer unterwerfen.

Beispiel

Anna und Andreas sind verheiratet. Bei der Eheschließung haben sie sich für den Güterstand der Gütertrennung entschieden. Sie haben die gemeinsame Tochter Christina. Als Testamentsform haben sie das Berliner Testament gewählt. Am 01.09.2024 verstirbt Andreas. Der Steuerwert des Nachlasses beläuft sich auf 1.450.000 €. Steuerlich begünstigtes Vermögen ist nicht vorhanden. Christina fordert von Anna nicht ihren Pflichtteilsanspruch ein. Zwölf Jahre später verstirbt auch Anna. Die Testamentsauslegung ergibt die Einheitslösung. Eigenes Vermögen der Anna ist nicht vorhanden. Das Vermögen, das auf die Tochter übergeht, beträgt 1.320.097 € (Vermögen des Ehemannes von 1.450.000 € abzüglich Erbschaftsteuer in Höhe von 129.903 €).

Lösung

Konsequenzen für die Ehefrau Anna beim Tod von Andreas

Aufgrund des Berliner Testaments ist Ehefrau Anna Alleinerbin. Sie hat ihren Erbanfall als Erwerb von Todes zu versteuern.

Die Ermittlung der Bereicherung, des steuerpflichtigen Erwerbs sowie der Erbschaftsteuer ergibt sich für Anna wie folgt:

Vermögensanfall/Bereicherung 1.450.000 €

abzüglich Beerdigungskostenpauschale − 10.300 €

abzüglich persönlicher Freibetrag − 500.000 €

abzüglich Versorgungsfreibetrag − 256.000 €

steuerpflichtiger Erwerb 683.700 €

Erbschaftsteuer (19 % von 683.700 €) 129.903 €

Konsequenzen für die Tochter Christina beim Tod von Vater Andreas

Da Christina nichts erhält, hat sie auch nichts zu versteuern.

Tod von Anna

Beim Tod von Anna tritt nun der Schlusserbfall ein. Tochter Christina ist nun Schlusserbin (bzw. Alleinerbin von Anna).

Sie hat ihren Erbanfall ebenfalls als Erwerb von Todes wegen zu versteuern.

Die Ermittlung der Bereicherung, des steuerpflichtigen Erwerbs sowie der Erbschaftsteuer ergibt sich für Christina wie folgt:

Vermögensanfall/Bereicherung 1.320.097 €

abzüglich Beerdigungskostenpauschale − 10.300 €

abzüglich persönlicher Freibetrag − 400.000 €

abgerundeter steuerpflichtiger Erwerb 909.700 €

Erbschaftsteuer (19 % von 909.700 €) 172.843 €

3.3 Erbschaftsteuerliche Nachteile

Wenn die Ehegatten ein niedriges Vermögen haben, kann ein Berliner Testament sinnvoll sein. Ist das Vermögen jedoch höher, kann sich das Berliner Testament als nachteilig erweisen.

Grund hierfür ist, dass die persönlichen Freibeträge im Verhältnis zwischen dem erstversterbenden Ehegatten und den Schlusserben nicht zur Anwendung kommen, da die Schlusserben durch die gegenseitige Alleinerbeneinsetzung der Ehegatten enterbt sind. Da Kinder als Schlusserben also erst nach dem Tod des zweitversterbenden Ehegatten erben können, bedeutet dies, dass die Freibeträge, die nach dem Tod des Erstversterbenden gegolten hätten, ungenutzt verfallen.

Auch wird sich regelmäßig ein Progressionsnachteil ergeben.

3.4 Erbschaftsteuerliche Gestaltungs­mö­g­lichkeiten

Um die erbschaftsteuerlichen Nachteile des Berliner Testaments zu verhindern, besteht die Möglichkeit, bestimmte Gestaltungen zu nutzen. Diese können sein:

3.4.1 Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen

Die durch das Berliner Testament enterbten Kinder machen ihren Pflichtteilanspruch geltend. Damit können sie ihre persönlichen Freibeträge in Höhe von 400.000 € im Verhältnis zum verstorbenen Ehegatten (Elternteil) in Anspruch nehmen.

3.4.2 Aussetzung von Vermächtnissen

Im Berliner Testament der Ehegatten werden den Kindern Vermächtnisse ausgesetzt. Die Höhe der Vermächtnisse bemisst sich an der Höhe der persönlichen Freibeträge, d.h. 400.000 €.

Auch wird es hier regelmäßig zu einem Progressionsvorteil beim überlebenden Ehegatten kommen, da sich der steuerpflichtige Erwerb durch das Vermächtnis reduziert.

Beispiel

Sarah und Peter sind verheiratet. Bei der Eheschließung haben sie sich für den Güterstand der Gütertrennung entschieden. Sie haben die gemeinsame Tochter Regina. Als Testamentsform haben sie das Berliner Testament gewählt. Am 01.10.2024 verstirbt Peter. Der Steuerwert des Nachlasses beläuft sich auf 1.940.000 €. Steuerlich begünstigtes Vermögen ist nicht vorhanden. Die Testamentsauslegung ergibt die Einheitslösung. Eigenes Vermögen der Sarah ist nicht vorhanden. Im Testament wurde festgelegt, dass die Tochter beim Tod des erstversterbenden Ehegatten ein Vermächtnis in Höhe von 400.000 € erhalten soll.

Lösung

Besteuerung der überlebenden Ehefrau Sarah

Aufgrund des Berliner Testaments ist Ehefrau Sarah Alleinerbin. Sie hat ihren Erbanfall als Erwerb von Todes wegen zu versteuern. Das Vermächtnis mindert als Nachlassverbindlichkeit ihren steuerpflichtigen Erwerb.

Die Ermittlung der Bereicherung, des steuerpflichtigen Erwerbs sowie der Erbschaftsteuer ergibt sich für Sarah wie folgt:

Vermögensanfall/Bereicherung 1.940.000 €

abzüglich Vermächtnislast − 400.000 €

abzüglich Beerdigungskostenpauschale − 10.300 €

abzüglich persönlicher Freibetrag − 500.000 €

abzüglich Versorgungsfreibetrag − 256.000 €

steuerpflichtiger Erwerb 737.700 €

Erbschaftsteuer (19 % von 737.700 €) 147.003 €

Besteuerung von Tochter Regina

Regina hat das angefallene Vermächtnis als Erwerb von Todes wegen zu versteuern. Dies bietet den Vorteil, dass der persönliche Freibetrag im Verhältnis zu Peter (ihrem Vater) nicht verlorengeht.

Die Ermittlung der Bereicherung, des steuerpflichtigen Erwerbs sowie der Erbschaftsteuer ergibt sich für Regina wie folgt:

Vermögensanfall (Vermächtnis) 400.000 €

abzüglich persönlicher Freibetrag − 400.000 €

steuerpflichtiger Erwerb 0 €

Erbschaftsteuer 0 €

3.4.3 Ausschlagung gegen Abfindung

Der überlebende Ehegatte schlägt die Erbschaft aus und erhält dafür von den Erben eine Abfindung. Die Abfindung gilt hierbei als vom Erblasser (= zuerst verstorbenem Ehegatten, was steuerlich vorteilhaft ist) zugewendet und unterliegt auch der Steuerpflicht.

Beispiel

Lothar und Marietheres sind verheiratet und haben sich für den Güterstand der Gütertrennung entschieden. Sie haben die gemeinsame Tochter Angela. Als Testamentsform haben sie das Berliner Testament gewählt. Am 01.10.2024 verstirbt Lothar. Der Steuerwert des Nachlasses beläuft sich auf 2.250.000 €. Steuerlich begünstigtes Vermögen ist nicht vorhanden. Die Testamentsauslegung ergibt die Einheitslösung. Eigenes Vermögen der Marietheres ist nicht vorhanden. Die überlebende Marietheres schlägt die Erbschaft aus und erhält von der Tochter Angela eine Abfindung in Höhe von 1 Mio. €.

Lösung

Besteuerung von Ehefrau Marietheres

Aufgrund des Berliner Testaments ist Ehefrau Marietheres Alleinerbin. Sie hat ihren Erbanfall als Erwerb von Todes zu versteuern. Ihre Tochter ist enterbt. Aber da Marietheres die Erbschaft ausgeschlagen hat, erbt die Tochter Angela den Nachlass. Marietheres hat die Abfindung zu versteuern, aber im Verhältnis zu ihrem Ehemann. Damit kommen die persönlichen Freibeträge zwischen Ehegatten (persönlicher Freibetrag 500.000 € und Versorgungsfreibetrag 256.000 €) zur Anwendung.

Die Ermittlung der Bereicherung, des steuerpflichtigen Erwerbs sowie der Erbschaftsteuer ergibt sich für Marietheres wie folgt:

Vermögensanfall/Bereicherung 1.000.000 €

abzüglich persönlicher Freibetrag − 500.000 €

abzüglich Versorgungsfreibetrag − 256.000 €

steuerpflichtiger Erwerb 244.000 €

Erbschaftsteuer (11 % von 244.000 €) 26.840 €

Besteuerung von Tochter Angela

Aufgrund der Ausschlagung ihrer Mutter Marietheres ist Angela Alleinerbin. Die Abfindung kann sie bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs abziehen und mindert somit ihre erbschaftsteuerliche Belastung.

Die Ermittlung der Bereicherung, des steuerpflichtigen Erwerbs sowie der Erbschaftsteuer ergibt sich für Angela wie folgt:

Vermögensanfall/Bereicherung 2.250.000 €

abzüglich Abfindung − 1.000.000 €

abzüglich Beerdigungskostenpauschale − 10.300 €

abzüglich persönlicher Freibetrag − 400.000 €

steuerpflichtiger Erwerb 839.700 €

Erbschaftsteuer (19 % von 839.700 €) 159.543 €

3.5 Besondere Besteuerungsregel bei der Schlusserbschaft

Das Erbschaftsteuergesetz (ErbStG) bietet dem Schlusserben mit § 15 ErbStG eine besondere Regelung.

Auf Antrag des Schlusserben kann seiner Versteuerung das Verhältnis zum zuerst verstorbenen Ehegatten zugrunde gelegt werden, soweit dessen Vermögen beim Tod des überlebenden Ehegatten noch vorhanden ist.

Dafür müssen folgende Voraussetzungen gegeben sein:

  • Die Ehegatten haben ein Berliner Testament errichtet, und
  • der überlebende Ehegatte ist an die im Berliner Testament getroffene Verfügung gebunden,

Der zivilrechtlich als Einheit zu beurteilende Nachlass des zuletzt verstorbenen Ehegatten muss somit für die Erbschaftsteuer aufgeteilt werden, und zwar

  • in das vom zuerst verstorbenen Ehegatten stammende Vermögen, das beim Tod des Letztverstorbenen noch vorhanden ist, und
  • in den übrigen Nachlass.

Der mit dem zuerst verstorbenen Ehegatten näher verwandte Schlusserbe ist im Hinblick auf das von diesem stammende Vermögen erbschaftsteuerrechtlich so zu behandeln, als ob er es unmittelbar als Erbe von diesem Ehegatten erworben hätte.

3.6 Mehrfacher Erwerb desselben Ver­mögens

Steuerlich entlastend bei einem Berliner Testament kann sich auch die Regelung des § 27 ErbStG auswirken. Hiernach wird für den mehrfachen Erwerb desselben Vermögens innerhalb eines Zeitraums von zehn Jahren eine Steuerermäßigung gewährt.

Dabei setzt die Vorschrift Folgendes voraus:

  • Die Personen müssen zur Steuerklasse I zugehörig sein.
  • Es muss sich um einen Übergang des Vermögens von Todes wegen handeln.
  • Das Vermögen wurde in den letzten zehn Jahren von Personen der Steuerklasse I erworben.
  • Es muss eine Steuer für das übergegangene Vermögen zu erheben gewesen sein.

3.7 Unternehmensnachfolge

Gegebenenfalls wird im Nachlass auch Unternehmens- bzw. Betriebsvermögen vorhanden sein.

Hierbei gelten bei einem Berliner Testament die folgenden Punkte.

3.7.1 Überlebender Ehegatte

Liegen die entsprechenden Voraussetzungen vor, kann der überlebende Ehegatte die Verschonungen für Betriebsvermögen in Anspruch nehmen. Diese sind insbesondere

  • ein Verschonungsabschlag von 85 % und ein Abzugsbetrag von 150.000 €, oder alternativ
  • die Optionsverschonung, das heißt eine komplette Steuerbefreiung des begünstigten Vermögens.

Eine der Voraussetzungen ist die Behaltensregelung. Demnach fällt die Vergünstigung für Betriebsvermögen weg, wenn gegen die Voraussetzungen für die Verschonungen verstoßen wird. Hierzu gehört auch, dass der überlebende Ehegatte das begünstigte Vermögen für einen gewissen Zeitraum (dieser hängt ab von der jeweiligen Verschonung) behält, das heißt nicht weitergibt.

Hinweis

Die Vererbung (z.B. durch die Schlusserbschaft) führt jedoch nicht zu einem Verstoß gegen die Behaltensregelungen.

3.7.2 Schlusserbe

Liegen die entsprechenden Voraussetzungen vor, kann auch der Schlusserbe die Verschonungen für Betriebsvermögen in Anspruch nehmen. Dies sind auch bei ihm

  • der Verschonungsabschlag von 85 % und ein Abzugsbetrag von 150.000 €, oder alternativ
  • die Optionsverschonung, das heißt eine komplette Steuerbefreiung des begünstigten Vermögens.

Hinweis

Weitere Einzelheiten hierzu können Sie auch dem Merkblatt „Erbschaftsteuer: Übertragung von Betriebsvermögen“ entnehmen, das wir Ihnen auf Wunsch gerne aushändigen.

4 Vor- und Nacherbschaft

4.1 Zivilrecht

Der Erblasser hat die Möglichkeit, einen Erben in seinem Testament dahingehend einzusetzen, dass dieser erst dann zum Erben wird, wenn zunächst ein anderer Erbe geworden ist. Es entsteht hierbei keine Erbengemeinschaft.

Beispiel

Mario errichtet ein Testament, in dem er seine Tochter Lena zur Alleinerbin einsetzt. Da Mario den Ehemann von Lena nicht mag, will er nicht, dass dieser seine Erbschaft erhält. Aus diesem Grund bestimmt Mario, dass nach dem Tod von Lena Marios Bruder Betram die Erbschaft erhalten soll. Mario stirbt, zwei Jahre später verstirbt auch Lena.

Lösung

Mario hat eine Vor- und Nacherbschaft angeordnet. Mit dem Tod von Mario wird Lena zunächst Alleinerbin. Nach ihrem Tod erhält nicht deren Ehemann die Erbschaft, sondern Bertram, der Bruder von Mario.

Hinweis

Die Person, die die Erbschaft zunächst erhält, wird als Vorerbe bezeichnet, und die Person, die nach dem Vorerben die Erbschaft erhält, wird Nacherbe genannt.

Mögliche Gründe, weshalb eine Vor- und Nacherbschaft angeordnet wird:

  • Der Erblasser will verhindern, dass bestimmte Personen an seinem Vermögen teilhaben (siehe vorgehendes Beispiel).
  • Der Erblasser kann auch eine noch nicht gezeugte Person als Nacherbe einsetzen.

Besonders wichtig ist auch, dass die Auslegung des Berliner Testaments dazu führen kann, dass von einer Vor- und Nacherbschaft auszugehen ist (siehe Punkt 3.1.2).

Der Erblasser kann einen Zeitpunkt bestimmen, ab wann die Nacherbschaft eintreten soll.

Hat der Erblasser jedoch einen Nacherben eingesetzt, ohne den Zeitpunkt oder das Ereignis zu bestimmen, mit dem die Nacherbfolge eintreten soll, so fällt die Erbschaft dem Nacherben mit dem Tod des Vorerben an.

Stirbt der eingesetzte Nacherbe vor dem Eintritt der Nacherbfolge, aber nach dem Eintritt des Erbfalls, so geht sein Recht auf seine Erben über. Dies gilt nicht, wenn ein anderer Wille des Erblassers anzunehmen ist.

Zu beachten ist die rechtliche Stellung des Vorerben und des Nacherben:

4.1.2 Vorerbe

Der Vorerbe ist Inhaber des Nachlasses, wobei der Nachlass bei ihm ein von seinem eigenen Vermögen zu trennendes Sondervermögen darstellt.

Grundsätzlich kann er über die zur Erbschaft gehörenden Gegenstände verfügen. Dies gilt insbesondere aber nicht für Grundstücke.

Der Erblasser kann auch eine befreite Vorerbschaft anordnen, wodurch der Vorerbe von einigen Be­schrän­kungen befreit wird. Hierzu gehört das Verfügungsrecht des Grundstücks. Davon ist aber die Schenkung eines Grundstücks ausgenommen.

4.1.3 Nacherbe

Mit dem Eintritt des Falls der Nacherbfolge hört der Vorerbe auf, Erbe zu sein, und die Erbschaft erhält nun der Nacherbe.

Der Nacherbe kann die Erbschaft ausschlagen, sobald der Erbfall eingetreten ist. In diesem Fall verbleibt die Erbschaft beim Vorerben.

Den Nacherben trifft die Haftung für die Nachlassverbindlichkeiten, und zwar auch für die Verbindlichkeiten, die nicht vom Erblasser herrühren, sondern als Erbfallschulden den Erben als solchen treffen, soweit der Erblasser nicht ausnahmsweise ausschließlich den Vorerben mit Vermächtnissen oder Auflagen belasten wollte.

4.2 Erbschaftsteuerrechtliche Konsequenzen

Sowohl der Vorerbe als auch der Nacherbe verwirklichen einen Erwerb von Todes wegen.

Hinweis

Die Besteuerung sowohl des Vor- als auch des Nacherben ist verfassungsgemäß.

4.2.1 Besteuerung des Vorerben

Während zivilrechtlich der Vorerbe und der Nacherbe zwar nacheinander, aber beide vom ursprünglichen Erblasser erben, gilt erbschaftsteuerrechtlich der Vorerbe als Erbe. Sein Erwerb unterliegt in vollem Umfang (und ohne Berücksichtigung der Beschränkungen durch das Nacherbenrecht) der Erbschaftsteuer.

Beispiel

Der verwitwete Erblasser Henry errichtet ein Testament, in dem er seine Tochter Sonja zur Alleinerbin einsetzt. Da Henry den Ehemann von Sonja nicht mag, will er auch nicht, dass dieser seine Erbschaft erhält. Aus diesem Grund bestimmt Henry, dass nach dem Tod von Sonja Henrys Bruder Tim die Erbschaft erhalten soll. Henry stirbt, zwei Jahre später verstirbt auch Lena. Der Nachlass hat einen Steuerwert von 550.000 €. Steuerlich begünstigtes Vermögen ist nicht vorhanden.

Lösung

Henry hat eine Vor- und Nacherbschaft angeordnet. Mit dem Tod von Henry wird Sonja zunächst Alleinerbin. Nach ihrem Tod erhält nicht ihr Ehemann die Nacherbschaft, sondern Tim, der Bruder von Henry.

Besteuerung von Tochter Sonja

Sonja hat den Erwerb von ihrem Vater der Erbschaftsteuer zu unterwerfen. Die Beschränkungen durch das Nach­er­ben­recht haben keine Auswirkung auf die Besteuerung von Sonja.

Die Ermittlung der Bereicherung, des steuerpflichtigen Erwerbs sowie der Erbschaftsteuer ergibt sich für Sonja wie folgt:

Vermögensanfall/Bereicherung 550.000 €

abzüglich Beerdigungskostenpauschale − 10.300 €

abzüglich persönlicher Freibetrag − 400.000 €

steuerpflichtiger Erwerb 139.700 €

Erbschaftsteuer (11 % von 139.700 €) 59.367 €

Der Vorerbe ist Schuldner der Erbschaftsteuer, wobei er diese nicht bei der Ermittlung seines steuerpflichtigen Erwerbs abziehen kann. Er darf jedoch die durch die Vorerbschaft entstandene Steuer aus den Mitteln der Vorerbschaft entrichten. Damit trifft ihn die Belastung mit der Erbschaftsteuer (auf die Nacherbschaft) nicht selbst.

4.2.2 Besteuerung des Nacherben

Der Anfall der Nacherbschaft gilt grundsätzlich als Erwerb vom Vorerben. Bei Eintritt der Nacherbfolge haben diejenigen, auf die das Vermögen übergeht, den Erwerb als vom Vorerben stammend zu versteuern.

Die Vorschrift fingiert für erbschaftsteuerrechtliche Zwecke, dass der Nacherbe Erbe des Vorerben wird.

Tritt der Nacherbfall durch den Tod des Vorerben ein und wird der Nacherbe zugleich Erbe nach dem Vorerben, liegen zwar zivilrechtlich zwei Erbfälle vor, erbschaftsteuerrechtlich liegt jedoch nur ein einheitlicher Erwerb vom Vorerben vor.

Die anzuwendende Steuerklasse richtet sich nach dem Verhältnis zwischen dem Nacherben und dem Vorerben.

Von dieser Steuerklasse hängen dann der infrage kommende persönliche Freibetrag und der Steuersatz ab.

Beispiel

Die verwitwete Cornelia errichtet ein Testament, in dem sie ihren Sohn Horst zum Alleinerben einsetzt. Da Cornelia den Ehemann von Horst nicht mag, will sie auch nicht, dass dieser seine Erbschaft erhält. Aus diesem Grund bestimmt Cornelia, dass nach dem Tod von Horst Cornelias Bruder Carsten die Erbschaft erhalten soll. Cornelia stirbt, zwei Jahre später verstirbt auch Horst. Carsten stellt keine Anträge. Der Nachlass hat einen Steuerwert von 1.340.000 €. Steuerlich begünstigtes Vermögen ist nicht vorhanden.

Lösung

Cornelia hat eine Vor- und Nacherbschaft angeordnet. Mit ihrem Tod wird Horst zunächst Alleinerbe. Nach seinem Tod erhält nicht dessen Ehemann die Nacherbschaft, sondern Carsten, der Bruder von Cornelia.

Besteuerung von Horst

Horst hat den Erwerb von seiner Mutter der Erbschaftsteuer zu unterwerfen. Die Beschränkungen durch das Nacherbenrecht haben keine Auswirkung auf die Besteuerung von Horst.

Die Ermittlung der Bereicherung, des steuerpflichtigen Erwerbs sowie der Erbschaftsteuer ergibt sich für Horst wie folgt:

Vermögensanfall/Bereicherung 1.340.000 €

abzüglich Beerdigungskostenpauschale − 10.300 €

abzüglich persönlicher Freibetrag − 400.000 €

steuerpflichtiger Erwerb 929.700 €

Erbschaftsteuer (19 % von 929.700 €) 176.643 €

Besteuerung von Carsten

Carsten hat – mangels Antrag – den Erwerb im Verhältnis zu seiner Nichte der Erbschaftsteuer zu unterwerfen.

Vorabhinweis: Das Nacherbschaftsvermögen mindert sich um die von Horst gezahlte Erbschaftsteuer und beträgt somit 1.163.357 € (= 1.340.000 € − 176.643 €).

Die Ermittlung der Bereicherung, des steuerpflichtigen Erwerbs sowie der Erbschaftsteuer ergibt sich für Carsten wie folgt:

Vermögensanfall/Bereicherung 1.163.357 €

abzüglich Beerdigungskostenpauschale − 10.300 €

abzüglich persönlicher Freibetrag − 20.000 €

abgerundeter steuerpflichtiger Erwerb 1.133.000 €

Erbschaftsteuer (30 % von 1.133.000 €) 339.900 €

Der Nacherbe hat jedoch die Möglichkeit sich im Verhältnis zum Erblasser (und nicht zum Vorerben) besteuern zu lassen. Hierzu muss er einen Antrag stellen. Folge ist, dass nun der persönliche Freibetrag im Verhältnis zum Erblasser greift. Gleiches gilt für den Steuersatz, wo­durch sich eine Steuerreduzierung ergeben wird.

Sinnvoll ist ein solcher Antrag immer dann, wenn der Nacherbe zum Erblasser in einem günstigeren Verwandtschaftsverhältnis als zum Vorerben steht.

Beispiel

Die verwitwete Senta errichtet ein Testament, in dem sie ihren Cousin Martin zum Alleinerben einsetzt. Da Senta den eingetragenen Lebenspartner von Martin nicht mag, will sie auch nicht, dass dieser seine Erbschaft erhält. Aus diesem Grunde bestimmt Senta, dass nach dem Tod von Martin Sentas Bruder Karl die Erbschaft erhalten soll. Senta stirbt, zwei Jahre später verstirbt auch Martin. Karl stellt keine Anträge. Der Nachlass hat einen Steuerwert von 590.000 €. Steuerlich begünstigtes Vermögen ist nicht vorhanden.

Lösung

Senta hat eine Vor- und Nacherbschaft angeordnet. Mit ihrem Tod wird Martin zunächst Alleinerbe. Nach seinem Tod erhält nicht dessen Lebenspartner die Nacherbschaft, sondern Karl, der Bruder von Senta.

Besteuerung von Martin

Martin hat den Erwerb von seiner Cousine der Erbschaftsteuer zu unterwerfen. Die Beschränkungen durch das Nacherbenrecht haben keine Auswirkungen auf die Besteuerung von Martin.

Die Ermittlung der Bereicherung, des steuerpflichtigen Erwerbs sowie der Erbschaftsteuer ergibt sich für Martin wie folgt:

Vermögensanfall/Bereicherung 590.000 €

abzüglich Beerdigungskostenpauschale − 10.300 €

abzüglich persönlicher Freibetrag − 20.000 €

steuerpflichtiger Erwerb 559.700 €

Erbschaftsteuer (30 % von 559.700 €) 167.910 €

Besteuerung von Karl

Karl hat – mangels Antrag – den Erwerb im Verhältnis zu seinem Cousin der Erbschaftsteuer zu unterwerfen.

Vorabhinweis: Das Nacherbschaftsvermögen mindert sich um die von Martin gezahlte Erbschaftsteuer und beträgt somit 422.090 € (= 590.000 € − 167.910 €).

Die Ermittlung der Bereicherung, des steuerpflichtigen Erwerbs sowie der Erbschaftsteuer ergibt sich für Karl wie folgt:

Vermögensanfall/Bereicherung 422.090 €

abzüglich Beerdigungskostenpauschale − 10.300 €

abzüglich persönlicher Freibetrag − 20.000 €

abgerundeter steuerpflichtiger Erwerb 391.700 €

Erbschaftsteuer (30 % von 391.700 €) 117.510 €

Gestaltungshinweis

Hier ist es aber günstiger, wenn Karl den Antrag auf Versteuerung im Verhältnis zu seiner Schwester stellt. Der persönliche Freibetrag ändert sich zwar nicht, aber der Steuersatz verringert sich, da jetzt die Steuerklasse II mit günstigeren Steuersätzen zur Anwendung kommt.

Die Ermittlung der Bereicherung, des steuerpflichtigen Erwerbs sowie der Erbschaftsteuer ergibt sich für Karl wie folgt:

Vermögensanfall/Bereicherung 422.090 €

abzüglich Beerdigungskostenpauschale − 10.300 €

abzüglich persönlicher Freibetrag − 20.000 €

abgerundeter steuerpflichtiger Erwerb 391.700 €

Erbschaftsteuer (25 % von 391.700 €) 97.925 €

Es ergibt sich aufgrund der Antragstellung eine Steuerersparnis an Erbschaftsteuer in Höhe von 19.585 € (= 117.510 € − 97.925 €).

Hierbei gelten noch die folgenden Regeln für die Besteuerung:

  • Für das eigene Vermögen des Vorerben kann ein Freibetrag nur gewährt werden, soweit der Freibetrag für das der Nacherbfolge unterliegende Vermögen nicht verbraucht ist.
  • Die Steuer ist für jeden Erwerb jeweils nach dem Steuersatz zu erheben, der für den gesamten Erwerb gelten würde. Trotz der speziellen Regeln zur Berechnung der Steuer liegt ein einheitlicher Erwerb vor.

Hinsichtlich der Freibeträge beim Zusammentreffen mehrerer Nacherbschaften gilt Folgendes:

  • Haben mehrere Erblasser denselben Vorerben und nach dessen Tod denselben Nacherben eingesetzt, steht dem Nacherben auf Antrag für alle der Nacherbfolge unterliegenden Erbmassen insgesamt lediglich ein Freibetrag zu.
  • Der Nacherbe muss in seinem Antrag angeben, welches Verhältnis zu welchem ursprünglichen Erblasser der Versteuerung zugrunde gelegt werden soll. Danach richten sich der Freibetrag und die Steuerklasse für das der Nacherbfolge unterliegende Vermögen.

4.3 Besonderheiten bei der Vor- und Nacherbschaft

4.3.1 Beerdigungskostenpauschale

Neben dem Vorerben kann auch der Nacherbe die Beerdigungskostenpauschale in Anspruch nehmen.

4.3.2 Nachvermächtnisse beim Berliner Testament

Nachvermächtnisse und Vermächtnisse oder Auflagen, die mit dem Tod des Beschwerten fällig werden, sind erbschaftsteuerlich den Nacherbschaften gleichgestellt und damit abweichend vom Bürgerlichen Recht als Erwerb vom Vorvermächtnisnehmer oder Beschwerten und nicht als Erwerb vom Erblasser zu behandeln.

Ein solcher Fall liegt insbesondere dann vor, wenn die Ehegatten in einem gemeinschaftlichen Testament mit gegenseitiger Erbeinsetzung bestimmen, dass ihren ansonsten zu Schlusserben eingesetzten Kindern beim Tod des erstversterbenden Elternteils Vermächtnisse zufallen sollen, die erst beim Tod des überlebenden Elternteils fällig werden. Die Vermächtnisse sind als Erwerb vom überlebenden Elternteil zu versteuern.

4.3.3 Jastrowsche Klausel

Oben genanntes gilt auch, wenn in einem Berliner Testament – um nach dem Tod des erstversterbenden Ehegatten die Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen durch die zu Schlusserben eingesetzten gemeinschaftlichen Kinder zu verhindern – bestimmt wird, dass den Kindern, die den Pflichtteil nicht fordern, als Erwerb vom erstversterbenden Elternteil ein Vermächtnis im Wert des Pflichtteils zufallen soll, das erst mit dem Tod des überlebenden Elternteils fällig wird.

4.3.4 Festsetzung der Erbschaftsteuer

Die Erbschaftsteuer für den Vorerbfall ist nach dem Tod des Vorerben regelmäßig gegen den Nacherben und nur ausnahmsweise gegen den Erben des Vorerben festzusetzen.

5 Übersicht: Vor- und Nachteile des Berliner Testaments

Vorteile

Nachteile

Der überlebende Ehegatte kann das Vermögen ohne Einschränkungen verwalten und ist finanziell abgesichert.

Die Erbschaftsteuer fällt sowohl beim Versterben des ersten Ehegatten als auch des zweiten Ehegatten an.

Die Kinder werden nach dem Tod beider Ehegatten als Erben eingesetzt und erben so das gesamte Vermögen.

Die Kinder können beim Tod des ersten Elternteils keine Freibeträge nutzen (Ausnahme: Geltendmachung von Pflichtteilsansprüchen, siehe Punkt 3.4.1).

Da das Vermögen auf den überlebenden Ehegatten übergeht, kann auch zum Beispiel eine vorhandene Immobilie weiterhin bewohnt werden.

Da das gesamte Vermögen auf den überlebenden Ehegatten übergeht, kann es beim Versterben des zweiten Ehegatten bei größeren Vermögen zu einer höheren Steuerlast kommen.

Das Risiko von Auseinandersetzungen innerhalb der Familie kann durch ein Berliner Testament verringert werden, da der Nachlass des Erstverstorbenen eindeutig geregelt ist.

Nach dem Tod des ersten Ehegatten kann der überlebende Ehegatten das Testament oft nicht mehr einseitig ändern, es sei denn, dies ist explizit durch einen Abänderungsvorbehalt vorgesehen.

Wir stehen Ihnen gerne für weitere Fragen zur Verfügung.

Rechtsstand: Oktober 2024

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